Kommentar: Autohändler werden mächtiger – auf Kosten der Hersteller

Die Machtverhältnisse in der Autobranche waren bislang klar geregelt: Der Hersteller gibt die Marschrichtung vor, und der Handel hat zu spuren. Und wem das nicht passte, stand schnell ohne Händlervertrag da. Doch diese Machtbalance gerät ins Rutschen.

Das zeigt der Blick auf das Ranking der 100 größten Autohändler des Instituts für Automobilwirtschaft. Schon jetzt entfällt auf sie knapp ein Drittel der deutschen Neuzulassungen. Und 2030 werden es laut Prognose bis zu 43 Prozent sein, wovon 26 Prozent die größten 20 Händler ausmachen.

Gelingt es den Herstellern nicht gegenzusteuern und greift das Kartellamt nicht ein, werden Händler für einzelne Marken weite Landstriche im Alleingang bespielen und dadurch einen erheblichen Anteil des bundesweiten Absatzes dieser Marken in ihrer Hand haben. Schon jetzt arbeiten viele Gruppen an in sich geschlossenen Marktgebieten, in denen sie der einzige Anbieter der jeweiligen Fabrikate sind.

Denkbar wäre dann ein Szenario, das vor allem kleineren Marken droht: Mehrmarken-Handelskonzerne könnten drohen, den Vertrieb blockieren, um beim Hersteller bessere Konditionen durchzusetzen. Der Händler säße dann am längeren Hebel.

Klar, das ist ein Extremszenario. Ob es so eintritt, ist fraglich. Schließlich sind die Erträge im Autohandel knapp kalkuliert und die finanziellen Reserven schnell aufgebraucht. Beide Seiten sind wirtschaftlich dringend darauf angewiesen, dass das Geschäft läuft.

Doch dass der Stimme einzelner Händler mit wachsender Größe mehr Gehör geschenkt wird als dem vielstimmigen Chor unzähliger kleiner Händler, das ist sicher.