Der BMW-Vorstand findet kaum genug Superlative für die Neue Klasse. Warum ist die Volumenplanung der Bayern dann so zurückhaltend, wundert sich Automobilwoche-Reporter Frank Volk.
"Jahrhundertprojekt“, "technologische Revolution“, gar die "Neudefinition der Elektromobilität“. Darunter macht es BMW-Chef Oliver Zipse nicht, wenn die Sprache auf die Neue Klasse kommt.
Die internationalen Autotester sind nach der Begegnung mit dem iX3 bereits begeistert. Wenn nun auch noch die versprochenen Effizienzsteigerungen und Technologiesprünge kommen, kann die Neue Klasse der große Wurf werden.
Den Ankündigungen und Vorschusslorbeeren steht allerdings ein fast schon irritierender Kleinmut bei der Volumenplanung entgegen. BMW verweigert dazu branchenüblich alle Aussagen. Allerdings verrät die Antriebsplanung im globalen E-Antriebs-Hub in Steyr einiges über die Herangehensweise bei der Neuen Klasse. Schließlich kann man nicht mehr Autos bauen, als Elektroantriebe gefertigt werden.
Die Produktion ist auf 600.000 Einheiten ausgelegt, die in wenigen Wochen in die Serienfertigung gehende Linie 1 ist auf 200.000 Einheiten eingestellt – nach Hochlauf, wohlgemerkt.
Rechnet man das auf das aktuelle BMW-Absatzvolumen um, ergibt sich daraus ein E-Auto-Anteil der Neue-Klasse-Modelle (ohne China) von 25 Prozent. Das ist bescheiden, wenn man bedenkt, dass der BEV-Anteil bei BMW im laufenden Jahr schon ohne das "Jahrhundertprojekt“ auf 20 Prozent zusteuert.
Andererseits ist die Vorsicht nachvollziehbar. Der weitere Hochlauf der E-Mobilität ist ähnlich ungewiss wie die geopolitische Lage. Zudem stimmt das vorsichtige Vorgehen voll mit der BMW-Hauspolitik überein: lieber positiv überraschen als enttäuschen. Gleichwohl möchte man den BMW-Bossen zurufen: mehr Offensivgeist, bitte.
