Zur Sache: IAA Mobility – Auf diese sechs Trends sollten Sie achten

Es ist eine ungewöhnliche Koinzidenz: Alle drei deutschen Premiumhersteller präsentieren auf der IAA neue, wegweisende Designsprachen für ihre Modelle. BMW mit dem Start der "Neuen Klasse", Mercedes‘ Aufschlag mit dem neuen GLC – erstmals auf neuer Plattform –, und Audi mit einem frischen Design, was CEO Gernot Döllner den "TT-Moment 2.0" nennt. 

Die IAA wird zur Designshow. Treiber ist die Hinwendung zur Elektromobilität, zur In-Car-Digitalisierung und zum Software-definierten Fahrzeug mit den ganz neuen Möglichkeiten. Was lang angekündigt wurde, passiert jetzt wirklich. Es ist eine Revolution im Gange. Dass die Designs einen großen Schritt nach vorne machen, ist auch ein gewagter. BMW und Audi werden für Diskussionsstoff sorgen.

Take-away: Bis Ende des Jahrzehnts werden sich Autos deutlich von dem unterscheiden, was wir bislang kennen. Das Straßenbild verändert sich.

Die Chinesen bringen die zweite Welle nach Europa. Nach den ersten Modellen, die Anfang der 2020-Jahre kamen, folgen nun Autos mit verbesserter Leistung und vor allem in größerer Vielfalt. Nach dem Kompakt-SUV-Allerlei sehen wir nun Limousinen, Kombis sowie große Gelände- und Sportwagen.

Und es kommen immer mehr Marken und Submarken. Alles zu sehen auf der IAA, auf der die Chinesen neben den Deutschen die größte Gruppe bilden. Die Welle, angefacht von einer Überproduktion in China, überschwemmt den Markt.

Ein Expansionserfolg in Europa soll das Überleben vieler Marken sichern, die den Break-even noch nicht erreicht haben. Bislang Wunschdenken. BMW-Chef Oliver Zipse sagte dieser Tage dem "Spiegel": "Es wird eine Auslese geben in unserer Industrie."

Take-away: Der Preiswettbewerb – bei der größer werdenden Konkurrenz – wird intensiver. Der Kunde hat viel Auswahl. Doch eine Konsolidierung ist zwangsläufig.Open Spaces" in der Innenstadt sind spannend, dürfen aber nicht zulasten des "Summit" – der eigentlichen B2B-Messe – gehen. Und diese erträumte, vernetzte Welt der Mobilität – vielleicht ist eine Wiedervorlage für das Jahr 2050.

Viele kleinere Hersteller scheinen in einer Phase zwischen Modellgenerationen zu stecken. Sie kommen mit Concept Cars statt mit "echten" Straßenautos nach München. Neben denen, die auch Wirklichkeit werden in nächster Zeit (Skodas "Vision O" etwa), gibt es futuristische Konzeptautos, an denen sich vor allem Designer austoben dürfen.

Opel zeigt einen "Corsa GSE Vision Gran Turismo", wobei Gran Turismo für das Computerspiel steht, in dem es eine Rolle spielt. Hier trifft virtuelle auf reale Welt. Hyundai liefert ein Concept Car, dessen erste Teaserbilder an kubistische Formen erinnern. Auch die Chinesen haben einiges dabei, wie AVATR mit ihren sportlichen Luxusautos. Ein bisschen Science Fiction darf schon sein.

Take-away: Bei so viel Vernunftdenken und SUV-Einheitsbrei sind Designvisionen wohltuend. Auch wenn nicht alles Wirklichkeit wird, geben Concept Cars einen Ausblick auf das Design von übermorgen.

Viele Technologiefirmen widmen sich auf der IAA dem autonomen Fahren. Die Ausstellerliste zählt allein 81 Unternehmen, die sich für autonomes und automatisiertes Fahren oder als ADAS-Techfirma eingetragen haben. Start-ups wie Wayve aus Großbritannien, die autonomes Fahren mit KI und Deep Learning verbinden, werden viel Aufmerksamkeit bekommen.

QCraft, eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen im Bereich autonomes Fahren aus China, eröffnet während der IAA seine Europazentrale in Deutschland. Und 15 Aussteller zeigen live, wie sich autonomes Fahren anfühlt; ein Betriebsbereich ist dafür auf der A94 separiert, der die Autonomie-Stufen Level 3 und 4 erlaubt.

Take-away: Autonomes Fahren nimmt einen langen Anlauf, bedenkt man den Hype um die Jahre 2017/2018 ("2025 werden wir alle hochautonom fahren…"). Auch wenn viele Versprechungen praxisfern waren, geht es Schritt für Schritt in diese Richtung.

Deutsche Automobilzulieferer entwickeln sich zunehmend zu Technologieunternehmen – und sie müssen es auch. Nach der Pandemie stellten sie ihre Produktgruppenstrategien auf den Prüfstand, was am Ende zu einem stärkeren Fokus auf Software-defined-vehicle-Anwendungen und mehr Elektronik führte.

Deutsche Firmen zählen insbesondere bei der Hardware- und Software-Entwicklung für Fahrerassistenzsysteme, aber auch bei batterieelektrischen Technologien zu den Spitzenreitern, noch immer.

Hardware ist dabei nicht so sehr der Verlierer, wie man meinen könnte – noch immer gibt es Komponenten, die unentbehrlich sind. Doch Software hat große Bedeutung für das Geschäft der Zukunft. 
 
Take-away: Unternehmen aus der Automobilindustrie müssen sich künftig stärker an den Tech-Unternehmen orientieren, wenn es darum geht, Kundenbedürfnisse in die Produkte zu integrieren.

Die zweijährlich stattfindende IAA Mobility wird sich als die wichtigste europäische Messe des (ungeraden) Jahres etablieren. In geraden Jahren findet der Salon d’automobile in Paris statt.

Andere Automobilmessen von Rang gibt es auf dem Kontinent nicht mehr, vielleicht sei noch Brüssel (zu Anfang eines Jahres) erwähnt. Schon aus Ermangelung an Konkurrenz also wird es die IAA geben. Und sie wird wohl in München bleiben, wenn man die Verantwortlichen zwischen den Zeilen richtig versteht. 

Das Konzept einer "Mobilitätsplattform" ist dabei immer wieder eine Herausforderung, denn es geht in erster Linie um Technologien, die mit dem Automobil zu tun haben. Was Vertreter von Fahrradherstellern, Airlines oder Eisenbahnen miteinander zu besprechen haben, bleibt ein artifizieller Dialog.

Take-away: Die Branche will sich treffen, auch auf Messen. Die "Open Spaces" in der Innenstadt sind spannend, dürfen aber nicht zulasten des "Summit" – der eigentlichen B2B-Messe – gehen. Und diese erträumte, vernetzte Welt der Mobilität – vielleicht ist sie eine Wiedervorlage für das Jahr 2050.