Leitmessen wie die IAA Mobility sind ein Gradmesser für die Stimmung im Lande. Insofern war der Münchner Branchentreff ein Erfolg. Die deutsche Trübsal der vorigen Jahre war verflogen. Die Stimmung war besser, das Selbstbewusstsein wieder da.
Viel wurde vorab in die Branchenmesse hineininterpretiert. Von "Untergang" und "Letzte Zuckungen" war zu lesen. Gähn. Das Bild über die Lage der deutschen Autoindustrie ist vielschichtiger, dreigeteilt: Es geht um die Autohersteller, um die Zulieferer und um den Standort Deutschland.
Zur Sache: Wo die Branche nach der IAA steht
Die IAA hat gezeigt, wie die Stimmung im Land ist: weitaus besser als zuvor befürchtet, meint Burkhard Riering. Worauf es jetzt ankommt.
Erster Punkt: Die deutschen Autobauer haben nach einer Phase der Unsicherheit auf der IAA neue Modelle, neue Designs und bessere Technologie gezeigt. Sie bringen eine Gewissheit mit, dass sie damit in weiten Teilen der Welt Erfolg haben werden.
Die alten Marktanteile in China sind zwar passé – das schmerzvollste Problem –, und in Europa spielen nun auch chinesische Wettbewerber mit. Aber die deutschen Hersteller sind global aufgestellt und in ihrer Strategie sehr flexibel. Irgendwo gibt es immer neue Chancen. Wenn sie dann noch durch Kostenprogramme ihre Rendite-Probleme in den Griff bekommen, gewinnen sie auch wieder mehr Spielraum.
Der zweite Punkt: Für die Zulieferer ist die Lage weitaus schwieriger. Wenn ihre bisherigen Produkte nicht mehr nachgefragt sind, müssen sie komplett umstellen. Sie müssen ihre Produktgruppenstrategien über den Haufen werfen.
Der Druck, bei der derartigen Beschleunigung der Branche technologisch mitzuhalten, ist für manche zu groß. Insolvenzen und Veräußerungen nehmen gerade deutlich zu. Kein Tag ohne Due Diligence in der Branche. Die Zeichen stehen auf Konsolidierung.
Dritter Punkt ist der Standort D. Automobil ist nach wie vor die größte Industrie im Lande. Viele Hunderttausende Jobs hängen daran. Doch die Zahl nimmt bereits ab. Digitalisierung, Automatisierung und ein sinkender Absatz in Europa sind dafür – unter anderem – verantwortlich.
Die Automobilproduktion in Deutschland – 2023 waren es noch 4,1 Millionen Pkw bei einer Exportquote von 75 Prozent! – wird weiter schrumpfen. Das hat mit den Kosten in Deutschland zu tun (wo die Politik gefragt ist), aber auch mit den "Go local"-Strategien deutscher Hersteller.
Die Frage ist: Wenn im Jahr 2035 auf der Welt 100 Millionen Autos produziert werden sollten – wo wäre das? Und wie stellt sich die Struktur der deutschen Autoindustrie dar, wenn die Faktorkosten weiter so ungünstig bleiben?
Nur so viel ist bereits klar: Es geht um viel. Die Autoindustrie steht vor ihrer wohl größten Bewährungsprobe.