Zur Sache: Warum China jetzt auf weitere Übernahmen lauert

Kaufen Sie jetzt die deutsche Industrie zum Sparpreis! Sie sind doch nicht blöd! So könnte die schrille Media-Markt-Werbung in eigener Sache lauten. Denn die Einzelhandelskette wird vom chinesischen Konzern JD.com aufgekauft. Dazu gehört auch die Media-Markt-Schwester Saturn. Das gibt’s doch gar nicht.

Der Vorgang wirft die Frage auf, wie chinesisch die europäische Wirtschaft einmal sein wird. Die Antwort lautet: zum Teil. Dies gilt auch für die Automobilindustrie. Dabei geht es nicht darum, dass chinesische Automarken in Zukunft in Europa hohe Marktanteile gewinnen werden. Sondern dass sie womöglich auf große Einkaufstour gehen und europäische Traditionsmarken übernehmen.

Die nächsten Jahre könnten eine neue Übernahmewelle in Gang bringen. Aus zwei Gründen:

Erstens: Europäische Autokonzerne müssen schlanker und effizienter werden. Deshalb werfen sie Ballast ab. Das können Verkäufe von Marken aus ihrem Portfolio sein oder Dienstleistungsfirmen. Auch der VW-Konzern agiert so: MHP oder IAV – beide angeblich auf dem Markt – könnten bei Chinesen oder Indern durchaus Begehrlichkeiten wecken. Zumindest bei MHP soll ein indisches Unternehmen angeklopft haben.

Zweitens: Chinesische Autokonzerne erkennen, dass ihre eigenen Marken bei einem bestimmten Marktanteil hängen bleiben. Deshalb kaufen sie "Heritage" hinzu – große, alte Namen, die die Kunden kennen und die mehr "Trust" mitbringen.

Und es ist schon passiert: MG, gegründet 1923 in Oxford, gehört längst dem chinesischen SAIC-Konzern. Lotus, einst in Norwich erschaffen, ist mehrheitlich im Besitz von Geely. Genauso Volvo oder die London EV Company (die schwarzen Taxen). Auch verwandte Unternehmen wie Pirelli oder Kuka sind unter chinesischer Kontrolle.

Bedrohte Fabrikate gibt es zuhauf. Ob aber Marken wie Maserati oder Lancia einmal chinesisch sein werden – es ist Spekulation. Auch brachliegende Marken wie die französische Simca oder das skandinavische Saab könnten interessant sein.

Allerdings hängt der gescheiterte Versuch eines Borgward-Comebacks noch nach, bei der sich der chinesische Eigentümer Beiqi Foton Motor eine sehr blutige Nase holte.

Und nicht nur die Chinesen sichten Europa, auch die Inder. Der Tata-Konzern kaufte gerade Iveco. Jaguar Land Rover gehört Tata schon lange. Der britische Hersteller bekommt jetzt erstmals einen indischen Chef. Hinzu kommen Staaten, die ihr Öl und Gas-Geld reinvestieren müssen, wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate. 

Fest steht: Die Eigentumsverhältnisse werden sich verändern. Die Automobil-Dynastien Europas sind nicht mehr gewillt, defizitäre Marken über Jahrzehnte mitzuschleppen. Es wird Entscheidungen geben.