Antonio Filosa übernimmt in wenigen Tagen einen der größten Autokonzerne der Welt. Marken wie Fiat, Peugeot, Opel oder Citroen, aber auch Jeep, Dodge und einige andere gehören zu Stellantis. Und er dürfte alle Hände voll zu tun haben, den Konzern aufs nächste Level zu hieven. Einige schmerzvolle Entscheidungen stehen an.
Die Personalie: Es ist die Nummer sicher, den CEO-Posten intern zu besetzen. Auch außerhalb soll sich Stellantis-Chairman und Eigner John Elkann umgehört haben. Aber das ist nun Schnee von gestern.
Zur Sache: Antonio Filosas Mammutaufgabe
Der neue Stellantis-Chef muss vor allem das Verhältnis zu den Händlern reparieren – und es stehen schmerzvolle Entscheidungen an, meint Burkhard Riering.
Der Manager: Mit 51 Jahren jung genug, um die Entwicklung des Konzerns langfristig zu beeinflussen. Er hat alles gesehen, was man gesehen haben muss, um diesen Posten auszufüllen. Auf dem Automotive News Europe Congress in der vergangenen Woche in Turin war Elkann zu Gast und äußerte sich dazu.
Er habe jemanden gesucht, der mit den Menschen im Konzern kann, der die verschiedenen Kulturen des globalen Unternehmens versteht und der die Empathie zur Führung dieses Giganten mitbringt. Das sei Filosa.
Das Meisterstück: Während das Unternehmen teils dramatische Entwicklungen erlebte, nahm Filosa sich das Südamerika-Geschäft unter PSA/FCA (und dann Stellantis) vor und machte es groß. Südamerika ist für Stellantis – trotz der Schwierigkeiten in Nordamerika und Europa – ein Markt mit hoher Rentabilität geblieben.
Die Region profitierte von der Stellantis-Gründung wohl von allen am meisten. Bernstein analysierte, dass Filosas Vorgehen in der Region ihm auch eine gewisse Distanz zur gescheiterten Strategie des früheren Stellantis-CEO Carlos Tavares verschaffte – was sich dann auszahlte.
Die Aufgaben: Das Führungsteam wird umgebaut, die Automobilmarken stehen auf dem Prüfstand, und die Beziehung zum Handel muss repariert werden. Seinen "Inner Circle" an Managern will Filosa bereits an seinem ersten Arbeitstag als CEO am 23. Juni verkünden. Namen sind bislang reine Spekulation. Als sein Vize könnte Jean-Philippe Imparato fungieren, ein Vertrauter Elkanns, der ihm auch auf dem Kongress in Turin nicht von der Seite wich.
Beim Markenportfolio ist die Lage wohl leidlich schwieriger. Der "Mr. Operational Performance" Tavares hat die Zusammenarbeit der Marken bis zum äußersten getrieben und gefühlt alles an Effizienz herausgeholt.
Bei Marken, die sich auch heute noch schwertun, stellt sich die Frage nach der Zukunft. In Kreisen werden immer wieder die Namen Maserati und Lancia genannt, die unter Beobachtung stehen. Filosa wird ein gutes Gespür für Marken nachgesagt.
Und da wäre der Handel. Tavares hat es sich mit den Händlern in den USA verscherzt, indem er die Preise viel zu hoch ansetzte und die Händler die Einheiten auf dem Hof stehen hatten. Es kam zum Eklat.
Filosa ist laut Insidern bereits dran und verbringt viel Zeit damit, sich mit Händlern zu treffen, um das Vertrauen wiederherzustellen. Auch in Europa wünschen sich Händler, dass das Drangsalieren durch zu harte Konzern-Entscheidungen ein Ende nimmt.
Vielleicht ist Elkanns Stichwort der Empathie am Ende das, was zählt. Das ist auch für den Stellantis-Großaktionär selbst entscheidend. Auf dem ANE Congress erzählte er, was er von seinem Großvater Gianni Agnelli gelernt habe und was er stets beherzige: zuhören und die richtigen Fragen stellen. Elkann: "Er wäre ein guter Journalist gewesen."