Top-100-Ranking: Erste Autohausgruppen erreichen Umsatz von drei Milliarden Euro

Die Großen werden größer und die ganz Großen werden zusehends zu Giganten: Auch im vergangenen Jahr konnten Deutschlands Top-100-Autohausgruppen ihre Marktposition weiter ausbauen.

Das zeigt das aktuelle Ranking des Instituts für Automobilwirtschaft, das der Automobilwoche exklusiv vorliegt. Dieses muss wie in den Vorjahren ohne die Emil-Frey-Gruppe auskommen, die keine Zahlen nennt.

Demnach konnten die größten deutschen Autohändler ihren Anteil an den Neuwagenverkäufen auf 30,7 Prozent ausbauen. Mehr als die Hälfte davon ging auf das Konto der 20 größten Händler (16,3 Prozent).

Diese setzen sich immer stärker vom Rest des Feldes ab und spielen in ihrer eigenen Liga. Wuchs etwa der Neuwagen-Absatz der Top 100 vergangenes Jahr um 4,85 Prozent, waren es bei den Top-20-Händlern 8,16 Prozent. Diese Entwicklung hält schon seit einer Weile an. Seit 2021 wuchs der Marktanteil der Top 20 pro Jahr um durchschnittlich 1,4 Prozent, bei den Top 100 nur um 0,8. 

Auch bei den Umsätzen erzielt die Spitzengruppe ein höheres Wachstum als der Rest des Feldes: Die Top 100 verzeichneten 2024 ein Umsatzplus von durchschnittlich 5,23 Prozent, die Top 20 hingegen von 6,03 Prozent.

Den höchsten Umsatz erzielte 2024 die Feser-Graf-Gruppe. Diese erreichte zusammen mit der AVAG-Gruppe im abgelaufenen Jahr erstmals die Schwelle von drei Milliarden Euro (Feser-Graf: 3,024 Mrd. / AVAG: 3,020 Mrd.)

In den kommenden Jahren dürften es noch deutlich mehr werden. Denn die Entwicklung wird weiter anhalten, meint IfA-Direktor Prof. Stefan Reindl: "Die Spitzengruppe zeigt eine dynamischere Entwicklung und ist in ihrer Zugehörigkeit zu den Top 20 relativ stabil." Zudem erhöhe das Engagement ausländischer Investoren sowie der Abverkauf der Mercedes-Benz-Niederlassungen den Druck, die Übernahmetätigkeit zu intensivieren, so Reindl weiter.

Bis 2030 prognostiziert er den zwanzig größten Händlern einen Neuwagen-Marktanteil bis zu 26 Prozent und den Top 100 bis zu 43 Prozent. Zum Vergleich: 2011 lagen die Top 20 und Top 100 noch bei zehn und 20 Prozent.

Für die Autohersteller ist das zugleich Fluch und Segen. Einerseits seien große Gruppen enorm absatzstark und weniger betreuungsintensiv für Hersteller als ein Netz mit vielen Vertriebspartnern, so Reindl. Andererseits steigen mit der zunehmenden Konsolidierung auch die Risiken. "Gerät eine große Gruppe in Schieflage, droht ein erheblicher Teil des Marktes wegzubrechen", so Reindl.

Händler dürften aus Herstellersicht nur so groß werden, dass sie im Notfall noch gerettet werden können. Wo diese Grenze liegt, hänge von der Marke ab – ein starker einheimischer Hersteller wie VW kann im Notfall mehr stemmen als ein kleiner Importeur.

Mit dem Entstehen großer, selbstbewusster Handels-Konzerne droht auch die Macht-Tektonik im Verhältnis von Autohandel und Autohersteller zu verrutschen. "Es ist theoretisch durchaus möglich, dass einzelne Händler gegenüber dem Hersteller irgendwann eine markenbeherrschende Stellung erlangen", sagt Reindl. Wann dieser "Kipppunkt" erreicht ist, lasse sich aber nicht zweifelsfrei abschätzen.

Bislang sitzen Hersteller und Importeure klar am längeren Hebel: Fast jeder Händler ist ersetzbar und weiß das auch – selbst wenn dies wie beispielsweise im Falle der Trennung von Renault und der Wahl-Gruppe auch für den Hersteller wirtschaftlich schmerzhaft ist.

Doch wenn irgendwann ein Händler für eine Marke ganze Bundesländer im Alleingang bespielt und diese Marke gleichzeitig nur eine von vielen im Portfolio des Händlers ist, könnte die Lage kippen.

Ob es so weit kommt ist fraglich. Denn auch das Kartellamt hat ein Wörtchen mitzureden. "Es ist denkbar, dass irgendwann das Kartellamt bei Übernahmen einschreitet, um zu verhindern, dass ein Händler regional eine marktbeherrschende Stellung erlangt", sagt Reindl.

Und auch die Hersteller und Importeure haben ein Auge auf die Balance in ihren Vertriebsnetzen. "Wir wollen in unserem Netz sowohl große als auch kleine Partner. Deshalb haben wir Interesse daran, dass große Autohausgruppen einen gewissen Anteil am Gesamtvolumen nicht überschreiten", sagt etwa Thomas Djuren, Chef von Kia Deutschland.

Die scheinbar unaufhaltsame Konsolidierung im Handel könnte also irgendwann an eine Grenze stoßen.