BYD-Händlernetz in Deutschland wächst rasant – das freut nicht jeden

Erst die Händler, dann das Volumen: Die chinesische Marke BYD kommt beim Netzaufbau schnell voran. Binnen weniger Wochen gingen dutzende neue Standorte ans Netz, weitere folgen. Doch der Absatz hinkt bislang hinterher. Nun fürchtet so mancher Händler, dass der Hochlauf zu schnell geht und nicht nachhaltig ist. 

Dem treten Maria Grazia Davino, BYD Europe Regional Managing Director und Lars Bialkowski, Geschäftsführer von BYD Deutschland energisch entgegen.

"Wir nehmen nur Händler auf, die unsere strengen Parameter erfüllen. Wir achten vor allem auf Marktabdeckung, unternehmerisches Vermögen und Pioniergeist", so Bialkowski. Es gäbe durchaus auch Händler, mit denen BYD nicht zusammengekommen sei. Zudem sei das schnelle Wachstum jetzt das Ergebnis langer Vorbereitung, so Davino.
 

Man habe den deutschen Markt lange Zeit nicht wirklich bearbeitet und erst in diesem Jahr mit Händlern richtig angefangen. "Wir hatten bis vor einigen Wochen noch 26 Standorte", so Davino. "Momentan stehen wir bei 100 Standorten, deutlich mehr als 50 davon sind bereits in Betrieb", ergänzt Bialkowski.

Damit decke die Marke lediglich rund ein Viertel des deutschen Marktes ab. 120 Betriebe hatte sich BYD bis Jahresende zum Ziel gesetzt. Es ist nun in greifbarer Nähe.  Doch das ist nur ein Zwischenschritt: "Nächstes Jahr wollen wir unseren Footprint in Deutschland auf 300 Standorte ausbauen", kündigt Bialkowski an. Wer in Deutschland nennenswerte Marktanteile erobern wolle, brauche mindestens 300 Vertriebsstandorte.

"Wir sind weit davon entfernt, dass wir zu dicht aufgestellt sind", so Bialkowski. Einige Wettbewerber hätten zwischen 400 und 600 Standorte in Deutschland. Und ergänzt: "Ab 400 Standorten sind wir im Service in Deutschland angekommen."

Dass sich das Händlernetz von BYD zusehends konstituiert, zeigt sich auch an der Gründung eines Händlerverbands ("BYD Partnerverband") Anfang September mit zunächst sieben Mitgliedern. Dessen Führung übernehmen mit Andreas Knipp von der Senger Gruppe und Peter Heinrich von der Sternauto Gruppe zwei BYD-Partner der ersten Stunde.

Doch während das Händlernetz vorankommt, sind nennenswerte Marktanteile bislang nicht in Sicht. In den ersten acht Monaten brachte BYD laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) knapp 8.600 Autos neu auf die Straße.

Ein genauer Blick zeigt jedoch: Knapp zwei Drittel davon (63 Prozent) gingen über die eher margenschwachen Kanäle Eigenzulassungen und Vermieter, lediglich gut jede zehnte Neuzulassung (12 Prozent) erfolgte von einem Privatkunden. 

"Aktuell ist die Nachfrage viel größer als das, was wir bearbeiten können", beteuert Davino. "Das macht mich zuversichtlich, dass wir nicht zu schnell wachsen."

Dem widersprechen Händler: "Das Netz wächst viel zu schnell", so der Inhaber einer großen Autohausgruppe. "Hier fehlt die Nachhaltigkeit." Quasi im Halbwochentakt präsentierte BYD zuletzt neue Partner, darunter viele große Autoshausgruppen wie Häusler, Rahenbrock, Ruhrdeichgruppe, Ulmen, Kummich oder Gotthard König. Allen genannten Händlern gemeinsam: Sie haben Stellantis-Marken im Portfolio und vertreiben sie an zahlreichen Standorten. 

In Rüsselsheim ist man deswegen sauer. Schließlich ist es noch keine zwölf Monate her, dass Bialkowski den Konzern verließ. Er kennt die Händler und ihre Sorgen. Diese würden wohl kaum nach Alternativen suchen, wenn bei Stellantis alles rund liefe.

Und auch Davino hat eine Stellantis-Vergangenheit: Knapp vier Jahre war sie bei Stellantis, bis Ende vergangenen Jahres trug ist sie die Verantwortung für den britischen Markt. Zuvor war sie mehr als ein Jahrzehnt bei FCA, davon drei Jahre als Deutschlandchefin.

Dass nun viele Stellantis-Partner bei BYD unterschreiben, scheint also mehr als reiner Zufall zu sein. "Lars Bialkowski und ich haben nicht Händler angerufen, die wir von früher kannten", betont Davino jedoch.

Im Gegenteil: "Händler aller Marken rufen uns an, weil sie das Potential von BYD sehen. Unsere Händler kommen aus allen Ecken und sind sehr vielfältig." Und Bialkowski ergänzt: "Es ist sehr naheliegend, Kontakt zu uns aufzunehmen. Wir versprechen mit unseren vielen neuen Produkten und unserer Technologie Wachstum."

Tatsächlich stießen zuletzt auch einige große Händler mit anderer Marken-Historie zu BYD, etwa die Weller-Gruppe, die Moll Gruppe oder die Ramsperger-Gruppe, die Ende Oktober ihren ersten BYD-Standort eröffnen wird. Die Marke habe Zukunft, begründete Geschäftsführer Frank Eberhart seine Entscheidung.

Die muss BYD jetzt liefern. Im Raum stehen immer noch die von Vice Präsidentin Stella Li angekündigten 50.000 Einheiten. Für das laufende Jahr waren sie etwas zu optimistisch. Bialkowski: "Bis wann wir die 50.000 Fahrzeuge erreichen, können wir noch nicht sagen. Klar ist aber: Es soll so schnell wie möglich gehen."