Wird die IAA 2025 in einigen Jahren in der Rückschau als Start des deutschen Comebacks gesehen werden? Wir wissen es nicht, doch die Chancen stehen nicht so schlecht. Das Comeback der deutschen Hersteller ist auf jeden Fall eines der zentralen Themen, dass Medien, Fachbesucher und Publikum der Auto-Show gleichermaßen umtrieb. Es ist aber nicht die einzige Erkenntnis, die die IAA Mobility 2025 lieferte. Unser Reporter-Team hat fünf Schlüsse aus der Ausstellung gezogen.
Die fünf wichtigsten Erkenntnisse von der IAA
Aufholjagd der Deutschen, Zweite Welle aus China und mehr: Fünf Dinge, die man wissen muss – unsere IAA-BIlanz.
In der Premiumklasse demonstrierten BMW und Mercedes mit neuen Modellen, dass sie Elektromobilität beherrschen. Volkswagen führt diesen Nachweis mit elektrischen Einstiegsmodellen und Audi signalisiert mit einem neuen Designkonzept Aufbruch.
Die Münchner führen mit dem iX3 sogar als erster deutscher Hersteller eine Plattform für Software-definierte Fahrzeuge (SDV) ein. Fünf Jahre entwickelten die Münchner daran, primär für die Elektromobilität. Die Plattform soll aber über alle Antriebsarten ausgerollt werden, jüngere Bestandsmodelle werden optisch und technologisch aufgewertet.
Experten wie Frank Schwope, Lehrbeauftragter Automotive Management an der FHM Hannover, sehen BMW mit der Neuen Klasse technologisch "problemlos" auf Augenhöhe mit chinesischen Newcomern wie Huawei und Xiaomi. Mit dem iX3 zeigte BMW zudem die neue Designsprache – und erntete Applaus. Im Open Space von BMW auf der IAA herrschte Großandrang.
Bei den Kleinwagen schickt Volkswagen gleich eine ganze Familie ins Rennen – mit ID. Polo, dessen SUV-Ableger ID. Cross, Skoda Epiq und Cupra Raval. Man scheint nach Jahren technologischer Irrungen und Wirrungen mit dem weiterentwickelten Elektro-Baukasten MEB+ den Schlüssel gefunden zu haben.

Das wichtigstes Modell von Mercedes: Die Elektroversion des Bestsellers GLC.
Audi wiederum zog die Blicke mit dem Concept C auf sich. Das neue schnörkellose Design soll die strauchelnde Marke mit den vier Ringen zurück in den Premium-Olymp führen. Bislang zwar nur ein Konzept, aber dennoch hat der Sportwagen Concept C bei Audi intern die Stimmung gehoben und am Open Space in München für lange Schlangen gesorgt. Am Ende muss und wird sich aber auf der Straße zeigen, was IAA-Show-Flitter war und was letztlich Realität wird.
Eine neue Design-Sprache führte auch Mercedes mit dem elektrischen GLC ein, der anders als der Audi aber als Serienmodell Premiere feiert – und in die gleiche Kerbe wie der BMW iX3 schlägt. Die Leistungswerte sind ähnlich, beide treten mit üppigen Reichweiten und hohen Ladegeschwindigkeiten an. Optisch könnten die beiden SUV aber nicht unterschiedlicher daher kommen: Während BMW auf technisch-scharfkantiges Design setzt, bleibt Mercedes den rundlichen, etwas aufgedunsenen Formen treu.
Mit Blick auf die Deutschen meint Berater und Autoexperte Christoph Stürmer: "Nie hatten die deutschen Hersteller bessere Elektroautos."
An den enormen Herausforderungen für Deutschlands Hersteller hat sich nichts geändert. Die Kosten bleiben ein Problem. In China ist eine Kehrtwende der Deutschen längst nicht in Sicht und eine erratische US-Zollpolitik verhindert verlässliche Planungen.
Hinzu kommt: Der Markt steckt in einem radikalen Wandel. Kundenbedürfnisse driften auseinander, Lokalisierung gewinnt an Bedeutung und bei allem bleibt der Hochlauf der Elektromobilität hinter den Erwartungen zurück. Die Folge: Sparprogramme bei zeitgleicher strategischer Neuausrichtung samt milliardenschwerer Investitionen bringen die Konzerne an ihre Grenzen.
Auf der IAA 2023 lähmte all das die Branche spürbar. Die Messe glich fast einem Totentanz der deutschen Hersteller. Zwei Jahre später hat sich die Stimmung jedoch gedreht.
Volkswagen, BMW und Mercedes haben ihre bräsige "Wird-schon-werden"-Haltung abgelegt und in "Wir-müssen-handeln" umgeschaltet. Die neuen Modelle, die sie in München präsentieren, sind wettbewerbsfähig – und was noch in der Pipeline steckt, macht Hoffnung.
Dass sich die Hersteller auf der IAA feiern, ist richtig und wichtig. Selbstbewusstsein darf sich aber nicht länger aus der Historie speisen, sondern muss aus dem Blick nach vorn kommen.
Gleichwohl: Deutsche Hersteller dürfen sich nicht auf Glücksmomente wie die IAA verlassen. Spar- und Effizienzprogramme müssen konsequent weiterlaufen, Entwicklungszyklen kürzer werden, Markteintritte schneller. Künstliche Intelligenz sollte nicht nur Entwickler entlasten, sondern auch Vertrieb und Service neu definieren.
Was jedoch Mut macht: Die Unternehmen haben verstanden, dass dies kein Selbstläufer ist. Auf den ersten Kilometern eines langen Marathons haben sie das Tempo angezogen. Entscheidend wird sein, ob sie es durchhalten. Den Willen, dafür zu kämpfen, haben die Hersteller.
Mehr als 116 Aussteller kamen in diesem Jahr aus China. Und darunter sind längst nicht mehr nur Hersteller. China lässt nun auch mit Zulieferern die Muskeln spielen. Zahlreiche Tech- und Mechatronik-Hersteller zeigten in München ein erstaunlich breites Portfolio.
Batterie-Dominator CATL präsentierte einen eigens für Europa entwickelten Akku. Aufstrebende Tech-Start-ups wie Horizon Robotics buchten selbstbewusst große Stände. Für europäische OEMs hat es etwas Verführerisches, angesichts des Kostendrucks preiswerte Vorprodukte und Komponenten aus China zu beziehen.

Performance am IAA-Stand der chinesischen Marke Changan.
Angesichts geopolitischer Härten wächst jedoch zugleich das Bewusstsein für mehr Autonomie und weniger Abhängigkeit in Europa. Und nicht zu vergessen: Die Europa-Offensive chinesischer Hersteller und Zulieferer geschieht auch deswegen, weil in China ein erbarmungsloser Preiskampf tobt. Die Kapazitäten für die Produktion von Fahrzeugen und Komponenten sind viel zu üppig bemessen.
Vor allem deswegen strömen scheinbar unaufhörlich immer neue chinesische Unternehmen nach Europa. Wie wenig sie mitunter Markt und Bedürfnisse verstehen, zeigt sich eben auch auf der IAA in diesem Jahr.
Richtig angekommen sind bislang nur wenige chinesische Hersteller – allen voran MG. Doch ausgerechnet die SAIC-Tochter fehlt auf der IAA. Stattdessen kommen Marken wie Changan, Forthing oder Avatr. Deutlich wird dabei: Viele chinesische Hersteller entwickeln ihre Fahrzeuge für den chinesischen Geschmack und bringen diese Autos nach Europa – häufig mit übertriebenen Wachstumserwartungen.
Elektrifizierung, Software-definierte Fahrzeuge, autonome Fahrfunktionen – Elektronik und Software dominieren. Es gibt kaum einen Zulieferer, der nicht auf seine wachsende Komptenz in diesem Bereich hinweist.
Im Fokus vieler großer Zulieferer stehen Entwicklungen im Bereich der By-Wire-Systeme, Schlüsseltechnologien für softwaredefinierte Fahrzeuge und das automatisierte Fahren. Dabei werden mechanische Verbindungen durch eine reine Softwaresteuerung ersetzt. Bosch oder ZF Friedrichshafen erhoffen sich dadurch in den kommenden Jahren große Umsatzzuwächse.
Bei den Antriebsplattformen fällt in diesem Jahr der Trend zu hybriden Antriebsformen auf – wie, um den Forderungen nach Technologieoffenheit Nachdruck zu verleihen.
ZF zeigt zum Beispiel mit dem 8HP Evo eine weiterentwickelte und stark elektrifizierte Variante seines Bestsellers, dem Automatikgetriebe 8HP. Dieses erlebt nun eine Renaissance und lässt sich bei verschiedenen Hybrid-Plattformen einsetzen.
Es hat eine Weile gedauert, doch mit ihrer dritten Auflage ist die IAA Mobility endgültig in München angekommen, das Messekonzept geht auf. Am sichtbarsten wird das an den Open Spaces in der Münchner Innenstadt.
Anders als mancher spottet, sind es eben nicht nur Passanten, die während ihres Shopping-Trips die Gelegenheit nutzen, an den Autos vorbei zu schlendern.
Vom gesetzten, älteren Ehepaar bis hin zu Teenagergruppen und Familienvätern mit ihren Kindern: Viele kommen explizit, um die IAA zu besuchen. Selbst im Münchner Dauerregen herrscht dichtes Gedränge.

Das Konzept geht auf: Open Space von BYD in der Ludwigstraße München.
Am ausladenden Messestand von BMW am Max-Joseph-Platz ist teilweise kaum ein Durchkommen. Währenddessen herrscht am Wittelsbacherplatz am Porsche-Stand mit Karussell und Kiosken Volksfest-Atmosphäre. Gegenüber bei Audi hingegen bilden sich meterlange Schlangen, um im Inneren des Messestands einen ehrfürchtigen Blick auf das neue Concept C zu werfen.
Und es sind beileibe nicht nur die deutschen Hersteller, die die Menschen anziehen. Um Hyundais Concept Three – einen Ausblick auf das Kompaktmodell Ioniq3 – bilden sich noch Stunden nach der erstmaligen Präsentation dichte Menschentrauben. Ähnlich sieht es wenige Meter weiter bei BYD aus.
Und selbst auf dem Messegelände scheint es zu laufen. Zwar sind hier nur wenige Privatleute zu sehen, dafür aber Fachbesucher, die die Messe nutzen, um Geschäftskontakte zu pflegen und neu zu knüpfen.
Durch die Bank berichten Aussteller, dass die Qualität der Gespräche im Vergleich zur IAA 2023 merklich zugenommen hat. Klar, es schieben sich keine Menschenmassen mehr durch die Hallen wie in den besten Jahren in Frankfurt. Diese Zeiten sind vorbei – dafür ist etwas Neues entstanden.