BYDs aggressive Rabatte sorgen für ein Beben in China

Chinas Aufstieg zur Autoweltmacht hat eine Kehrseite: Auf dem Heimatmarkt tobt seit Jahren ein ruinöser Preiskrieg. Westliche Hersteller verlieren rasant Marktanteile – eine Entwicklung, die insbesondere die deutschen Autobauer schmerzhaft zu spüren bekommen. Für viele der mehr als 100 chinesischen Hersteller ist es ein Kampf ums Überleben.

Diesen heizt BYD nun mit einer neuen Rabattrunde weiter an – und die Reaktionen zeigen, wie fragil die Lage vieler chinesischer Autobauer ist. Nachdem BYD neue Subventionen und Anreize für über 20 Modelle angekündigt hatte, brachen zu Wochenbeginn die Aktienkurse chinesischer Hersteller wie BYD, Nio und Geely ein.

Der CEO des Konkurrenten Great Wall Motors (GWM), Wei Jianjun, bemüht in einem Interview mit dem Finanzportal "Sina Finance“ einen drastischen Vergleich: "Evergrande existiert bereits in der Autoindustrie – es ist nur noch nicht zusammengebrochen.“

Er spielt damit auf die Insolvenz des zweitgrößten chinesischen Immobilienentwicklers an. Der Fall Evergrande symbolisiert den dramatischen Crash im Immobiliensektor, der über Jahre Konjunktur und Einkommen in China befeuert hatte.

Jianjun kritisierte, einige führende Akteure der Autobranche hätten sich zu stark darauf konzentriert, ihre Börsenbewertungen zu steigern – auf Kosten der wirtschaftlichen Substanz. Die Branche befinde sich in einem ungesunden Zustand.

Wie hart der Preiskampf geführt wird, zeigt ein Beispiel aus der aktuellen BYD-Rabattrunde: Der Einstiegspreis des günstigsten Modells, des Seagull, sank auf 55.800 Yuan – umgerechnet rund 6.820 Euro.

Hersteller drängen ihre Modelle seit Jahren mit teils massiven Rabatten in den Markt und bieten Premium-Features immer häufiger ohne Aufpreis an.

Laut Marktdaten waren beispielsweise im Februar und März etwa Fahrzeuge der Marken Zeekr, Denza oder IM – die in China als neue Premium-Elektroautos gelten – mit Preisen zwischen 30.000 und 35.000 Euro so günstig wie nie zuvor.

Der Elektronikkonzern Xiaomi, gefeiert für seinen elektrischen Porsche-Konkurrenten SU7, soll mit genau diesem Modell pro Fahrzeug rund 6.200 Euro Verlust machen.

Trotzdem steigen die Lagerbestände bei den Händlern – laut der Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf die China Passenger Car Association auf den höchsten Stand seit Dezember 2023.

Ohne Konkurrenten namentlich zu nennen, warf GWM-Chef Jianjun der Branche vor, aus Preisgründen bei Sicherheit und Zuverlässigkeit Kompromisse einzugehen. Andernfalls seien die extrem günstigen Angebote am Markt "absolut unmöglich".

Die jüngsten BYD-Rabatte könnten andere Hersteller zu weiteren Preissenkungen zwingen. Die daraus resultierenden finanziellen Belastungen dürften den Konsolidierungsdruck in der Branche weiter erhöhen.

BYD hat gute Chancen, als Gewinner aus einer vielfach erwarteten Marktbereinigung hervorzugehen. Das Unternehmen aus Shenzhen verkaufte 2024 rund zehn Prozent seiner Neuwagen im Ausland – insgesamt knapp 420.000 Fahrzeuge.

In Europa stiegen die Neuzulassungen von BYD-Modellen in den ersten vier Monaten des Jahres laut Dataforce um fast 300 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr plant BYD den Verkauf von 5,5 Millionen Fahrzeugen weltweit.

Ein Vorteil: BYD produziert nicht nur eigene Batterien, sondern auch viele seiner Halbleiter selbst – und ist damit deutlich weniger abhängig von Zulieferern.