Auf der Hauptversammlung von Volkswagen haben zahlreiche Aktionäre ihrem Ärger Luft gemacht. Das reichte von ernsthafter Kritik bis hin zu eher skurrilen Wortmeldungen.
Volkswagen wolle "auf der Gewinnerseite stehen", erklärte CEO Oliver Blume auf der Hauptversammlung.
VW-Vorstandschef Oliver Blume konnte auf der diesjährigen Hauptversammlung keine besonders guten Zahlen verkünden. Das war bereits im Vorfeld klar. Trotzdem bemühte sich der CEO, Aufbruchstimmung zu verbreiten.
Volkswagen habe wichtige Weichen gestellt und eine zukunftsweisende Strategie. Die Fortschritte der Sanierung seien sichtbar, so Blume, und der Konzern habe sich entschieden: "Wir wollen auf der Gewinnerseite stehen."
Ganz so rosig sehen die Aktionärsvertreter die Lage nicht: Die Wortmeldungen reichten von den Beschwerden eines knapp 90-jährigen Anteilseigners über das vor zwei Jahren geänderte Logo über, fehlende Haltegriffe bis hin zu nicht mehr genehmigte Fotos bei der Abholung eines Autos.
Hinzu kamen ausführliche Auslassungen, von möglichen Plagiaten in Doktorarbeiten bis hin zur langwierigen Diskussion um die nur virtuelle Durchführung der Hauptversammlung – das alles dürfte Vorstand und Aufsichtsrat allerdings nicht übermäßig in Aufruhr gebracht haben. Zumal Finanzchef Arno Antlitz letzt genannten Punkt mit Fakten abräumen konnte: Die diesjährige, virtuelle Hauptversammlung koste rund 1,7 Millionen Euro, eine Präsenzveranstaltung rund vier Millionen.
Unzufrieden sind einige Kapitalgeber mit der Doppelrolle Blumes als Porsche- und Volkswagen-CEO; schließlich habe auch sein Tag nur 24 Stunden. Neben der Arbeitsbelastung wird auch der Interessenskonflikt kritisiert. Blume müsse in seiner Doppelfunktion stets penibel darauf achten, weder das eine noch das andere Unternehmen zu bevorzugen.
Auch der Aufsichtsrat stand im Fokus. Von mehreren Seiten wird dem Gremium seine enge Nähe zu den Großaktionären und mangelnde Unabhängigkeit vorgeworfen. Vor allem, dass sich "die Familie" gegen überzeugende Kontrolle sperre, schrecke institutionelle Investoren ab.
Außerdem wurde die Rolle und Kompetenz des neu zu wählenden Aufsichtsratsmitglied Mohammed Saif Al-Sowaidi hinterfragt – seines Zeichens CEO der Qatar Investment Authority, die etwa 17 Prozent der Stimmrechte an Volkswagen hält.
Uneinigkeit herrscht bei den Aktionären bezüglich der Dividendenhöhe: Die großen Anlagehäuser halten die gesunkene Dividende und die nur um sechs Cent höhere Ausschüttung der Vorzugs- gegenüber den Stammaktien für zu niedrig.
Dagegen werfen unter anderem die "kritischen Aktionäre" dem Unternehmen vor, in Anbetracht der Krise und Sparmaßnahmen viel zu viel Geld an die Aktionäre – und damit vornehmlich an die Familien Porsche und Piëch – auszuzahlen.
In der stundenlangen Generaldebatte kamen zahlreiche weitere Themen aufs Tapet. In vielen Fragen ging es um die schlechten Geschäftszahlen, den geplanten Stellenabbau, eventuelle Werkschließungen, die US-Zoll-Thematik, das kriselnde China-Business, Probleme mit der Software, die immer noch nicht abgeschlossene Diesel-Krise, den Ausbau der Elektromobilität, bi-direktionales Laden oder die Zusammenarbeit mit Rivian und XPeng. Überraschende Antworten von Seiten des Vorstands und Aufsichtsrats blieben aus.
Aufhorchen ließ eine Anmerkung von Integritäts- und Rechts-Vorstand Manfred Döss bezüglich der Nachhaltigkeits- und DEI-Ziele (Diversity, Equity & Inclusion) sowie einer möglichen Einflussnahme durch die US-Regierung, wie sie bereits bei anderen Unternehmen erfolgt sein soll.
Der Konzern halte an seinen Zielen fest, so Döss, und habe bislang keine Anfragen von Seiten der amerikanischen Administration erhalten. Allerdings nimmt die Volkswagen Group ab 2025 die in den USA ansässigen Tochterfirmen aus der konzernweiten Zielerhebung für DEI-Ziele aus.
Etwas Bewegung brachten die "Kritischen Aktionäre" in die Versammlung. Sie beantragten, Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch die Versammlungsleitung zu entziehen. Anlass war, dass Pötsch dem bekannten Aktivisten Tobias Rosswog das Wort entzogen hatte.
Dieser hatte sich nach Ansicht Pötschs nicht zur Tagesordnung geäußert, als er die NS-Vergangenheit der Familie Porsche thematisierte. Der Antrag wurde mit 99,99 Prozent der abgegebenen Stimmen abgelehnt.
Weitere kritische Fragen gab es unter anderem zum Recycling-Kartell und einer Klage in Brasilien, die VW Sklaverei auf einem Agrarbetrieb in den 70er- und 80er-Jahren vorwirft.
Gut sechs Stunden nach Beginn der Versammlung stand die Entlastung der Führungsriege an. In Anbetracht der Eigner-Struktur handelte es sich eher um eine Formsache: Die Porsche Automobil Holding SE der Familien Porsche und Piëch hält 53,3 Prozent der Stimmrechte, das Land Niedersachsen 20 Prozent, die Qatar Holding 17 Prozent.
Dementsprechend wurden die Vorstände nahezu alle mit 99,96 Prozent Zustimmung entlastet, nur Manfred Döss musste sich mit 99,67 Prozent zufriedengeben. Den Aufsichtsräten wurden die Entlastung mit Zustimmungsraten von knapp unter 99 Prozent erteilt.
98,96 Prozent stimmten der Berufung Mohammed Saif Al-Sowaidi in den Aufsichtsrat zu. Die Dividende in Höhe von 6,30 Euro (6,36 Euro für Vorzugsaktien) wurde mit 99,99 Prozent genehmigt.
