VW: Für die Gläserne Manufaktur in Dresden bahnt sich eine Lösung an

Jahrzehntelang war die Gläserne Manufaktur in Dresden Symbol für Premiumfertigung bei Volkswagen, einst gebaut für den Phaeton, später Heimat des ID.3. Doch Ende 2025 soll die im Kaufvertrag von 1998 der Stadt explizit zugesicherte Fahrzeugproduktion endgültig auslaufen. Zumindest die Fertigung von Konzernmodellen hat Volkswagen-CEO Oliver Blume im Automobilwoche-Interview ausgeschlossen. 

Was danach kommt, ist noch immer offen. Bekannt ist nur, dass die Technische Universität Dresden, eine von elf Exzellenz-Universitäten in Deutschland, mit VW und dem Freistaat Sachsen über die Errichtung eines Innovationscampus auf dem Werksgelände verhandelt. Anfang Juni trafen sich VW-Vorstände und Betriebsrats-Chefin Daniela Cavallo mit TU-Rektorin Ursula Staudinger sowie Vertretern von Stadt und Land.

Volkswagen selbst sagt: "Die Fahrzeugfertigung in der Gläsernen Manufaktur in Dresden wird Ende 2025 eingestellt." Man arbeitet derzeit an "alternativen Nutzungskonzepten" für den Standort. "Dazu zählt auch die mögliche Beteiligung an Konzepten Dritter.“

Entsprechende Optionen würden aktuell geprüft. Der Hersteller verweist darauf, dass die Gespräche – wie mit der Arbeitnehmervertretung vereinbart – in vertraulichem Rahmen stattfänden. 

Die Universität hingegen zeigt sich etwas offener: "Es ist richtig, dass die TU Dresden und Vertreter des Freistaates Sachsen mit VW zum Aufbau eines Innovationscampus in der Gläsernen Manufaktur verhandeln", bestätigt ein Sprecher auf Anfrage.

Ziel sei es, "Spitzenforschung in enger Verbindung mit strategischen Unternehmenspartnern zur Beschleunigung der Innovationskette von Deep-Tech-Projekten" zu etablieren – in Bereichen wie Mikroelektronik, Chip-Design, Künstliche Intelligenz, Robotik, Materialforschung, automatisiertes Fahren und Kreislaufwirtschaft. 

Die Gespräche verliefen konstruktiv, doch eine Einigung stehe noch aus, heißt es von der TU. Auch aus den Kreisen der Gläsernen Manufaktur ist zu hören, dass alles "sehr offen und nicht wirklich konkret" sei. Bislang existiert lediglich der Entwurf eines Letters of Intent, der noch nicht unterschrieben ist. Ein verbindlicher Vertrag steht erst recht noch aus. 

Immerhin: Bis zum Sommer solle im Idealfall Klarheit herrschen, sagt die Universität. Ein Ziel, das von verschiedenen Seiten als sehr ambitioniert beschrieben wird. 

Kernthemen der Gespräche seien laut TU unter anderem die Finanzierung und das langfristige Commitment von VW zum Standort. Letzteres könnte durch ein Investment der Konzernforschung aus Wolfsburg in gemeinsame Projekte mit der TU ausgedrückt werden. Aus Insiderkreisen ist ein Betrag von rund drei Millionen Euro jährlich zu hören. 

Völlig offen ist aber nach wie vor auch, wie viel Fläche die TU tatsächlich zukünftig nutzen will. Im  Raum steht ein Mietzins von 3,5 Millionen Euro pro Jahr für 50 Prozent der Gläsernen Manufaktur, der je nach tatsächlich genutzter Fläche aber auch niedriger ausfallen könnte. 

Das andere große Fragezeichen: Was macht VW mit der restlichen Fläche – und was wird aus den rund 320 Beschäftigten? Für Dresden gilt wir für alle anderen Werke die Standortsicherung bis Ende 2030, für die Mitarbeiter ebenso lang die VW-weite Beschäftigungssicherung.

Noch allerdings haben die Beschäftigten keinerlei Informationen darüber, was sie in ein paar Monaten machen sollen, wenn hier kein ID.3 mehr gebaut wird. Als "todernst" beschrieb der Dresdner Betriebsrats-Chef Thomas Aehlig die Situation gegenüber Automobilwoche.

In der Vergangenheit gab es bereits Phasen, in denen Mitarbeiter von Dresden mit dem Bus ins Werk nach Zwickau zur Arbeit gebracht wurden – aber auch dort stehen die Zeichen derzeit eher auf Ab- statt Aufbau. 

Die TU dürfte durchaus ein Interesse daran haben, dass – in welcher Form auch immer – in der Gläsernen Manufaktur nicht nur geforscht, sondern auch weiter gearbeitet wird.

Zwar wäre der Standort am Großen Garten mit der Adresse Lennéstraße 1 ein Prestige-Gewinn für die Hochschule. Doch könnte die enge Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis, die Arbeit mit Realdaten statt in einer Laborsituation, ein Kernaspekt einer erfolgreichen Zusammenarbeit sein. 

Betriebsrats Aehlig brachte bereits zuvor gegenüber Automobilwoche die mögliche Fertigung von Lamborghini-Modellen ins Gespräch. Für ihn sei ein Wissenschafts-Standort mit Premium-Produkt die ideale Kombination. Das würde auch weiterhin Besucher anlocken, schließlich ist die Gläserne Manufaktur auch ein Touristen-Hotspot mit hohem Marketingwert.

Alternativ könnte in Dresden auch eine reine "Schau-Fertigung" stattfinden, heißt es aus Branchenkreisen. Die zusammengebauten Autos würden dann im Anschluss wieder zerlegt werden. 

Was zunächst wie eine verrückte Idee klingt, könnte am Ende sogar ein tragbares Konzept werden. Die TU könnte an einer realen Fertigungslinie forschen und arbeiten, die Besucher könnten sehen, wie Autos gebaut werden – und die Zerlegung könnte wertvolle Erkenntnisse für zukünftig Schlüsselthemen Recycling, Refurbishing und Circular Economy bringen – ein weitere Standbein, das sich Dresden damit erschließen könnte.