Volkswagen: Personalvorstand Gunnar Kilian muss gehen

Personalvorstand Gunnar Kilian scheidet mit sofortiger Wirkung aus dem Konzernvorstand der Volkswagen AG aus. Das teilte der Autobauer am Freitagnachmittag kurz nach Beginn einer Sitzung des Aufsichtsrats mit. Interimistisch wird Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen Pkw, die Aufgaben des Personalvorstands zusätzlich übernehmen.

Kilian war seit 2018 Mitglied des Gremiums und verantwortete das Ressort Personal. Seit 2020 führte er zudem den Bereich Trucks. In seine Amtszeit als Vorstand fallen die Roadmap Digitale Transformation, der Umgang mit der Corona-Krise und das "Weihnachstwunder" von 2024.

Mit der Entscheidung des Vorstands dürften auch alle weiteren Ämter Kilians entfallen, zum Beispiel die Aufsichtsratsposten bei MAN Energy Solutions oder der Wolfsburg AG.

Hintergrund der Entscheidung sind laut Aufsichtsrat unterschiedliche Auffassungen über die Steuerung von Beteiligungsgesellschaften. Schon vor einiger Zeit hatte sich VW für ein aktiveres Management der Beteiligungen ausgesprochen. Der Konzern hält allein über 250 nichtkontrollierte Beteiligungen mit einem Buchwert von mehr als 15 Milliarden Euro.

In wenigen Monaten hätte die Entscheidung über einen weiteren Fünfjahres-Vertrag für Kilian angestanden.

Aus Betriebsratskreisen ist zudem zu hören, dass ein "Bündel an Gründen" ausschlaggebend gewesen sei. Es gäbe die generelle Überzeugung, dass dem einst engen IG-Metall-Vertrauten Kilian der Rückhalt für eine nahende Vertragsverlängerung fehlte.

Unter anderem ein LinkedIn-Post des jetzt ehemaligen Personalvorstands kurz vor der Jahrespressekonferenz im März soll bei der Belegschaft für Stirnrunzeln gesorgt haben. Kilian lobte damals den Erfolg der VW-Currywurst. Mehrere Mitarbeiter berichteten, dass an den Werksbändern die Frage aufgekommen sei, ob der Konzern keine anderen Probleme habe.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch und Vorstandschef Oliver Blume würdigten Kilians Leistungen für den Konzern. "Gunnar Kilian hat in den letzten Jahren einen maßgeblichen Anteil an der Transformationsarbeit des Konzerns gehabt. Er hat den Personalbereich zukunftsfähig aufgestellt sowie die Neuausrichtung des Nutzfahrzeuggeschäfts an entscheidender Stelle mit verantwortet“, sagte Pötsch.

Auch VW-Konzernchef Oliver Blume betonte Kilians Bedeutung für Volkswagen: "Mit seinen tiefen Kenntnissen über den Konzern und seine Strukturen hat Gunnar Kilian wichtige Stellhebel für eine erfolgreiche Zukunft des Konzerns bewegt."

Wer dauerhaft die Verantwortung für das Personalressort übernehmen wird, ist derzeit noch offen. Die Entscheidung liegt beim Aufsichtsrat, traditionell hat aber die Arbeitnehmerseite ein Vorschlagsrecht für den Personal-Posten. 

Die Nachfolger-Suche habe deshalb auch für Aufsichtsrats-Vize und erste IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner "persönlich höchste Priorität". In Deutschlands größtem Industriekonzern müsse die Person in der Arbeitsdirektoren-Funktion immer auch eine stark vermittelnde Rolle zwischen unterschiedlichen Interessenlagen wahrnehmen, so Benner.

Neben VW-Markenchef Thomas Schäfer, der das Vorstands-Amt interimistisch übernimmt, rückt auch VW-Personalvorstand Arne Meiswinkel mit der Zuständigkeit für die Funktion Personal in die erweiterte Konzernleitung auf. 

Noch im Herbst 2024 agierte Meiswinkel im Tarifkonflikt als Verhandlungsführer für die Arbeitgeberseite. Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende sagt über Meiswinkel, er sei ein "erfahrener Personalmanager". Die Verhandlungen seien immer konstruktiv und fair gewesen.

Über den scheidenden Personalchef sagt Cavallo: "Sowohl die Belegschaft als auch die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat haben Gunnar Kilian viel zu verdanken." Sein Weitblick und sein beeindruckendes internes wie externes Netzwerk hätten Volkswagen mehr als einmal entscheidende Vorteile verschafft.

Dennoch müssen man mit Fokus nach vorne feststellen, dass es in der Funktion des Arbeitsdirektors nun an der Zeit für einen personellen Neuanfang sei, so Cavallo weiter. Gunnar Kilians Name werde "immer mit dem Aufkündigen unserer Tariffamilie im vergangenen Jahr verbunden sein". Die Einigung Ende 2024 sieht unter anderem den Abbau von bis zu 35.000 Stellen bei VW vor.

Gerüchten, sie selbst könnte auf diesen Posten rücken, erteilte Cavallo eine Absage: "Ein Seitenwechsel, egal auf welche Position, kommt für mich nicht infrage", erklärt die Betriebsrätin.

Kilian war vor dem Vorstandsmandat im Konzernbetriebsrat tätig. In seine Zeit als Sprecher und Generalsekretär fielen unter anderem der Übernahmeversuch durch Porsche, der Kampf um das VW-Gesetz, die Bündelung der Nutzfahrzeug-Sparte, die Dieselkrise und der Zukunftspakt.