Interview mit Burkhard Weller: "Verträge nimmt man in die Hand, wenn man sich trennen will"

Herr Weller, Multikrisen, schwierige Rahmenbedingungen, Konsolidierung – sind das schlechte Zeiten oder gute Zeiten für die großen Autohausgruppen?
Das sind anstrengende Zeiten für alle Autohäuser, aber für die großen Gruppen sind das gute Zeiten.

Es hieß immer, die Konsolidierung kommt. Das habe ich bislang nicht gespürt. Jetzt ist sie da. Die Konsolidierung schreitet in einem Tempo voran, das es die letzten 50 Jahre nicht gab. Ich gehe davon aus, dass sie sich in den nächste drei bis sechs Jahren weiter beschleunigt. 

Was erwarten Sie für 2025?
Das wird ein normal gutes Autojahr, da sind wir realistisch. Die Politik macht Fortschritte und stabilisiert sich zunehmend. Das Auto wird nicht mehr verteufelt. Das sorgt für mehr Sicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern. Klar ist aber auch, wir werden die drei Millionen Neuzulassungen nicht mehr erreichen.

Sondern? 
Im laufenden Jahr rechne ich mit 2,5 bis 2,6 Millionen Neuzulassungen. Die Vorläufe sind nicht wahnsinnig, aber besser als vor einem Jahr. Das Flottengeschäft stabilisiert sich, die Verbraucher kommen seit April langsam zurück. 

Woher kommt das Wachstum?
Ein wenig aus dem Flottengeschäft, aber viel stärker von der privaten Nachfrage. Die Kaufzurückhaltung der vergangenen Jahre war groß, hier herrscht deutlicher Nachholbedarf. Ich gehe davon aus, dass das Privatkundengeschäft im laufenden Jahr zurückkommt und stark anzieht.

Und woher kommt das Wachstum in der Weller-Gruppe?
Wir arbeiten die Leads (Kontakte zu potenziellen Kunden) fleißig ab. Im Neuwagenbereich konnten wir um rund 20 Prozent zulegen. Bei Toyota und BMW sind wir beispielsweise gut unterwegs. Aber das ist Fleißarbeit.

Etwa ein Drittel der Mitarbeiter läuft los wie immer, aber dem einen oder anderen fehlt noch etwas die Motivation, im Vergleich zu vor Corona. Deshalb treffen sich beispielsweise alle Weller-Verkäufer in Berlin. Mit der Übernahme von Block am Ring erwarten wir Anfang Juni noch einen externen Wachstumsschub für Mini und BMW.

Was war entscheidend für die Übernahme des Traditions-BMW-Händlers? 
Wir haben bereits zuvor gut kooperiert, die Chemie stimmt. Durch die Übernahmen können wir unser Gebiet erweitern, natürlich in enger Abstimmung mit BMW. Claudia Block kam auf uns zu und wir haben zugegriffen.

Wie werden die Betriebe künftig geführt?
Aus Block am Ring wird Weller – alles, was neu dazukommt, wird Weller. Das ist einfacher für uns. Es ist ein klares Zeichen für Mitarbeiter und Kunden, dass es einen neuen Eigentümer gibt, das schafft Synergien und senkt die Kosten. Wir werden das eine oder andere ändern. Seit Oktober vergangenen Jahres heißt die gesamte Gruppe Weller. Das hat uns zu einer einheitlichen Familie gemacht. 

Was muss sich ändern?
Nicht viel. Wir richten den Fokus stärker auf Flotten, wollen Privatkunden- und Werkstattgeschäft etwas ausbauen. Nachholbedarf gibt es bei Gebrauchten: Das wollen wir über Nacht auf die Schiene bringen, die Lkws sind schon beladen und rollen Anfang Juni an. Block am Ring verkaufte bislang für jeden Neuwagen etwa 0,8 Gebrauchte. Bei uns ist das Verhältnis eins zu zwei. Hier können wir also deutlich ausbauen.

Als einer der wenigen Hersteller stellt BMW auf das Agentursystem im. Ist das für Händler attraktiv?
Das Agenturgeschäft hat eine feste Marge, keine Zinsen und keine Vorführwagenverluste. Der feste Preis verschafft dem Kunden ein gutes Gefühl. Nach unserer Rechnung ist das ein positiver Dreh. 

Bei Mini läuft das Agenturgeschäft seit Oktober 2024. Haben Sie die gleiche Rendite?
Die Rendite ist in etwa die gleiche, vielleicht sogar noch ein µ besser. Nicht jeder Händler ist mit der Agentur und deren Abwicklung zufrieden. Wir sind es. 

Durch Block am Ring kam auch Hyundai dazu. Was machen Sie mit der Marke?
Wir haben versprochen, alle Mitarbeiter und Marken zu behalten. Das machen wir. Bei BMW ist dies ohnehin keine Frage. Motorrad ist für uns Neuland, da freuen wir uns drauf. Das gilt auch für Hyundai. Es wird nicht bei einem Hyundai-Standort bleiben.

Sondern?
Bei MG haben wir im ersten Jahr 700 Fahrzeuge verkauft, im vergangenen Jahr waren es bereits 1200, für 2025 rechnen wir mit 2500. Wenn wir bei Hyundai die Möglichkeit haben auszubauen, machen wir das. 

Viele Hyundai-Partner stöhnen über die schlechten Konditionen im Händlervertrag.
Verträge nimmt man in die Hand, wenn man sich trennen will. Wenn man gut zusammenarbeitet, braucht man keinen Vertrag. Dann lassen sich Problem gemeinsam lösen.

Die Weller-Gruppe hat einen Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro, 120 Millionen Euro kommen durch Block am Ring hinzu. Reicht das, um international mitzuspielen?
Wir kämpfen uns auf die Zwei-Milliarden-Grenze vor, aber das ist nicht entscheidend. Wir sind gut aufgestellt und spielen als eine der zehn größten deutschen Autohausgruppen in einer guten Liga. 

Dabei nimmt der Druck durch die zunehmende Zahl internationaler Gruppe in Deutschland zu. 
Dass sie den Markteintritt in Deutschland machen, bedeutet zunächst gar nichts. Sie müssen erst beweisen, dass sie es auch können. Finanziell sind die Gruppen in der Regel gut aufgestellt.

Aber wenn man in großem Maße zukauft, muss man dies auch managen können. Das ist nicht ganz leicht. Man kann nach einer Übernahme nicht einfach alles weiterlaufen lassen, wie es zuvor war. Sonst geht es in die Grütze.

Die internationalen Gruppen greifen da an, wo auch Sie wachsen wollen, zum Beispiel bei Gebrauchten.
Das Gebrauchtwagengeschäft ist das Einzige, was noch wächst. Da ist es ganz klar, dass sich einige darauf stürzen werden. Der kleine Neuwagen ist künftig der Gebrauchte. Einen Neuwagen für 15.000, 16.000 oder 17.000 Euro wird es nicht mehr geben. Die Zeiten sind vorbei. Selbst chinesische Hersteller können nicht so günstig produzieren, wenn die Politik ihre Finger herausnimmt. 

Haben internationale Gruppen durch den Übergrenzverkauf einen Vorteil?
Die Grenzen zwischen den Ländern verschwinden zunehmend. Auch wir sind im Ausland aktiv, exportieren und importieren Fahrzeuge. Aber in einem kleineren Maßstab. Wir sehen noch großes Potenzial auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt.

Was erwarten sie?
Ich denke, der Gebrauchtwagenmarkt wird langfristig eine stabile sieben vorne stehen haben. Das Verhältnis zu Neuwagen wird deutlich zunehmen. Ich gehe davon aus, dass es sich Richtung eins zu drei entwickelt. Das gilt auch für uns: Für jeden Neuwagen verkaufen wir jetzt zwei Gebrauchte. Da ist mehr drin. Wir wollen auf das Verhältnis eins zu drei. 

Sie haben in den vergangenen Jahren viel mit Kurzzeit-Leasing gearbeitet. Ist das Geschäft der Zukunft oder fällt es ihnen jetzt auf die Füße? 
Mit einem Zwölf-Monats-Leasing nehmen sie den ersten Preishub runter. Das ist eine Möglichkeit, aber nicht unser Kerngeschäft. Gebrauchtwagen selbst zu generieren, reicht nicht. Wir werden stark zukaufen.

Der Einzelkauf ist natürlich das Lukrativste, aber auch das Mühsamste. Da schaffen wir nicht die Menge, die wir brauchen. Entsprechend werden wir auch stärker bei Flotten und Auktionen zukaufen. Ich sehe uns vor allem im klassischen Gebrauchtwagenhandel mit zwei bis fünf Jahre alten Fahrzeugen.