Chinesischer Hersteller: Changan startet in Deutschland kleiner als geplant

Der nächste chinesische Autohersteller ist auf dem deutschen Automarkt gestartet: Seit Ende August vertreibt die Hamburger Autohaus Günther Gruppe Fahrzeuge von Changan. Damit lege man gemeinsam "den Grundstein für den nachhaltigen Erfolg von Changan in Deutschland", freute sich Ethan Yin, Executive Deputy General Manager von Changan Europe.

Der chinesische Staatskonzern verfolgt ehrgeizige Ziele: Bis 2027 will Changan hierzulande in die Top drei der chinesischen Hersteller vorrücken, bis 2030 sogar in die Top Ten aller Marken. Das sagte Europa-Vertriebschef Nicolas Thomas Ende März der Automobilwoche. Legt man das Jahr 2024 zugrunde, entspräche das einem Marktanteil von mindestens 3,4 Prozent und 95.500 Neuzulassungen (Toyota). Auf konkrete Ziele zu den Neuzulassungen 2025 und 2026 will sich Changan derzeit nicht festlegen.

Zum Start ist das Angebot mit dem Elektro-SUV Changan Deepal S07 noch begrenzt. Doch bereits auf der IAA stellt Changan das kompaktere SUV Changan Deepal S05 vor. Insgesamt will Changan innerhalb von drei Jahren acht neue Modelle in den Markt einführen, darunter neben E-Autos auch Plug-ins und Vollhybride.

Deutschland ist dabei nicht das einzige europäische Land, in dem Changan startet. Im März kündigte der Hersteller an, bis Jahresende in zehn europäischen Ländern präsent zu sein.

Am weitesten ist Changan in Norwegen, wo der Hersteller auf seiner Website bereits 24 Standorte auflistet. Nationale Websites existieren darüber hinaus für Großbritannien, die Niederlande, Griechenland und Italien – allerdings ohne dass dort bereits Händler gelistet sind.

Bis Jahresende soll aber die Zahl der europäischen Showrooms auf 100 wachsen, als mittelfristiges Ziel für Europa nennt Changan auf Nachfrage 200 Standorte. Eine genaue Zahl wie viele Händler mit wie vielen Standorten in Deutschland geplant sind, nennt Changan aktuell dagegen nicht. "Wir starten mit dem Netzaufbau zunächst in Ballungsgebieten, wollen aber dann auch schnell auf der Fläche vertreten sein", so eine Sprecherin.

Bisher habe man sich vor allem darauf konzentriert, "solide Voraussetzungen" zu schaffen, etwa mit dem Aufbau eines Ersatzteillagers oder der Suche nach Finanzpartnern.

Damit rudert Changan bei seinen Händlernetz-Plänen merklich zurück. Ende März gab Vertriebschef Nicolas Thomas für Deutschland noch das Ziel von zehn Vertriebspartnern zum Marktstart sowie 100 Standorten im Jahr 2026 aus. 2024 sprach Changan sogar noch von 50 Partnern bis Ende 2025 in Deutschland.

Die Suche nach neuen Vertriebspartnern scheint sich also zäher zu gestalten als gedacht. Das gilt auch auf europäischer Ebene: Hier war die Rede davon, in einigen Jahren mehr als 1000 Standorte aufbauen zu wollen. 

Die Schwierigkeiten bei der Partnersuche dürften mehrere Gründe haben. So bleiben chinesische Hersteller bislang meist hinter ihren oft ambitionierten Wachstumsplänen zurück und kommen im Vertrieb nicht recht voran. Im ersten Halbjahr 2025 kamen die neun chinesischen Marken in Deutschland zusammen auf gerade einmal 1,69 Prozent Marktanteil – häufig gestützt mit taktischen Zulassungen. 

Hinzu kommt der intensive Wettbewerb mit etablierten Herstellern: "Ich gehe davon aus, dass das Marktpotenzial angesichts der einheimischen Konkurrenzmarken und -produkte begrenzt ist", sagte Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) unlängst in der Automobilwoche. Das mögliche Potenzial chinesischer Marken liege in etwa auf dem Niveau koreanischer und japanischer Hersteller. Diese bewegten sich 2024 bei 5,9 und 8,6 Prozent.

Einen großen Teil des bestehenden Marktpotenzials für chinesische Hersteller schöpfen derzeit MG und BYD ab. Das gilt auch im Hinblick auf Händler, die bereit sind, ihr Portfolio um neue chinesische Marken zu ergänzen.  BYD unterzeichnet aktuell am laufenden Band Händlerverträge, darunter auch mit vielen der besonders umworbenen Top100-Autohausgruppen.

Zuletzt unterzeichneten unter anderem die Autohausgruppen Häusler, Weller, Kummich, Moll sowie die Ruhrdeichgruppe BYD-Verträge. Und auch andere chinesische Marken werben intensiv um neue Händler.

Insgesamt will Changan drei Marken nach Europa bringen: Changan, Deepal und Avatr. Wie genau der Vertrieb letzterer organisiert werden soll ist noch offen. Hierzu werde es "zu gegebener Zeit" ein Update geben.

Mit einem Absatz von knapp 1,7 Millionen Pkw war Changan im vergangenen Jahr die Nummer vier in seinem Heimatmarkt – hinter BYD, Chery und Geely. Insgesamt verkaufte Changan im vergangenen Jahr knapp 2,7 Millionen Fahrzeuge.