Rapides Wachstum: Warum MG seine Europa-Strategie vereinheitlichen will

MG stellt sich in Europa neu auf. Dazu überarbeitet der chinesische Hersteller seine Organisation mit dem Ziel, seine 26 Märkte auf eine gemeinsame Linie zu bringen und die Markenbotschaft angesichts des raschen Wachstums zu vereinheitlichen.

Das zu SAIC gehörende Unternehmen geht zu "MG 2.0" über, sagte Aiden He, der neue Marketingchef von MG für Europa. "Wir wollen den nächsten Schritt machen. Wir brauchen ein besser abgestimmtes Team", sagte He der Automobilwoche-Schwester Automotive News Europe.

He hat die Rolle im April übernommen, zusätzlich zu seiner bisherigen Rolle als CEO von MG Motor Nordic und Benelux. "In der Vergangenheit agierten die Märkte teilweise ein wenig eigenständig oder unabhängig", erklärte er: "Wir brauchen eine gemeinsame Stimme."

Denn MG ist eine der am schnellsten wachsenden Marken in Europa. In den ersten vier Monaten des Jahres stiegen die Verkaufszahlen laut Dataforce um 32 Prozent auf 99.627 Fahrzeuge. Nach dem ersten Quartal belegte die Marke Platz 19 in Europa – direkt hinter Cupra und vor Seat.

Im Einzelmonat März lag MG dank starker Verkaufszahlen seiner Hybridmodelle – angeführt vom neuen ZS – sogar vor Volvo auf Platz 15.

Das Vereinigte Königreich bleibt MGs größter Markt in Europa mit 28.430 Verkäufen in den ersten vier Monaten. Aber das schnellste Wachstum verzeichnet die Marke in neuen Märkten wie Italien, wo im gleichen Zeitraum 20.867 Fahrzeuge verkauft wurden – ein Plus von 53 Prozent.

In Spanien war MG bis April die neuntmeistverkaufte Marke, mit einem Anstieg der Verkäufe um 80 Prozent auf 16.555 Fahrzeuge. Dadurch landete die Marke vor Mercedes-Benz, Nissan, BMW, Skoda, Audi und Citroën.

Europa ist MGs größter Absatzmarkt weltweit und macht rund 25 Prozent des Gesamtabsatzes aus. Das bedeutet, dass die Region bei der Entwicklung von MG-Fahrzeugen ein größeres Mitspracherecht hat.

"In China versteht man zum Beispiel nicht, warum man eine Anhängerkupplung braucht – aber in Europa sind sie allgegenwärtig", sagte He. "Früher haben wir das vielleicht nicht verstanden, aber nach einigen Jahren tun wir es jetzt."

Doch MGs Vorstoß in den Bereich der reinen Elektroautos wird aktuell durch die Einführung der Zusatzzölle auf in China hergestellte Batteriemodelle durch die EU gehemmt. Bei MG sind es 35 Prozent zusätzlich zu den ohnehin erhobenen zehn Prozent.

Aus Hes Sicht sind die Zölle "völlig falsch" und widersprechen dem Ziel der EU, den Durchbruch erschwinglicher Elektroautos zu beschleunigen. MGs BEV-Verkäufe gingen in den ersten vier Monaten um 46 Prozent auf 13.184 Einheiten zurück. Der MG4 war besonders stark betroffen.

He betonte jedoch, dass MG an seinen Wachstumszielen im BEV-Bereich festhalten werde: "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir erschwingliche Elektroautos auf den europäischen Markt bringen werden. Das wird sich niemals ändern."

MG bringt derzeit den S5, ein neues kompaktes Elektro-SUV auf den Markt, das den kleineren ZS ersetzt. Außerdem wird noch in diesem Jahr ein größeres elektrisches SUV eingeführt.

Wie andere chinesischen Hersteller wie BYD verzeichnet auch MG ein starkes Wachstum bei Plug-in-Hybriden. Die sind nicht von den Elektro-Zusatzzöllen der EU betroffen. MGs PHEV-Verkäufe stiegen in Europa in den ersten vier Monaten um 113 Prozent auf 6396 Einheiten – getrieben durch die Nachfrage nach dem neuen MG HS.

MG hat angekündigt, zukünftig in Europa zu produzieren. He bekräftigte dieses Ziel, nannte jedoch weder Standort noch Zeitpunkt. "Wenn man in Europa bleiben will, braucht man hier ein Werk", sagte er.

Zu den Vorteilen zählt unter anderem die Einsparung von Transportkosten. Die muss MG gegenwärtig tragen, auch wenn die Muttergesellschaft SAIC 23 Frachtschiffe besitzt. "Wir müssen trotzdem bezahlen. Geschäft ist Geschäft", sagte He.

He ist außerdem für die Einführung der digital ausgerichteten Automarke IM von SAIC in Europa verantwortlich. Diese soll in der zweiten Jahreshälfte unter dem Mantel von MG auf den Markt kommen.

Zu den ersten Modellen gehören voraussichtlich die elektrische Mittelklasselimousine L6 und das Mittelklasse-SUV LS6 – beide sind klar als Tesla-Konkurrenten positioniert. "Wir sind keine Premiummarke, aber wir wollen den Kunden deutlich mehr Auswahl bieten", sagte He.

Im Gegensatz zu Chery, dem größten Autoexporteur Chinas, der mit Marken wie Omoda und Jaecoo nach Europa expandiert, konzentriert sich SAIC beim Export hauptsächlich auf eine Marke. "Ein klarer Fokus auf eine Marke ist sehr wichtig", sagte He. Etablierte Marken hätten es in Europa deutlich leichter, von der Masse akzeptiert zu werden.