Porsche baut den Vorstand um: Was Oliver Blume damit bezweckt

Seit praktisch zehn Jahren ist der Vorstand des Sportwagenbauers Porsche nahezu unverändert geblieben. Mit dem Aufstieg von Oliver Blume vom Produktionschef zum Vorstandsvorsitzenden im Jahr 2015 wurden damals auch die meisten anderen Posten neu besetzt. Lutz Meschke zeichnete für das Ressort Finanzen verantwortlich und wurde Blumes Stellvertreter.

Auch Produktionschef Albrecht Reimold, Entwicklungschef Michael Steiner, Vertriebschef Detlev von Platen sowie Personalchef Andreas Haffner kamen zur gleichen Zeit an Bord.

Der damalige Porsche-Chef Matthias Müller wurde an die Spitze des VW-Konzerns berufen, um den Neubeginn nach der Dieselaffäre einzuleiten. Einen Wechsel in Stuttgart gab es danach lediglich im Jahr 2021, als Barbara Frenkel den Bereich Beschaffung vom altersbedingt ausscheidenden Uwe-Karsten Städter übernahm. 2023 wurde für Sajjad Khan zudem das neue Ressort Car-IT geschaffen.

Die Stabilität in der Führungsmannschaft war sicher einer der Faktoren für den rasanten Wachstumskurs der vergangenen Jahre. Es handelte sich um ein sehr erfahrenes und eingespieltes Team.

Doch damit ist nun Schluss. In den vergangenen Monaten hat Blume, der seit 2021 auch den Volkswagen-Konzern lenkt, seine Führungsmannschaft fast komplett ausgewechselt. Erst mussten Finanzchef Lutz Meschke und Vertriebschef Detlev von Platen Knall auf Fall gehen, weil sie in Ungnade gefallen waren. 

Der eine meldete allzu forsch Ansprüche auf den Chefposten an, der andere plante mit seiner jungen Frau eine Weltreise, während die Absatzzahlen vor allem in China abstürzten.

Bei den zwei jüngsten Personalien wirkt der Übergang zwar geordneter. Dennoch bleibt der Eindruck, als hätte es für Frenkel und Haffner nicht wirklich eine andere Option gegeben als zu gehen. In Zeiten der Krise kann es Blume offenbar nicht schnell genug gehen, seine Führungsmannschaft auszutauschen.

Um einen möglichst reibungslosen Wechsel zu garantieren, verzichtet er bei den Neubesetzungen auf externe Lösungen. Jochen Breckner (Finanzen), Matthias Becker (Vertrieb), Vera Schalwig (Personal) und Joachim Scharnagl (Beschaffung) sind allesamt Porsche-Eigengewächse, die aus der zweiten Reihe kommen und sofort loslegen können.

So musste Jochen Breckner keine zwei Wochen nach offiziellem Amtsantritt eine Bilanzpressekonferenz bestreiten. Auch Matthias Becker legte bei der Neuaufstellung der regionalen Vertriebschefs ein beachtliches Tempo vor.

Das ist auch dringend notwendig. Denn die Situation beim Autobauer mit der traditionell höchsten Profitabilität im VW-Konzern ist so angespannt wie lange nicht mehr. Der Absatzeinbruch in China, der Schwenk vom Elektroantrieb hin zu mehr Verbrennerfahrzeugen und die Probleme bei der Batteriebeschaffung machen der VW-Edeltochter schwer zu schaffen.

Die operative Marge soll 2025 nur noch bei 6,5 bis 8,5 Prozent liegen – statt der ursprünglich angepeilten zehn bis zwölf Prozent.

Mit Michael Steiner hat Blume zudem einen neuen Stellvertreter benannt. Steiner ist neben Reimold der einzig verbliebene Vorstand aus der alten Riege. Er gilt als loyaler Gefolgsmann von Blume und wird nun dafür belohnt, dass er die eilends überarbeitete Produktstrategie mit deutlich mehr Verbrennerfahrzeugen in den nächsten Jahren auf die Straße bringen muss. Zwar ist Steiner auch schon 60 Jahre alt und wäre damit selbst ein Kandidat für den Ruhestand. 

Doch angesichts der erforderlichen Geschwindigkeit bei der Entwicklung der Modelle war Blume ein Wechsel in diesem Ressort zu heikel. Ob Steiner die Führungsrolle in Abwesenheit von Blume wirklich einnehmen kann, muss sich zeigen.

Er gilt zwar als hervorragender Ingenieur. Doch wenn es darum ging, Porsche nach außen zu repräsentieren und die Richtung vorzugeben, waren in der Vergangenheit Meschke und Reimold die beiden Hauptfiguren.

Für Blume selbst hat der Wechsel gleich mehrere Vorteile: So kann er sich der Loyalität der neuen Vorstände sicher sein. Sie alle haben ihm die Krönung ihrer beruflichen Karriere zu verdanken.

Die interne Kritik an der Doppelrolle des Porsche-Chefs, die angesichts der Probleme in den vergangenen Monaten immer lauter wurde und vor allem mit der Personalie Lutz Meschke in Verbindung gebracht wurde, dürfte auf absehbare Zeit verstummt sein. Auch Stellvertreter Steiner gilt als Blume-Vertrauter, der sich nicht gegen seinen Förderer stellt.

Der Porsche-Chef verschafft sich damit Zeit, seine Nachfolge vorzubereiten. Erst wolle er den Generationenwechsel vollenden, bevor er einen seiner zwei Posten in Zuffenhausen und Wolfsburg räume, deutete er jüngst im Gespräch mit der Automobilwoche an.

Damit bliebe Blume seiner Linie in Wolfsburg treu, erst gründlich aufzuräumen und dann die Weichen für die Zukunft zu stellen. Sobald Porsche wieder in ruhigerem Fahrwasser ist, dürfte die Entscheidung darüber fallen, wer das Unternehmen nach ihm führen wird.