Porsche setzt auf neue Batterie-Strategie – das sind die Gründe

Groß waren die Hoffnungen, als Porsche im Juni 2021 die Cellforce Group als Tochtergesellschaft zur Entwicklung und Produktion von neuartigen Hochleistungszellen gründete.

"Damit positionieren wir uns an der Spitze des weltweiten Wettbewerbs um die leistungsstärkste Batteriezelle. So gestalten wir die Zukunft des Sportwagens", sagte Porsche-Chef Oliver Blume.

Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann machte seine Aufwartung und lobte das Engagement für eine Fabrik-Ansiedlung im Land.

Vier Jahre später hat Porsche seine ehrgeizigen Pläne beerdigt. Die Fabrik von Cellforce bei Tübingen ist zwar praktisch startklar, doch die Zellen werden den Weg in die Sportwagen aus Zuffenhausen wohl nie finden.

"Die bisherigen Pläne zum Ausbau der Produktion von Hochleistungsbatterien durch die Cellforce Group GmbH sollen nicht eigenständig weiterverfolgt werden", kündigte Finanzchef Jochen Breckner bei der Vorlage der Quartalszahlen Ende April an. 

Eine Skalierung lasse sich nicht wirtschaftlich darstellen, so die Begründung. Zwar erfüllten die Zellen die technologischen Ansprüche, aber man müsse sich den Marktrealitäten beugen. Von der ins Auge gefassten großen Zellproduktion mit 20 Gigawattstunden spricht längst niemand mehr bei Porsche.

Zwar sucht Porsche noch nach einem Partner, um die Produktion fortführen zu können. Aber ein aussichtsreicher Kandidat, das schwedische Unternehmen Northvolt, musste inzwischen Insolvenz anmelden.

Angesichts der vielen gescheiterten europäischen Batterieprojekte scheint unwahrscheinlich, dass sich kurzfristig ein Investor für Cellforce findet. 

Porsche muss deshalb nach Angaben von Breckner im ersten Quartal einen Betrag von rund 500 Millionen Euro abschreiben. Das Engagement bei Cellforce hat das Unternehmen nicht nur viel Geld gekostet. Es steht auch symbolisch für eine Batteriestrategie, bei der es an allen Ecken und Enden hakt.

Auf 800 Millionen Euro beziffert Porsche die gesamten Sonderaufwendungen für seine Batterieaktivitäten allein in den ersten drei Monaten des Jahres. Darin enthalten ist beispielsweise auch das Engagement für Varta, das so nie geplant war. 

Um nach der finanziellen Schieflage des schwäbischen Unternehmens die Versorgung mit Hochleistungszellen für die Hybrid-Variante des 911 abzusichern, hat Porsche nicht nur die Tochter V4Smart übernommen, sondern sich auch am Unternehmen insgesamt beteiligt.

Die traditionell geringe Wertschöpfungstiefe wird für Porsche in Zeiten des technologischen Umbruchs mehr und mehr zum Problem. Denn bei den Lieferanten knirscht es gewaltig.

Das zeigt sich auch bei der Baureihe 718, die Porsche mit elektrischem Antrieb auf den Markt bringen wollte. Sie sollte ursprünglich nahtlos an das Auslaufen der Verbrenner-Variante anknüpfen.

Diese wird in Europa wegen neuer Cyber-Security-Richtlinien seit Mitte vergangenen Jahres nicht mehr verkauft, weltweit laufen die Modelle Ende des Jahres aus. Doch die Elektro-Nachfolger lassen auf sich warten, was der Northvolt-Pleite geschuldet ist.

"Bei der elektrischen Baureihe im 718-Segment können auch wir uns dem Thema Verfügbarkeit von hochleistungsfähigen Zellen nicht entziehen", sagte Blume der Automobilwoche im Nachgang der Veranstaltung.

Die ohnehin bereits verspätete elektrische Baureihe 718 verzögert sich dadurch nach Informationen der Automobilwoche bis zum Jahr 2027. Der Termin wird von Porsche zwar offiziell nicht bestätigt, eine geänderte Abfolge bei den Modellanläufen aber schon.

"Deshalb werden wir das Fahrzeug nun nach dem elektrischen Cayenne bringen", kündigte Blume an.

Die Verzögerungen bei diversen Batteriethemen und der gebremste Hochlauf bei Elektrofahrzeugen ziehen weitere Kosten und Probleme nach sich. So muss Porsche derzeit Abstandszahlungen an Zulieferer leisten, die mit deutlich höheren Kapazitäten gerechnet hatten und in Vorleistung gegangen waren. 

So hatte beispielsweise der finnische Zulieferer Valmet in Kirchardt bei Heilbronn eigens eine Fabrik für die Montage für Batteriemodulen für die 718-Baureihe erstellt.

Diese aber wird auf absehbare Zeit kaum ausgelastet werden können. Der Stellenabbau von Bosch im Werk Hildesheim soll laut Insidern auch im Zusammenhang mit revidierten Kapazitätsplanungen für den E-Macan stehen.

Da Kompetenzen für die Batteriemontage bei den traditionellen Zulieferern nicht unbegrenzt vorhanden sind, geht Porsche beim elektrischen Cayenne, der 2026 kommen soll, auf Nummer sicher.

Während für Taycan und Macan die Firma Dräxlmaier verantwortlich ist, hat sich Porsche beim dritten Elektromodell für eine eigene Modulfertigung entschieden. 

In Horná Streda nordwestlich von Bratislava hatte Porsche vor Jahren einen Werkzeugbauer übernommen. Hier entsteht nun eine sogenannte funktionsintegrierte Batterie, die mit dem Rahmen verbunden ist und deutlich weniger wiegt.

Die vielen Baustellen machen klar, dass Porsche seine Batterie-Strategie neu aufstellen muss. An erster Stelle steht hier die Erkenntnis, dass deutlich weniger Zellen gebraucht werden als zunächst erwartet.

So setzt Porsche wieder mehr auf Verbrenner-Fahrzeuge, wird den Cayenne fit machen bis in die 30er Jahre, nochmals einen neuen Panamera auflegen und es könnte sogar noch einen Macan mit konventionellem Antrieb geben.

Der elektrische Luxus-Siebensitzer K1 auf der konzernweiten K1-Plattform wird verschoben bis Ende des Jahrzehnts. Es ist also zu erwarten, dass Porsche den Bedarf an Zellen wie bisher auf dem Weltmarkt deckt und nicht aus eigener Produktion.

Der neue Porsche Taycan Turbo GT beschleunigt beispielsweise mit Zellen von LG Chem in wenig mehr als zwei Sekunden auf Tempo 100. Auch der elektrische Macan ist mit Zellen von CATL flott unterwegs.

Beide asiatischen Lieferanten gelten als technologisch weit fortgeschritten und haben ein hohes Entwicklungstempo. Auch das dürfte ein Grund für das Ende von Cellforce gewesen sein.