Als Peter Bosch im Sommer 2023 von Bentley an die Spitze von Cariad wechselte, galt die Volkswagen-Softwaretochter als Problemfall und – fast schlimmer noch – vielen als Lachnummer. Terminzusagen wurden regelmäßig verfehlt, Modellstarts von Audi, Porsche und VW mussten verschoben werden.
Zwei Jahre lang haben Bosch und sein Team Cariad umgekrempelt. Im Gespräch mit der Automobilwoche äußert sich Bosch erstmals ausführlich zu seiner Arbeit und macht klar, wofür Cariad jetzt im Konzernverbund steht.
Herr Bosch, Sie haben vor gut zwei Jahren Ihre neue Aufgabe bei Cariad übernommen. Wie sind Sie gestartet?
Ich habe die Rolle im Sommer 2023 übernommen, das war kurz nach der Shanghai Motor Show. Es war die erste große Automesse in China nach der Corona-Pandemie. Dort waren wir beeindruckt, wie weit sich die chinesische Automobiltechnik und -software in den weitgehend isolierten Jahren entwickelt hatte. Wenige Wochen später wurde ich dann zum Chef von Cariad ernannt und damit verantwortlich für die automobile Software im Volkswagen-Konzern. Der Messebesuch damals war ein wichtiger Startschuss. Es hat mich motiviert und im Konzern die Geschlossenheit gestärkt, den Erfolg in China selbst in der Hand behalten zu wollen. Jetzt waren wir wieder in Schanghai und konnten zeigen, was wir seitdem erreicht haben.
Aber Ihr Vorgänger muss doch auch gesehen haben, dass etwas nicht stimmt. Wie kann es sein, dass erst durch eine Reise nach Schanghai auffällt, dass andere weiter sind?
Erkenntnis und Umsetzung zusammenzubringen, ist in einer komplexen Organisation eine Herausforderung. Wichtig dabei ist eine fehlerpositive Kultur. Wenn sich eine Entscheidung als nicht optimal herausstellt, können wir sie korrigieren – und das haben wir auch getan. Ob das zu spät oder zu früh war, zeigt sich immer erst im Nachhinein. Besonders bei der Software haben wir stark nachjustiert, aber auch die gesamte Aufstellung des Konzerns – Liefermodelle, Kostenstrukturen und Technologien – wurde unter Oliver Blume neu ausgerichtet, in enger Zusammenarbeit mit den Markengruppen. Der Schlüssel zum Erfolg ist die gemeinsame Arbeit – das wurde früher vielleicht nicht ausreichend berücksichtigt.