Mit aller Macht will Toyota Deutschland die Marke von 100.000 Neuzulassungen in diesem Jahr übertreffen. Händler fühlen sich unter Druck gesetzt.
Um seine Vertriebsziele zu erreichen stockt Toyota die Lagerbestände seiner Händler kräftig auf.
Das Ziel ist ambitioniert: Nach 2024 will Toyota auch in diesem Jahr 100.000 Fahrzeuge in Deutschland absetzen. Allein, es läuft nicht so recht – bis Ende Juli erreichte Toyota in Deutschland erst rund 48.000 Fahrzeuge. Das waren elf Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Deutschland-Geschäftsführer Mario Köhler hält dennoch an seinem Ziel fest. "Die Dynamik in der zweiten Jahreshälfte, neue Modell-Einführungen sowie der aktuelle Vorlauf in unserer Auftragsbank stimmen uns zuversichtlich."
Zusätzlich macht Toyota seinen Partnern im Handel Druck. Diese sind aufgefordert, so genannte "Planungssicherheitspakete" abzunehmen, sprich Lagerfahrzeuge.
Dass der Handel Lagerkontingente abnimmt, sei an sich nichts Neues, sagt Frank Levy. Er ist Präsident des Toyota Händlerverbands und zugleich Geschäftsführer der Auto-Levy-Gruppe, einem der größten deutschen Toyota Händler. "Das Volumen jetzt ist aber größer als sonst", so Levy.
Die Pakete umfassen je nach Händler etwa ein Drittel der Jahresverkaufsplanung, gestreckt über die kommenden fünf Monate. Die Levy Gruppe etwa nimmt 32 Prozent des geplanten Jahresvolumens ab. "Wir bekommen jetzt Lagerbestände, die über dem liegen, was wir für das Tagesgeschäft brauchen", sagt Levy.
Andere werden deutlicher. "Die Pakete sind absurd groß", schimpft ein großer Toyota-Partner, der anonym bleiben will. "Diese Aktion ist ein Akt der Verzweiflung, um bis Jahresende noch irgendwie auf 100.000 Fahrzeuge zu kommen."
Die Fahrzeugbestände würden jetzt ins Uferlose wachsen, nachdem sie gerade erst wieder auf ein immer noch hohes, aber halbwegs akzeptables Niveau gesunken seien. "Es gibt durchaus Händler, deren Lagerbestände überborden", bestätigt Levy.
Denn bereits 2024 waren die 100.000 Neuzulassungen nur möglich, weil Händler gegen Jahresende viele Fahrzeuge als Eigenzulassungen in den Markt brachten – der Anteil der Händler-Zulassungen im Dezember 2024 lag bei 44 Prozent. Diese Fahrzeuge mussten in den Folgemonaten abverkauft werden.
Für Händler sind zu hohe Lagerbestände problematisch, weil diese Fahrzeuge in der Regel vorfinanziert sind und nach Ablauf einer zinsfreien Zeit hohe Zinskosten anfallen.
Je länger ein Fahrzeug steht, desto höher die Kosten und der Druck, es mit Rabatt loszuschlagen. Sitzen viele Händler gleichzeitig auf hohen Beständen droht ein für alle ruinöser Intrabrandwettbewerb, der letztlich auch die Gebrauchtwagen-Restwerte unter Druck setzen kann.
Nun kommt also die nächste Welle. Insgesamt würden sich mehr als 90 Prozent der Partner an der Maßnahme beteiligen, darunter sämtliche Mitglieder des Vorstands des Händlerverbands, so Köhler. "Das werten wir als starkes Zeichen des Vertrauens in unsere gemeinsame Planung."
Ohne Widerspruch lief die Zustimmung aber nicht. "Die Planungssicherheitspakete haben im Handel für einen Aufschrei gesorgt", so der Händler. Einige hätten die Teilnahme zunächst verweigert.
Auch Frank Levy sah noch Gesprächsbedarf. "Man muss nicht zu jedem Vorschlag des Herstellers sofort ja sagen. Wir haben nun eine für uns sehr vernünftige Lösung gefunden. Der Modellmix den wir abnehmen, passt zu unserem Marktgebiet."
Toyota begründet die Lagerwagen-Pakete offiziell damit, dass man im Rahmen von Modellübergängen, etwa bei RAV4 (Foto) und Aygo X Planungssicherheit hinsichtlich der Produktionsbelegung biete.
Leicht werde es aber nicht. "Das wird kein Spaziergang und wenn es schiefgeht, ist das problematisch. Aber wir mögen die Herausforderung. Ich gehe mit Zuversicht an die kommenden fünf Monate", bekräftigt Levy. "Ich glaube fest daran, dass Toyota sein Vertriebsziel erreicht."
Sein Kollege ist skeptischer: "Wir können uns die Kunden nicht einfach herbeizaubern." Immerhin spare Toyota bisher nicht bei der Verkaufsförderung, die Preise seien wettbewerbsfähig.
Mit seinen hohen Volumenzielen will Toyota langfristig Bestandskunden aufbauen, die später Gebrauchtwagen- und Servicegeschäft generieren. Dieses sorgt schon jetzt maßgeblich für die Erträge.
"Für das Jahr 2025 erwarten wir eine stabile und wachsende Rendite im Bereich Value Chain – also im Gebrauchtwagen- und After-Sales-Geschäft. Im Neuwagenbereich spiegelt sich der Wettbewerb im Gesamtmarkt wider", sagt Köhler. Mit anderen Worten: An Neuwagen ist eher wenig zu verdienen.
