Software-definiertes Fahrzeug: So holen die Deutschen auf

Die Auto Shanghai hat so deutlich wie nie zuvor gezeigt: Das Software-definierte Fahrzeug (SDV) wird zur zentralen Zukunftstechnologie. Es kann – anders als alle bisherigen Fahrzeuge – permanent optimiert und erneuert werden. Und dies in sehr kurzen Zeitabständen.

So hat etwa der chinesische Hersteller Lynk & Co in seinen neuen Modellen eine Funktion integriert, die es den Nutzern ermöglicht, Mängel oder Wünsche direkt in die Entwicklungsabteilung zu senden.

In einem konkreten Fall – es ging um das automatische Einklappen der Außenspiegel – vergingen laut Hersteller zwischen Kundenbericht und Installation des Updates over the Air (OTA) nur sechs Wochen. In Europa hätte der Kunde auf die nächste Fahrzeuggeneration warten müssen.

Möglich wird dieses Tempo durch die Kernidee "Software first, car second". Nur dadurch ist den chinesischen Herstellern die hohe Frequenz beim Ausrollen neuer Modelle von teilweise weniger als 18 Monaten und beim permanenten Updaten komplexer Softwarepakete möglich.

Vorreiter dieser Entwicklung ist jedoch Tesla aus den USA. Der E-Pionier kontrolliert nahezu alle Softwarekomponenten selbst und kann OTA-Updates in hoher Frequenz ausrollen.

Auch die chinesischen Hersteller BYD, Geely, Nio und Xpeng investieren massiv in eigene Betriebssysteme und KI-gestützte Funktionen. Deutsche Hersteller holen aber auf und können dabei mit ihrer hohen mechatronischen Kompetenz und mit der Qualität und Robustheit ihrer Systeme punkten.

Wie riskant und kostspielig die SDV-Zukunft ist, zeigt das Scheitern von Ford bei der Entwicklung einer eigenen SDV-Plattform. Anfang des Jahres stoppte der Konzern die Arbeiten an seiner Plattform FNV4 (Fully Networked Vehicle 4).

Der Konzern will jetzt unter dem Oberbegriff FNV3.X Ergebnisse aus der bisherigen Entwicklung in die bestehende Architektur integrieren, statt sie komplett zu ersetzen.

Ein zentrales Thema ist stets die Standardisierung. Die Eclipse Foundation mit ihrer SDV-Arbeitsgruppe, an der neben anderen Bosch, Continental, ZF und Cariad beteiligt sind, versucht, durch Open-Source-Initiativen eine gemeinsame Basis zu schaffen. Dies soll mittelfristig die Abhängigkeit von US- und chinesischen Plattformen reduzieren.

Als zentraler Treiber der SDV-Transformation in Europa sieht sich Bosch. Das Unternehmen hat seine Softwareentwicklung in der Einheit Cross-Domain Computing Solutions gebündelt, die mittlerweile über 20.000 Mitarbeiter beschäftigt. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Entkopplung von Hardware und Software, um die Entwicklung zu beschleunigen.