Slate Auto: Ein Elektroauto wie ein Lego-Bausatz

Das von Amazon-Gründer Jeff Bezos unterstützte Elektroauto-Start-up Slate Auto übt scharfe Kritik an der etablierten Autoindustrie: Die Hersteller würden ihre Fahrzeuge mit Bildschirmen und Extras überladen und sie so von Jahr zu Jahr teurer machen.

Slate wählt bewusst den entgegengesetzten Ansatz: Das Unternehmen bietet einen zweisitzigen Pick-up für unter 30.000 Dollar an – allerdings ohne Lackierung, ohne Stereoanlage und ohne Mittelkonsole. Käufer können fehlende Extras sowie einen Umbausatz zum Crossover später selbst nachrüsten.

Ob US-Kunden allerdings bereit sind, für ein spartanisches E-Auto mit Handkurbeln an den Fenstern und einer Reichweite von nur 150 Meilen, umgerechnet rund 240 Kilometer, bleibt fraglich.

Laut Analysten betritt Slate damit unbekanntes Terrain. Aktuell nimmt das Unternehmen 50-Dollar-Anzahlungen für den Mini-Pick-up entgegen, der Ende 2026 auf den Markt kommen soll.

"Während die Autoindustrie ihre Preise immer weiter in die Höhe treibt, halten wir den Preis für den leeren Slate niedrig", wirbt das Unternehmen auf seiner Website. "Sie zahlen nicht für Pakete und Funktionen, die Sie nie nutzen werden – Sie wählen aus, was Sie wirklich wollen."

Der Basispreis liegt nach Abzug von 7500 Dollar US-Steuervergünstigung bei unter 20.000 Dollar. Allerdings hat Präsident Donald Trump angekündigt, diese Subvention zu kippen.

Die Preise für die geplanten über 100 Zubehörteile hat Slate noch nicht genannt. Eines davon, ein Vinylfolien-Kit zum farblichen Gestalten der unlackierten Karosserie, soll rund 500 Dollar kosten, umgerechnet 440 Euro.

"Es ist zwar beeindruckend, dass sie ein Elektroauto für 20.000 Dollar anbieten wollen, aber wenn man sich anschaut, was es bietet – das ist einfach zu wenig", sagt Karl Brauer, Executive Analyst bei der Gebrauchtwagenplattform iSeeCars.

"Es transportiert zwei Personen 150 Meilen weit. Für das, was man bekommt, ist es eher teuer." Selbst für E-Auto-Fans sei der Gebrauchtwagenmarkt mit günstigen Teslas oft die attraktivere Option.

Slate hat mehrere Autoindustrie-Veteranen verpflichtet, darunter CEO Chris Barman, Ex-Engineering-Vize bei Fiat Chrysler. Der Vertrieb soll direkt laufen, Servicepartner sind noch nicht genannt. Gebaut wird der Pick-up in einer ehemaligen Druckerei in Warsaw, Indiana.

Manche Analysten begrüßen Slates Ansatz dennoch als frischen Wind – auch wenn der Pick-up im Serienzustand kaum mit einem Ford Maverick (ab rund 29.600 Dollar) mithalten kann.

"Dem Slate fehlen fast alle Alltagsfeatures. Aber das ist Absicht", sagt Robby DeGraff vom Beratungsunternehmen AutoPacific. Der modulare "Lego-Ansatz" mit Zubehör könnte vor allem junge Käufer ansprechen.

Ed Kim, Präsident von AutoPacific, sieht jedoch ein Problem: "Ohne Viersitzer-Option schließt Slate 95 Prozent des Neuwagenmarkts von vornherein aus."

Für die Zukunft hofft er auf eine Version mit vier Türen. Auch Preise für ein optionales Batteriepaket (Reichweite bis 240 Meilen) oder das Crossover-Kit mit zweiter Sitzreihe sind noch offen.

Neben Privatkunden könnte Slate vor allem bei Flotten punkten, meint DeGraff: "Wenn sie den Preis niedrig und die Zuverlässigkeit hoch halten, hat das Modell im kommerziellen Bereich gute Chancen."