ZDK-Vize Peckruhn: "Konsolidierung der Kfz-Branche nimmt wieder Fahrt auf"

Rund 1,2 Millionen Neuzulassungen nach fünf Monaten. So schlecht ist der Markt gar nicht – oder?
Thomas Peckruhn: Das vergangene Jahr gestaltete sich mit Blick auf die Aufträge schwierig. Für das Jahr 2024 sind wir diesbezüglich verhalten optimistisch. Der Markt stellt sich sogar etwas besser als erwartet dar. Ich denke, dass wir mit unserer ZDK-Prognose ganz gut liegen und am Jahresende zwischen 2,65 und 2,8 Millionen Pkw-Neuzulassungen landen. Aber der Markt muss differenziert betrachtet werden.

Inwiefern?
Bei reinen Elektroautos sehen wir im Privatmarkt noch immer eine extreme Zurückhaltung. Bei gewerblichen Kunden ist die Nachfrage zufriedenstellend. Dafür sind Dienstwagenregelungen und Nachhaltigkeitsvorgaben in Unternehmen entscheidend.

Wie sieht es mit Verbrennern aus?
Die alte Welt läuft. Auch Hybridfahrzeuge sind gefragt. Das hält nach unserer Einschätzung an. Eine höhere Elektro-Reichweite und das Ende der BEV-Förderungen machen Plug-ins wieder interessanter.

Setzen Hersteller stärker auf Verbrenner als auf Elektroautos?
Bei den meisten Herstellern ist dies so. Zunächst haben die Hersteller die staatlichen Zuschüsse bei Elektroautos übernommen, aber das hat wenig gebracht. Verbraucher interessieren sich nach wie vor für Volumensegmente, also Klein- und Kompaktwagen. Momentan wird hier die Nachfrage durch Hersteller und Importeur mit gezielten Incentives vorangetrieben.

Wie sieht es bei den Händlern mit den Gewinnen aus?
Die Erträge stehen wieder unter Druck. Das Angebot ist wieder größer als die Nachfrage. Aber in den vergangenen Jahren sind die Fahrzeugpreise massiv gestiegen.

Kleinere Segmente, weniger Erträge – das war die Zeit zum Start der 2010er Jahre. Muss sich der Handel auch in Zukunft darauf einrichten?
Nein, wir werden ähnliche Rabattschlachten wie damals schon allein wegen der geringeren Verfügbarkeit in den kleineren Segmenten nicht mehr erleben. Die CO2-Emissionsvorgaben setzen den Herstellern hier Grenzen. Der Kipppunkt im Verkauf findet erst dann statt, wenn in den kleineren Segmenten auch Elektrofahrzeuge verfügbar sind.

Das könnte für die Hersteller zu spät sein, bereits im nächsten Jahr verschärft Brüssel die CO2-Vorgaben wieder.
Wir müssen sehen, was nach der Europawahl passiert. Einige Parteien streben in ihren Wahlprogrammen eine realistische Betrachtung der CO2-Vorgaben an. Dann müssten beispielsweise auch synthetische Kraftstoffe in der Berechnung berücksichtigt werden. Dies würde die Emissionen bei Verbrennern deutlich verändern. Ein Dieselfahrzeug emittiert durch die Nutzung des Kraftstoffs HVO100 etwa 90 Prozent weniger CO2. Wenn die Politik weg vom fossilen Kraftstoff will, dann muss sich auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen.

Inwiefern?
Die Produktion von HVO100 muss sich lohnen. Italien zeigt, wie dies gehen kann. Hier kostet ein Liter HVO100 rund 20 Cent weniger als ein Liter fossiler Dieselkraftstoff. Wer will, dass der Autoverkehr zum Klimaschutz beiträgt, der muss nicht gegen das Auto kämpfen, sondern dafür sorgen, dass die Emissionen nach unten gehen.

Chinesische Hersteller bieten kleine, günstige E-Autos bereits vereinzelt an. Warum stoßen diese auf wenig Interesse beim Verbraucher?  
Viele Verbraucher kennen die Hersteller noch nicht. Zudem sind sie mit ihren Geschäftsmodellen für viele Kunden kein Treiber, sondern eher ein Hemmnis. Wenn jetzt auch noch EU-Strafzölle drohen, werden sie weiter ausgebremst. Denn dann werden die Fahrzeuge teurer. Die Preisvorteile, von denen sie bislang profitieren, relativieren sich.

Was bedeutet dies für die Vertriebspartner in Deutschland?
Die Fahrzeuge lassen sich schwerer verkaufen. Man muss sich künftig genauer überlegen, ob sich dies lohnt. Gerade von den Top-100-Autohausgruppen haben sich viele entschieden, eine chinesische Marke hinzuzunehmen. Das hat in der Regel einen Grund, dass er beispielsweise sein Angebot erweitern will oder sich die eigene Marke nicht wie erwartet entwickelt.

Im vergangenen Jahr sind die Top-20-Händler wieder deutlich stärker gewachsen als die Branche. Setzt sich der Trend fort?
Das ist nicht neu. Große Gruppen erweitern sich ständig. Die Konsolidierung der Branche nimmt wieder deutlich an Fahrt auf. Während der Krisenjahre lagen viele Gespräche auf Eis, das hat sich nun wieder geändert.

Haben Familienbetriebe künftig noch eine Chance?
Größe allein ist keine Garantie für Erfolg. Entscheidend sind Flexibilität, Prozesssicherheit im Unternehmen sowie die Fähigkeit, schnelle Entscheidungen zu treffen und umzusetzen.