BMW: Für Norbert Reithofer ignoriert Großaktionär Stefan Quandt kurz das Protokoll

Stefan Quandts öffentliche Auftritte sind rar. Bei BMW ist der Milliardär stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und Großaktionär. Keine relevante unternehmenspolitische Entscheidung fällt, ohne dass "die Familie" einbezogen wird, zuvorderst vertreten durch Stefan Quandt und seine Schwester Susanne Klatten.

Für die Verabschiedung von Norbert Reithofer gab Quandt ausnahmsweise seine Zurückhaltung bei öffentlichen Auftritten auf – es schien dem Großinvestor ein echtes Bedürfnis zu sein. Dafür unterbrach Quandt eigens das sonst übliche Protokoll der Hauptversammlung, damit auch die Öffentlichkeit noch die Chance hatte, der Würdigung Reithofers zu folgen.

Wie schon zuvor CEO Oliver Zipse würdigte Quandt den nach 38 Jahren BMW in den Ruhestand tretenden Reithofer als wichtigen Architekten des modernen BMW-Konzerns und erinnerte an die maßgeblichen strategischen Weichenstellungen und Entscheidungen in den Jahren 2006 bis 2015, als Reithofer den BMW-Konzern als Vorstandsvorsitzender führte.

Exemplarisch hob Quandt dabei den Aufbau des weltweiten Produktionsnetzwerkes hervor, die Umsetzung der Strategie "Number One" und den Einstieg in die Elektromobilität mit dem Projekt i.

Und natürlich freut es den Großaktionär Quandt, dass Reithofer mit seiner weitsichtigen und innovativen Unternehmensführung die Position von BMW als führender Premiumanbieter und die wirtschaftliche Stärke ausgebaut hat.

Besonders ging Quandt auf die herausragende Expertise des Ex-CEOs und scheidenden Aufsichtsratsvorsitzenden in der Fahrzeugproduktion ein. So sei das unter Reithofer geschaffene, weltweite Produktionsnetzwerk durch seine regionale Aufstellung, Flexibilität und Effizienz fester Bestandteil der BMW-DNA.

Die aktuelle geopolitische Lage und der langsamer als gedacht verlaufende Wandel zur Elektromobilität belasten BMW ebenso wie andere Hersteller. In dieser Situation bewährt sich die Flexibilität als "goldene Regel" für den jetzt verfolgten technologieoffenen Ansatz.

"Technologieoffenheit", so Quandt, sei für Reithofer auch als Aufsichtsrat im übertragenen Sinne ein Leitmotiv gewesen. Mit dem bald 69-Jährigen habe man sich immer konstruktiv auseinandersetzen können, stets habe er sich seinen Innovationsgeist bewahrt, ebenso die kritische Sicht auf die Dinge. So sei Reithofer in den zehn Jahren als Aufsichtsratsvorsitzender ein "wichtiger Sparringspartner für den Vorstand" gewesen.

Nur an einem Punkt widersprach Quandt Reithofer. Dieser hatte in einem seiner raren Interviews gesagt, dass man ein Unternehmen immer strategisch führen müsse, nicht emotional. Freilich gab es dazu keinen Widerspruch, aber: "Auf dem Weg zu strategischen Entscheidungen schaden Emotionen nicht."

"Im Namen meiner Familie und aller Aktionärinnen und Aktionäre danke ich Ihnen für Ihre großartige unternehmerische Leistung, die das Unternehmen an die Position gebracht hat, an der es heute steht", sagte Quandt zum Abschluss.

Der sichtlich gerührte Reithofer zeigte auch im Abschied, was ihn immer ausgezeichnet hatte: Er nahm sich persönlich nicht zu wichtig: "Es ist und war mir eine Freude, Teil dieser BMW-Mannschaft zu sein und ich fühle mich geehrt, Teil der Erfolgsgeschichte zu sein." Die rund 3500 Teilnehmer der Hauptversammlung verabschiedeten Reithofer mit stehendem Applaus.