Schnellladen: Heidelberg Druckmaschinen mischt im Markt mit

Der Zulieferer Amperfied steigt in den Markt für Schnellladelösungen inklusive Serviceleistungen ein. Dazu hat das Tochterunternehmen der Heidelberger Druckmaschinen AG unter dem Namen Amperfied Dynamic DC jüngst erstmals eine modulare DC-Schnellladelösung vorgestellt.

Jürgen Otto, Vorstandschef von Heidelberg, sieht Amperfied bei Entwicklung, Produktion und Service auf Industrieniveau. "Darunter verstehen wir, dass Qualität und Service eine maximale Verfügbarkeit der Produkte ermöglichen", sagte der ehemalige CEO von Brose.

Heute seien die Ausfallraten von Ladepunkten im Markt noch viel zu hoch, qualitativ werde derzeit im Feld kein industrielles Niveau erreicht, beklagt der Heidelberg-Chef. "Wenn die Anzahl der E-Fahrzeuge sukzessive steigt, wird das Problem zunehmend deutlicher werden."
 
Europaweit gibt es laut Amperfied kein heterogenes Bild bei den Ladepunkten. "Grundsätzlich haben aber selbst Länder mit hoher Verfügbarkeitsquote Ausfallraten von bis zu fünf Prozent. Dazu kommen dann noch vorzeitige Ladeabbrüche während des Ladevorgangs", erklärt Amperfied-Geschäftsführer Robin Karpp.

In England habe das dazu geführt, dass es mittlerweile gesetzliche Vorgaben gebe, welche Verfügbarkeit erreicht werden muss. "Das wird auch in anderen Ländern so kommen, wenn bei den Verfügbarkeitsraten der Ladestationen nicht gegengesteuert wird", ist er überzeugt. Zu den Wettbewerbern im Ladebereich zählen beispielsweise Unternehmen wie Mahle ChargeBig, Mennekes Elektrotechnik, Kostal Solar Electric oder Weidmüller.

Die für den europäischen Markt konzipierte Gleichstrom-Ladelösung soll ihren Marktstart ab 2026 in der DACH-Region haben. "Statt die reine Hardware zu kaufen, zahlen unsere Kunden nur, wenn sie tatsächlich Energie verkaufen können. Wir sind für eine funktionierende Ladeinfrastruktur verantwortlich. Die Betreiber müssen sich nur um die Auslastung des Ladeparks kümmern", erläutert Karpp.

Zielkunden des Unternehmens sind öffentliche Ladeparkbetreiber, sowohl für Pkw als auch für Lkw, oder Logistiker, die einen hohen Anspruch an die Verfügbarkeit der Ladepunkte haben. "Vor allem bei Lkw gibt es häufig nur kurze Zeitfenster, in denen nachgeladen werden muss", so der Amperfied-Chef.
 
Der Heidelberg-Konzern hat nach der Finanzkrise 2008/2009 nach Möglichkeiten gesucht, um die vorhandenen Fertigungsstrukturen besser auszulasten. Know-how und Ressourcen in der Druckmaschinenfertigung sollten für Produkte anderer Branchen genutzt werden.

Die Heidelberger Druckmaschinen AG war eigenen Angaben zufolge europaweit der erste Serienlieferant von Ladekomponenten für die Automobilindustrie. Der erste Kunde: Porsche mit dem Modell Panamera Hybrid. Ab 2018 vermarktete der Konzern Ladekomponenten unter eigenem Namen. Das waren Wallboxen für den Heimbereich. "Bis heute beliefern wir die Automobilindustrie mit Ladekomponenten oder Kabeln bis hin zu mobilen Lademöglichkeiten", erklärt Karpp.

Mit dem Start der Förderungen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW von privaten Ladepunkten sei das Geschäft regelrecht explodiert. "Unser Marktanteil im privaten Ladebereich in Deutschland lag zwischenzeitlich bei rund 20 Prozent", so Karpp.

Weil die Technologie bei AC-Wallboxen keine besonders hohen Markteintrittshürden darstelle und das Umsatzpotenzial daher begrenzt sei, habe sich der Konzern 2021 entschieden, den nächsten Schritt zu gehen. Karpp: "Wir wollen nicht nur die Hardware liefern, sondern dem Kunden einen funktionierenden Ladepunkt mit komplettem Service anbieten."

Zu den Services für Ladepunkte gehören beispielsweise Abrechnungsmöglichkeiten über ein Software-Backend, Ladepunktemanagement für Fuhrparks sowie die Wartung und Instandhaltung von Ladeinfrastruktur. "Eigentlich will der Geschäftskunde keinen Ladepunkt besitzen, sondern er möchte die Serviceleistung, dass seine Fahrzeuge zuverlässig geladen werden können", ist Karpp überzeugt.

Der Heidelberg-Konzern verfügt weltweit über rund 2300 Servicemitarbeiter. "Damit haben wir ein seit Jahrzehnten gewachsenen, hocheffizientes Servicenetzwerk in über 170 Ländern", betont Otto. Bei den Kunden für Druck- und Verpackungsmaschinen schaffe es das Unternehmen, innerhalb von zwei bis vier Stunden mit einem Servicetechniker vor Ort zu sein.

"Wir können unsere Kunden auch mit Ersatzteilen bis spätestens am Morgen des nächsten Tages versorgen. Dieses Servicenetzwerk übertragen wir auf die Ladetechnik", so der Heidelberg-Chef. Das seien dieselben Mitarbeiter, die dann statt eines Druckmaschinen-Elektronik-Schaltschranks eine Schnellladestation warten. "Das heißt, wir nutzen die vorhandene Expertise unseres trainierten Personals."

Aktuell bediene das Unternehmen im Wesentlichen die DACH-Region, habe aber immer den gesamten europäischen Markt im Blick. Größter Kunden in der Betriebsführung von Ladeinfrastruktur ist das Softwareunternehmen SAP.

Bei den Erlösen gibt sich das Unternehmen bedeckt. "Zu Beginn unserer Aktivitäten lag der Umsatz für Ladetechnik im knapp zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Angaben dazu, wo wir heute bei den Erlösen liegen, machen wir nicht", erklärte Karpp.