Schnelles und unkompliziertes Aufladen ist entscheidend für den Durchbruch der Elektromobilität. Die Mahle-Tochter ChargeBig hat ein System zum kabellosen Laden entwickelt, das von den USA zum Standard erhoben worden ist. Mahle-Chef Arnd Franz erklärt im Interview, wo die Stärken der Technik liegen und wann er damit Geld verdienen will.
Herr Franz, Mahle hat mit ChargeBig eine eigene Ladetochter. Auf welchen Markt zielen Sie damit?
ChargeBig ist 2016 als Corporate-Start-up aus unserem Konzern-Incubator-Programm hervorgegangen. Es war die Idee von Mahle-Mitarbeitenden, eine kabelgebundene Lösung für AC-Laden (Laden mit Wechselstrom) mit intelligentem Verteilersystem und Lastmanagement zu entwickeln.
Wir konzentrieren uns auf die Anwendungen, bei denen Zeit nicht der limitierende Faktor ist – also dort, wo Fahrzeuge länger stehen, etwa zuhause, am Arbeitsplatz, an Bahnhöfen oder Flughäfen. Dort finden 80 Prozent aller Ladevorgänge statt. Heute ist ChargeBig am Markt etabliert, und es sind bereits mehrere Tausend Ladepunkte installiert.
Welche Regionen haben Sie im Blick?
Der Fokus liegt momentan auf Deutschland. Aber wenn der Straßenverkehr in Europa CO2-neutral gestaltet werden soll, werden natürlich Ladelösungen für ganz Europa benötigt. Das gehen wir Schritt für Schritt zu gegebener Zeit an. ChargeBig ist ein kleines, junges Team. Wir wachsen gesund und fokussiert.
Wie sieht es mit den anderen Weltregionen aus?
Das wäre erst der übernächste Schritt. China ist zum Beispiel sehr wettbewerbsintensiv. Dort sehen wir momentan kein Betätigungsfeld für uns.
Verdienen Sie mit der Ladetechnik Geld?
Wir investieren weiterhin in ChargeBig und gehen davon aus, dass wir in einem relativ kurzen Zeitraum, also innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre, den Break-even erreichen. ChargeBig bietet einige Differenzierungsmerkmale mit technischen Vorteilen, die viele Wettbewerber nicht bieten können.
Und die wären?
Unsere große Stärke liegt in der Anpassungsfähigkeit an vorhandene Infrastrukturen beim Stromanschluss und in den damit verbundenen niedrigen Investitionskosten sowie in ausgeprägt nutzerorientierten Bedienkonzepten. Die gesamte Technik ist in einem zentralen Schaltschrank untergebracht.
Wir können je nach Variante zwischen zwei und 36 Fahrzeuge gleichzeitig laden – je nach Anforderung der Kunden. Dabei können die Systeme beliebig kombiniert und erweitert werden. Unsere Ladesysteme sind sehr schlank. Die kleinste Wallbox der Welt kommt von ChargeBig.
Wir bieten mittlerweile auch eine mobile Lösung an, die etwa auf Baustellen oder bei Veranstaltungen sofort und ohne aufwändige Installation zum Einsatz kommen kann. Alles natürlich mit dynamischem Lastmanagement, damit der jeweils vorhandene Stromanschluss nicht überlastet wird, und mit eichrechtskonformer Abrechnung für die einzelnen Nutzer.
Warum legen Sie den Fokus auf das AC-Laden?
Im High-Power-Charging herrscht ein sehr hoher Wettbewerb. Dort beschränken wir uns auf die Zulieferung von Komponenten, beispielsweise auf die hocheffiziente Kühlung von Elektronik oder Hochleistungskabeln. Zudem macht der Bereich nur 20 Prozent der Ladevorgänge aus. Deshalb schätzen wir den AC-Lademarkt auf mittlere Sicht für Mahle als attraktiver ein.
Bislang funktioniert das Geschäft nach unseren Vorstellungen. Wir sind mit einer eher konservativen Planung gestartet. Das Team ist hoch motiviert. Wir wollen einen Beitrag zum Hochlauf der E-Mobilität leisten. Da spielt die Verfügbarkeit von Ladepunkten an den im Alltag hochfrequentierten Orten eine maßgebliche Rolle.