Wie AMG Fahrspaß und Elektroantrieb miteinander versöhnen will

Die Mercedes-Sportwagentochter AMG hat mit dem seriennahen Showcar AMG GT XX ihr erstes Modell auf der rein elektrischen Plattform AMG.EA vor­gestellt. Es soll 2026 auf den Markt kommen. Dazu kommen in den nächsten Jahren zahlreiche Derivate der Mercedes-Produkt­offensive. Sie umfasst bis 2027 über 20 Neuheiten.

"Mit diesen neuen Modellen sind wir zuversichtlich, unsere ambitionierten Wachstumsziele erreichen zu können. Dies hängt ein Stück weit aber auch von den geopolitischen Rahmenbedingungen ab", sagte AMG-Chef Michael Schiebe der Automobilwoche.

Investoren gegenüber hatte AMG zuvor ein Ziel in der Größenordnung von rund 200.000 Fahrzeugen zu Beginn der nächsten Dekade genannt. Im vergangenen Jahr lag der Absatz bei rund 140.000 Einheiten, 2022 bei rund 138.000 Einheiten.

Es handelt sich dabei um besonders margenträchtige Fahrzeuge, die überproportional zum Gewinn beitragen.

Bei AMG in Affalterbach arbeiten rund 2600 Mitarbeiter. Gerade wird dort ein neuer Software-Hub erstellt, in den rund 700 Entwickler von AMG einziehen sollen. Schiebe sieht das eigene Betriebssystem für AMG als Differenzierungsfaktor für die Zukunft.

Aber nicht nur bei der Software bedeutet die neue Plattform einen historischen Technologiesprung. Angetrieben wird der AMG GT XX von Axialfluss-Motoren, die von der britischen Tochter Yasa entwickelt wurden und zusammen mehr als 1000 kW (1360 PS) erzeugen, 300 PS mehr als der AMG One mit Formel-1-DNA.

Zwei der Motoren sitzen hinten, ­einer vorn. Damit dürfte der Sprint auf Tempo 100 locker in zwei Sekunden gelingen, auch wenn Mercedes dazu keine Angaben macht. Der Vortrieb endet bei über 360 km/h, die Leistung kann permanent abgerufen werden.

Neben dem Design soll sich das neue Modell auch durch einen ausgeklügelten Sound auszeichnen. Schiebe verspricht typische AMG-Emotionen. So seien beispielsweise amerikanische Händler, bekannt für ihre Treue zum V8-Motor, bei einer Probefahrt begeistert gewesen.

Die Produktion des Axialfluss-Motors im Berliner Werk Marienfelde umfasst etwa 100 Produktionsprozesse, von denen 65 neu für Mercedes-Benz sind und 35 weltweit erst­malig angewendet werden.

Zur Reichweite sagt Mercedes zwar nichts, die Batterie soll aber eine normale Größe haben, also zwischen 80 und 100 kWh Kapa­zität. Dank einer Spannung von über 800 Volt kann der Akku mit bis zu 850 kW geladen werden.

"Mit dem Auto wollen wir die traditionellen Kunden ansprechen, aber auch weitere Kunden für die Marke begeistern", so Schiebe. "Deshalb haben wir zum ersten Mal in diesem Segment auch ein SUV geplant, das komplett bei AMG entwickelt wurde. Bisher setzen wir hier auf Derivate wie einen GLE 63.“

Der AMG GT XX ist als Nachfolger des AMG GT Viertürer vorgesehen, der als Verbrennermodell derzeit noch beim Auftragsfertiger Valmet in Finnland produziert wird.

Obwohl sich ­Rivalen wie Porsche mit dem elektrischen Taycan derzeit schwertun, sieht Schiebe Potenzial: "Das beste ­Rezept in einem kompetitiven Umfeld ist ein überlegenes Produkt, wie es der AMG GT XX ist."

Genau deshalb sei AMG mit dem neuen Auto auch so hoch gesprungen. Dann könne der Markt mitentwickelt werden. Die Erfolgsformel ist aus Schiebes Sicht einfach: "In erster Linie muss es ein AMG sein, die Art des Antriebs ist zweitrangig."

Zu Stückzahlen äußerte er sich nicht, sagte aber: "Wir wollen mit diesem Fahrzeug nicht nur einen Markenauftrag erfüllen, sondern ganz klar einen Mehrwert für das Unternehmen schaffen."

Jedes Modell müsse für sich wirtschaftlich sein. Zum Preis macht AMG noch ­keine Angaben. Er soll sich laut Schiebe aber im Rahmen des Vorgängers bewegen.

Neben den USA und Europa soll China nach wie vor ein wichtiger Markt für AMG bleiben, obwohl sich Mercedes, aber auch BMW, Audi oder Porsche bei rein elektrischen Modellen angesichts der lokalen Konkurrenz derzeit schwer tun.

Wichtig sei es in diesem Fall, mit dem besten Paket an den Start zu gehen und die Kunden zu überzeugen.

Trotzdem wird AMG auch weiterhin die Verbrenner-Motoren pflegen, die viele Fans mit der Sportwagenmarke verbinden. "Wir entwickeln den V8 auf der Leistungsseite weiter und machen ihn fit für die EU7-Norm", so Schiebe.

Gleichzeitig sollen auch die Sechszylinder und Vierzylinder im Programm bleiben, um ein breites Leistungsspektrum abzubilden. Bei elektrischen Mercedes-Fahrzeugen dürften je nach Preisklasse in Zukunft auch Komponenten des AMG GT XX zu finden sind, auch wenn Schiebe zum Transfer in die reguläre Produktpalette keine genauen Angaben machte.