VW Touareg vor dem Aus: VWs Premium-Ära geht zu Ende

Für Prestige-Projekte hat VW derzeit kein Geld mehr. In Wolfsburg wird jeder Euro zweimal umgedreht, jedes Projekt hinterfragt. Insider berichteten der Automobilwoche, man sei froh, dass die neue Elektro-Plattform SSP schon vor dem großen Spardiktat beschlossen wurde – in der aktuellen Lage wäre ein Go eher unwahrscheinlich.

Während die Controller also genau überlegen, wofür sie derzeit Gelder freigeben, dürfte ihnen jedes eingestellte Projekt zugute kommen. Schon seit geraumer Zeit steht das zeitnahe Aus des ID.5 im Raum, der anders als sein Schwestermodell im kommenden Jahr kein Facelift mehr bekommen soll. Und auch das große SUV Touareg soll schon bald Geschichte sein.

Einem Bericht von Autocar zufolge soll schon 2026 die Produktion des Oberklasse-SUVs eingestellt werden, ein Nachfolger sei nicht in Sicht. VW selbst hat dies noch nicht bestätigt. Der Schritt würde allerdings endgültig das Ende von VWs Premium-Ära bedeuten.

Der Touareg wurde 2002 quasi zeitgleich mit dem Limousinen-Flaggschiff Phaeton eingeführt. Während die Limousine ohne Nachfolger blieb und nach 15 Jahren Bauzeit 2016 ihr Ende fand, fährt der Touareg inzwischen bereits in dritter Generation vom Band.

Anders als beim Phaeton, der nur ganz wenige Schnittmengen mit dem Audi A8 hatte, sind die Synergien beim Touareg deutlich höher. Entwickelt wurde das SUV gemeinsam mit Porsche, die auf der gleichen Plattform den Cayenne aufsetzten. Drei Jahre später sprang auch Audi mit dem Q7 auf den Zug auf. Inzwischen nutzen auch Bentleys Bentayga und Lamborghinis Urus den Unterbau.

Wirklich überraschend kommt das Ende des Touareg, der in der aktuellen Generation auch schon wieder seit 2018 gebaut wird, allerdings nicht. Ab Ende 2027 müssen alle neu zugelassenen Fahrzeuge in der EU die Euro-7-Abgasnorm erfüllen.

VW hätte also nochmal viel Geld investieren müssen, um das SUV zukunftstauglich zu machen. Porsche geht diesen Schritt und will den Cayenne parallel zum neuen Elektro-Modell, das kommendes Jahr auf den Markt kommt, auch mit Verbrenner weiterlaufen lassen. 

Die Stuttgarter haben allerdings auch starken Handlungsdruck: Die E-Mobilität läuft nicht so schnell hoch, wie die Strategen in Zuffenhausen erwartet haben. In der Zwischenzeit brauchen sie starke Benziner-Alternativen.

VW wiederum hat die Alternative im eigenen Stall: den neuen Tayron. Früher als Tiguan Allspace geführt, wurde die XL-Version des beliebten SUVs mit der Neuauflage dieses Jahr eigenständiger. Und sie rückte nahe an den Touareg heran. 

Mit 4,79 Meter Länge ist der Tayron nur elf Zentimeter kürzer als sein großer Bruder. Anders als der Touareg nimmt er dafür bis zu sieben Passagiere auf. Mit dem MQB evo nutzt er zudem die deutlich modernere Plattform. Und: Er ist erheblich günstiger. Der Tayron ist bereits ab rund 45.000 Euro zu haben, für den Touareg ruft VW knapp 30.000 Euro mehr auf.

Der hohe Preis dürfte auch der Grund sein, warum VW der Touareg zuletzt nicht mehr in den USA verkauft wurde. Als größtes SUV wäre er eigentlich für Nordamerika prädestiniert, hatte aber zuletzte gegen die günstigere einheimische Konkurrenz keine Chance mehr. Stattdessen hat VW für den US-Markt den billigeren (und noch größeren) Atlas entwickelt. 

In Deutschland wurden im ersten Halbjahr noch 3345 Touareg zugelassen, weniger Einheiten machte nur der VW Crafter. Zum Vergleich: Vom Tayron hat VW 10.800 Stück unters Volk gebracht.

Wie viele Touaregs VW weltweit zuletzt verkauft hat, ist nicht bekannt. Fakt ist aber: Auch im wichtigen chinesischen Markt dürfte die Nachfrage nachgelassen haben. Der Luxus-Markt im Reich der Mitte ist eingebrochen, und VW selbst hat auch hier inzwischen günstigere Verbrenner-Alternativen im Angebot.

Offen ist, was die Entscheidung gegen den Touareg für das Werk in Bratislava bedeutet. Dort wird der VW zusammen mit Porsches Cayenne und Audis Q7 gebaut.

Audi allerdings plant, die nächste Generation des Q7 auf der PPC-Plattform (Premium Platform Combustion) zu bauen. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Modularen Längsbaukastens, die aktuell schon Q5 und A5 nutzen.

Ob Volkswagen die PPC-Plattform in Bratislava extra für den neuen Q7 (und seinen Coupé-Ableger Q8) einrichtet, ist fraglich. Ein neuer Verbrenner-Cayenne ist derzeit wohl nicht geplant und auch Bentley und Lamborghini arbeiten an elektrischen SUVs und werden kaum in eine nächste Generation von Bentayga oder Urus investieren. 

Denkbar also, dass im slowakischen Werk bald nur noch der Cayenne vom Band läuft. Die freien Kapazitäten könnten unter anderem durch VW Passat und Skoda Superb aufgefangen werden, die inzwischen dort gefertigt werden. Der neue Q7 wiederum könnte theoretisch aus Mexiko kommen; dort wird auch der Q5 auf gleicher Plattform gebaut.