Porsche verordnet sich Rückbesinnung auf Verbrenner

"Wir wollen Porsche grundlegend weiterentwickeln", erklärt CEO und Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen des Autobauers.

Die sind auf den ersten Blick alles andere als rosig: Die Auslieferungen gingen um 6,1 Prozent zurück, der Umsatz um 6,7 Prozent und das operative Ergebnis bricht um satte 67 Prozent auf 1,01 Milliarden Euro ein.

Die Autosparte allein, ohne die Finanzsparte, fährt sogar ein Minus von über 71 Prozent ein, das operative Ergebnis sinkt auf rund 800 Millionen Euro. Unterm Strich hat Porsche im ersten Halbjahr 718 Millionen Euro verdient; in den ersten sechs Monaten 2024 waren es noch 2,2 Milliarden Euro.

Für die operative Umsatzrendite bedeutet das: Sie sinkt auf 5,5 Prozent nach sechs Monaten, verglichen mit 15,7 Prozent im Vorjahreszeitraum. Nie war Porsche weiter weg vom Allzeithoch der Jahre 2022 und 2023, wo das Management, beflügelt von 18 Prozent Marge, sogar die 20-Prozent-Marke als Ziel ausgerufen hatte. 

Doch die Zeiten haben sich geändert: "Wir haben es weltweit weiterhin mit erheblichen Herausforderungen zu tun. Es ist kein Unwetter, das vorüberzieht. Die Welt verändert sich massiv – und vor allem anders als noch vor einigen Jahren erwartet", erklärt Blume. Einzelne strategische Entscheidungen von damals erschienen heute in einem anderen Licht, so der Doppel-Boss.

Geändert haben sich vor allem drei Dinge: das Geschäft in China schwächelt anhaltend, die US-Zölle belasten die Bilanz und die Nachfrage nach E-Autos ist nicht so groß wie noch vor einigen Jahren vorhergesagt.

Auf diese Prognosen hin hat Porsche allerdings sein Portfolio ausgerichtet. Eine Entscheidung, die damals richtig gewesen sein mag, den Konzern heute aber viel Geld kostet.

Denn: Die Stuttgarter setzen gerade alles dran, bei den Verbrennern wieder Boden gut zu machen. Heißt: Cayenne und Panamera werden befähigt, bis in die 30er-Jahre weiter auch mit Benzin zu laufen, ein Nachfolger für den eingestellten Otto-Macan soll in Windeseile auf die Räder gestellt und das Angebot an 911-Derivaten ausgebaut werden.

Rückblickend, konstatiert Blume, hätte man das Unternehmen vielleicht noch flexibler zwischen Verbrennern, Hybriden und BEVs aufstellen müssen. Von einem Scheitern der E-Autos bei Porsche will der Doppel-Boss aber nichts wissen: "Elektromobilität passt perfekt zu Porsche", stellt Blume klar. 

Der Hersteller verzeichnet auf diesem Gebiet durchaus Erfolge. 57 Prozent aller Porsche in Europa sind BEVs oder Hybride, reine E-Autos machen 36 Prozent aus. Damit ist Porsches Stück vom Elektro-Kuchen größer als bei den meisten Wettbewerbern. Allein: "Der Kuchen ist deutlich kleiner, als angenommen", so Blume. Das belastet auch die Zulieferer, deren Ausfälle Porsche zum Teil kompensieren muss.

Dennoch: Der Ausbau der E-Palette geht weiter. Schon bald kommt der BEV-Cayenne auf den Markt und mit Hochdruck arbeiten die Stuttgarter an den elektrischen 718-Nachfolgern.

Die "Einstiegs-Sportwagen" sollten eigentlich schon in den Startlöchern stehen, mussten aber aufgrund des Northvolt-Ausfalls verschoben werden, bis ein neuer Akkulieferant gefunden ist. Man arbeite straff daran, "das Fahrzeug in absehbarer Zeit auf den Markt zu bringen", erklärt Blume auf Nachfrage der Automobilwoche. Das dürfte allerdings erst 2027 der Fall sein.

Noch deutlich unkonkreter wird Porsche, wenn es um das große Luxus-SUV über dem Cayenne, intern K1 genannt, geht. Das D-Segment sei weiterhin ein Ziel für Porsche, sagt Blume, das man aber erst in den 30er-Jahren bedienen werde – ursprünglich war noch vom Ende des Jahrzehnts die Rede. Aktuell sei man noch in der Diskussion, ob der größte Porsche wie ursprünglich geplant als reiner Stromer komme oder mittelfristig eventuell doch mit Verbrennerunterstützung.

Große Hoffnungen für das Top-Luxus-Modell lagen vor allem in China. Die dürften in Anbetracht der aktuellen Wirtschaftskrise im Reich der Mitte aber erstmal zerstreut sein.

Zwar laufen die Verbrenner dort noch gut, und damit das so bleibt, investiert Porsche ordentlich in ein Upgrade für Cayenne und Panamera: Beide Modelle werden im kommenden Jahr unter anderem mit einem neuen, "chinesischen" Infotainmentsystem aufgerüstet. Den günstigen, einheimischen Elektroautos kann Porsche allerdings nichts entgegensetzen. 

Anpassung lautet deshalb die Devise. Statt 100.000 Einheiten verkauft Porsche nur noch rund 40.000 Fahrzeuge in China. Das heißt: Das Händlernetz vor Ort muss schrumpfen.

Aber auch in Deutschland, wo alle Porsche-Fahrzeuge gebaut werden, müssen Strukturen und Kapazitäten angepasst werden. Allein durch die Probleme in China fehlen Porsche 20 Prozent seines Volumens. Ziel müsse es sein, unter diesen Rahmenbedingungen wieder mehr Geld zu verdienen.

Das geht vor allem durch Kostensenkungen: Nach einer ersten Sparrunde zu Beginn des Jahres, die knapp 4000 Stellen betrifft, hat der Autobauer bereits eine zweite angekündigt.

Details verrät Porsche noch nicht, man werde im zweiten Halbjahr mit der Arbeitnehmerseite verhandeln. Finanzchef Jochen Breckner macht aber klar: "Es wird schmerzhafte Einschnitte geben müssen". 

Die US-Zölle wiederum lassen sich nicht allein durch Sparmaßnahmen kompensieren. Im zweiten Quartal kosteten die seit Anfang April von 2,5 auf 27,5 Prozent gestiegenen Abgaben den Konzern rund 400 Millionen Euro zusätzlich.

Auf das Gesamtjahr gerechnet geht Porsche – sollte der 15-Prozent-Deal mit der EU zum August in Kraft treten – von "einem hohen dreistelligen Millionenbetrag aus".

Ganz allein will der Autobauer die Kosten aber nicht tragen. Schon zum Juli hat Porsche seine Preise um 2,3 bis 3,6 Prozent erhöht – außerplanmäßig, also abseits von der Einführung eines neuen Modells oder den turnusmäßigen Erhöhungen zum Modelljahrwechsel.

Eine weitere Preisrunde ist in Arbeit, oder wie es Breckner formuliert: Man werde das "Portfolio auf der Preisseite anders positionieren." Eine Fertigung in den USA schließt Porsche aufgrund der geringen Stückzahlen Stand heute weiterhin aus.

E-Mobilität, China, USA – drei großen Baustellen, die Porsche derzeit belasten. Zum Halbjahr geht das Unternehmen von 1,1 Milliarden Euro Sonderaufwendungen aus, für die strategische Neuausrichtung (200 Millionen Euro), die US-Zölle und vor allem für das Batteriegeschäft mit Cellforce (500 Millionen Euro), aus dem sich der Hersteller zurückzieht. 

Die Pläne zum Ausbau der Produktion von Hochleistungsbatterien durch die Cellforce Group werden nicht eigenständig weiterverfolgt, erklärte Porsche schon im April, eine Skalierung lasse sich nicht wirtschaftlich darstellen.

Ursprünglich wollte Porsche in der neu errichteten Zell-Fabrik bei Tübingen bis zu 1,3 Gigawattstunden jährlich produzieren. Immerhin: Zumindest die Fertigung der Hochleistungszellen für den Hybrid-911er läuft nach der Übernahme der Varta-Tochter V4Smart im ersten Quartal inzwischen gut an.

Oliver Blume bemüht sich um Schadensbegrenzung: "Wirtschaftlich sieht das erheblich aus", kommentiert er die Zahlen, das sei ”aber kein Drama". "Wir wissen genau was wir tun", erkärt der Konzernlenker. 2025 sei stark von strategischer Neuausrichtung geprägt, für 2026 erwartet Blume wieder ein "wirtschaftliches Momentum".

Für 2025 hat Finanzchef Breckner die Prognose moderat angepasst. Weiterhin geht Porsche von 37 bis 38 Milliarden Euro Umsatz aus. Die Rendite soll zwischen fünf und sieben Prozent liegen. Im Mai hatte Porsche das Ziel bereits auf 6,5 bis 8,5 Prozent gesenkt, im Februar waren noch zehn bis zwölf Prozent im Gespräch.

Neben den Zöllen schlägt im zweiten Halbjahr vor allem die strategische Neuausrichtung ins Kontor, die den Konzern insgesamt in diesem Jahr gut 1,3 Milliarden Euro kosten dürfte.

Die vor Jahren ausgegebenen 20 Prozent seien inzwischen mehr eine "generelle Ambition", so Breckner auf Nachfrage. Dieses Fernzielt sei wenn überhaupt erst im nächsten Jahrzehnt erreichbar und nur, wenn sich die geopolitschen Rahmenbedingungen ändern würden. 

Blume rechnet allerdings vor, dass Porsche ohne die USA-Thematik und die Restrukturierungskosten auch heute noch eine zweistelligen Rendite von rund zwölf Prozent hätte – trotz der Schwäche in China. In Anbetracht der Herausforderungen seien Renditen unter 18 Prozent sogar höher einzuschätzen, als die früher erreichte Marge.

Ob Oliver Blume mit diesem Optimismus auch die Investoren überzeugen kann, ist fraglich. Die fordern den Chef schon lange auf, sich auf eine Rolle voll zu konzentrieren und Personalunion von Volkswagen- und Porsche-CEO aufzulösen. Blume hält Mantra-artig dagegen, dass beide Unternehmen derzeit von der Doppelrolle profitierten – und das sie ja nicht auf Dauer angelegt sei.  

Derzeit wirkt es allerdings nicht so, als würde Blume den Porsche-Posten zeitnah räumen. Dieser Schritt folge, wenn "wesentliche Themen rum sind", so Blume. Bis dahin wolle er die Neuaufstellung mit seiner zehnjährigen Erfahrung als Porsche-Chef vorantreiben. Da Vertrauen der Aufsichtsräte, heißt es aus Stuttgart, habe er.