Northvolt-Pleite, Varta: Porsche hat ein großes Batterie-Problem

Porsche kämpft derzeit an vielen Fronten: Bei der Bilanzpressekonferenz vor wenigen Wochen musste Porsche-Chef Oliver Blume erneut die Verspätung eines Modells einräumen. Während der Elektro-Macan wegen der komplexen Software mit zwei Jahren Verzögerung auf die Straße kam, ist es bei Cayman und Boxster der nächsten Generation die Batterie, die Probleme macht. 

"Bei der elektrischen Baureihe im 718-Segment können auch wir uns dem Thema Verfügbarkeit von hochleistungsfähigen Zellen nicht entziehen", sagte Blume der Automobilwoche im Nachgang der Veranstaltung.

Hintergrund ist die Pleite des schwedischen Zellfertigers Northvolt, der als Lieferant vorgesehen war und nun ausfällt. "Hier bauen wir gerade Alternativen auf", so Blume weiter. Doch Zellen lassen sich nicht eben mal durch andere ersetzen. Im Zweifel muss auch das Batteriemanagement und sogar das Packaging neu gedacht werden.

Die ohnehin bereits verspätete elektrische Baureihe 718 verzögert sich dadurch nach Informationen der Automobilwoche bis zum Jahr 2027. Der Termin wird von Porsche zwar offiziell nicht bestätigt, eine geänderte Abfolge bei den Modellanläufen aber schon. „Deshalb werden wir das Fahrzeug nun nach dem elektrischen Cayenne bringen“, kündigte Blume an.

Derzeit laufen die Modelle Boxster und Cayman im VW-Werk Osnabrück vom Band, um Platz für den Umbau des Stammwerks in Stuttgart-Zuffenhausen zu schaffen. Doch im dritten Quartal 2025 soll Schluss sein, wie aus einer Kapitalmarkt-Präsentation hervorgeht.

Da die beiden Modelle auf einer alten Plattform stehen und nicht den aktuellen Anforderungen an die Cybersecurity entsprechen, dürfen sie dann nicht mehr verkauft werden. In Europa ist dies heute schon der Fall, auch wenn über Umwege wie zum Beispiel Großbritannien oder die Schweiz noch vereinzelt Fahrzeuge erhältlich sind. Porsche muss also eine Angebotslücke überbrücken, die sich über Jahre hinziehen könnte.

Die Northvolt-Pleite hat aber auch Auswirkungen auf die Lieferantenbeziehungen von Porsche. So hatte der finnische Zulieferer Valmet in Erwartung des Großauftrags für die Baureihe 718 in Kirchhart bei Heilbronn bereits im Jahr 2023 eine Batteriefabrik errichtet, die seitdem praktisch leer steht. Unklar ist, wer für die Kosten des verzögerten Anlaufs aufkommt.

Für Valmet hatte der Auftrag von Porsche eine Schlüsselrolle beim Einstieg ins Batteriegeschäft, da die Auftragsfertigung immer mehr zurückgeht. Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass es beim Akku für den 718 einen kompletten Neustart geben könnte. Dies wollte eine Porsche-Sprecherin auf Anfrage aber nicht kommentieren. Von Valmet war ebenfalls keine Stellungnahme zu erhalten.

Bei der Booster-Batterie für den Porsche 911 mussten ähnliche Hürden überwunden werden. Hier hatte Porsche den schwäbischen Akku-Lieferanten Varta auserwählt. Die entwickelte Batterie muss weniger Energie speichern als vielmehr schnell abgeben können.

„In dieser Form kann das auf der Welt kein anderer“, sagte Varta Chef Michael Ostermann jüngst in einer Fragerunde mit Journalisten. Er räumte aber ein, dass es dem Unternehmen nicht gelungen sei, die Technologie in der geforderten Zeit zu industrialisieren, da die Prozesse sehr komplex seien.

Da Varta aufgrund verschiedener Fehlinvestitionen in Schieflage geriet, musste Porsche einspringen, um die Lieferkette zu stabilisieren. So übernahm der Sportwagenhersteller die Tochter V4Drive des Batterie-Konzerns Anfang März komplett. Mit einer Finanzspritze in Millionenhöhe halfen die Stuttgarter zudem, das angeschlagene Unternehmen zu stabilisieren und nach der Pleite einen Neustart zu ermöglichen.

„Inzwischen produzieren wir annähernd 120.000 Zellen pro Woche“, sagt Ostermann. In jedem Porsche seien 218 Zellen verbaut. Die eigentliche Batterie wird bei Rimac in Kroatien komplettiert. Theoretisch können damit pro Jahr gut 25.000 Fahrzeuge bestückt werden. Neben dem 911 Hybrid soll ein weiteres Porsche-Modell die Hochleistungszellen erhalten. Auch für Lamborghini würden Zellen gefertigt, allerdings in geringeren Stückzahlen.

Bei seinen anderen elektrischen Modellen wie Taycan und Macan setzt Porsche bisher auf asiatische Zulieferer wie LG Chem oder CATL. Hier erfolgt die Batteriefertigung durch den Zulieferer Dräxlmaier, der in der Nähe von Stuttgart sowie Leipzig Werke errichtet hat. Beim geplanten elektrischen Cayenne wollte Porsche auf Nummer sicher gehen und hat sich für eine eigene Modulfertigung entschieden.

In Horná Streda nordwestlich von Bratislava hatte Porsche vor Jahren einen Werkzeugbauer übernommen. Hier entsteht nun eine sogenannte funktionsintegrierte Batterie, die mit dem Rahmen verbunden ist und deutlich weniger Gewicht in Anspruch nimmt.

Völlig unklar ist derzeit noch, was aus den ambitionierten Plänen von Porsche für eine eigene Zellfertigung wird. Nahe Tübingen entsteht bei der Tochter Cellforce derzeit eine Produktion für die Kleinserienfertigung. Doch um die Fabrik ist es auffallend ruhig geworden. Der letzte Eintrag auf der Presseseite von Cellforce stammt von September 2023. Die offizielle Eröffnung der Fabrik war für das Jahr 2024 vorgesehen. 

Eine Pressesprecherin erklärt: "Der Bau unserer Produktion ist noch nicht abgeschlossen. Die Pilotfertigung der Cellforce wird in diesem Jahr in Kirchentellinsfurt starten."

Eingesetzt werden sollten die Zellen, die aufgrund eines erhöhten Silizium-Anteils der Anode über eine höhere Energiedichte und Leistung verfügen sollen, zunächst in den elektrischen Top-Modellen. Allerdings wird der neue Taycan auch in der Spitzenversion als GT mit über 1000 PS von Zellen des Zulieferers LG Chem angetrieben.

Wann die Zellen von Cellforce tatsächlich erstmals verbaut werden, ist noch nicht absehbar. Mit der veränderten Strategie von Porsche und dem verstärkten Fokus auf Verbrenner ist die Zukunft der Tochter unsicherer denn je.

Völlig vom Tisch sein dürften die Pläne für eine eigene Zellfabrik mit einer Kapazität zwischen 20 und 40 Gigawattstunden, die Porsche noch Anfang 2024 fest geplant hatte. Damals schien die Standortsuche schon weit fortgeschritten, der ehemalige Finanzchef Lutz Meschke drohte mit einer Abwanderung in die USA, falls sich die Rahmenbedingungen in Deutschland nicht verbessern sollten.

Ein Standort in Brandenburg war im Rennen. Porsche hätte für die Fabrik zusammen mit Partnern einen Milliardenbetrag in die Hand genommen. Das Geld fließt nun wohl in die Entwicklung von neuen Verbrenner-Modellen.