Neuer Renault-Chef Provost: Diese Strategie-Änderungen sind geplant

Renault wird unter dem neuen Vorstandschef François Provost nicht vom grundlegenden Kurs von Vorgänger Luca de Meo abweichen. Allerdings will der neue starke Mann das Tempo des Umbaus auf allen Ebenen beschleunigen. Dabei setzt er verstärkt auf chinesische Unterstützung.

Sein Ziel dabei: Die Kosten mindestens im zweistelligen Prozentbereich senken. "Dieses Ziel ist gesetzt, absolut," sagte Provost. 

Provost äußerte sich in München bei der Präsentation des neuen Clio das erste Mal vor der internationalen Presse. "Wir setzen weiter auf value statt volume (Ertrag statt Absatzvolumen)", sagte er. Es gehe ihm um "Konsistenz in der Strategie."

Auch in der Organisation wolle er keine strukturellen Änderungen vornehmen, betonte Provost. Allerdings verließen jüngst in kurzer Folge mehrere hochrangige Manager die Gruppe, darunter Dacia-Chef Denis Le Vot und der Designchef der Marke Renault, Gilles Vidal.

"Ich möchte die Organisation nicht umbauen, absolut nicht", so Provost. Le Vot, der bei der Suche nach einem neuen Konzern-CEO sein Rivale war, erwähnte er nicht. 

Eine radikale Änderung der Strategie sei schon deshalb unglaubwürdig, weil er selbst ja in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen führend verantwortlich war für Teile der Planungen, räumte Provost ein. So gilt er als "Vater" des Motoren-Joint-Ventures Horse Powertrain mit dem chinesischen Partner Geely.

Entscheidend für die Zukunft der Gruppe sei das Tempo der Transformation. "Wir brauchen China-Speed. Die Zeit für die Entwicklung neuer Modelle muss deutlich verkürzt werden. Wir haben keine Zeit zu verlieren." Dabei sei die Entwicklung des kommenden Twingo eine neue Benchmark für Renault.

Der neue Twingo soll Anfang nächsten Jahres präsentiert werden. Er wurde dem Hersteller zufolge in nur 21 Monaten entwickelt, von der Entscheidung zur Fertigung bis zur Ablieferung des Serienmodells an Einkauf und Produktion.

Bisherige Fahrzeuge dagegen benötigten meist vier Jahre oder mehr für ihre Entwicklung. Das treibt nicht nur die Kosten, sondern birgt auch das Risiko, an den schnell wandelnden Kundenerwartungen vorbei zu entwickeln.

Das neue Mittel- und Langfristprogramm "Futurama", das größtenteils noch unter de Meo formuliert worden ist, soll nun nicht mehr im Herbst, sondern erst im März 2026 vorgestellt werden. In der verbleibenden Zeit will Provost dem Vernehmen nach unter anderem die Themen Beschleunigung, Einkauf und Markenpositionierung überarbeiten.

Unverrückbarer Teil der Renault-Strategie bleibe auch das Konzept, bezahlbare Autos für breite Schichten anzubieten, so Provost. Das gelte in besonderer Weise für Dacia. Den Abstand zur Marke Renault will Provost vergrößern. Ein erstes Beispiel dafür ist der neue Clio, der über bis zu 29 Assistenzsysteme verfügt und in Länge, Breite und Höhe gegenüber dem Vorgänger gewachsen ist.

"Absolute Top-Priorität bleibt unser Line-Up. Derzeit ist es so frisch wie nie zuvor und das wollen wir weiter so halten."

Um Kosten in der Entwicklung und im Einkauf noch weiter zu senken, setzt Provost auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner Geely und mit weiteren chinesischen Partnern, insbesondere Entwicklungsdienstleistern.

Zur Frage, ob Renault dabei auch verstärkt Teile und komplexere Komponenten in China einkaufen werde, sagte Provost: "Wir kaufen bei den Modellen für Europa derzeit rund 70 Prozent der Teile in Europa ein. Diesen Anteil wollen wir nicht senken." Das Prinzip "local for local" gelte weiterhin.

Allerdings müsse Renault Antworten auf den wachsenden Preisdruck finden. "Wir werden das tun, was wir selber kontrollieren können: Das betrifft die Produkte, die Beziehungen zu unseren Lieferanten und die stetige Arbeit an der Qualität."

Künftig will Provost die Gruppe stärker internationalisieren. Immer noch verkauft der Konzern mehr als die Hälfte aller Fahrzeuge in Europa. Priorität bei den Bemühungen habe Südamerika, gefolgt von Indien. "Wir fokussieren uns jetzt etwas mehr auf außereuropäische Regionen." 

Ein Schritt zu mehr Engagement in Indien sei die 100-prozentige Übernahme des bislang gemeinsamen Werkes von Renault und Nissan in Chennai gewesen, erinnerte Provost.

Renault sei nicht zu klein, um unabhängig fortbestehen zu können, erwiderte der neue CEO auf Fragen von Journalisten. "Ich denke, dass sich die Gesetze in der Autoindustrie derzeit ändern. Größe ist weniger entscheidend, wichtiger werden Technologie und Geschwindigkeit." 

Um das vergleichsweise geringe Volumen der Gruppe wettzumachen, setze Renault schon länger auf Kooperationen aller Art, sagte Provost. Dieses Konzept werde vor allem außerhalb von Europa ausgeweitet. "Eine unserer Kernkompetenzen bei Renault ist es, Kooperationen einzugehen und sie mit Leben zu füllen."