Dieses und das nächste Jahr hat Mercedes-Chef Ola Källenius abgehakt. Dem Unternehmen hat er einen Sparkurs verordnet. Erfolg bringen soll aber etwas anderes.
Mercedes-Chef Ola Källenius setzt große Hoffnungen auf die Modelloffensive, die in diesem Jahr startet.
Das Jahr 2024 ist für Mercedes-Chef Ola Källenius abgehakt. In diesem und dem nächsten Jahr sieht kaum besser aus. Das Unternehmen erwartet für die Pkw-Sparte eine Marge zwischen sechs und acht Prozent.
Erst danach soll die seit Jahren andauernde Stagnation vorüber sein und beim Absatz erstmals wieder Wachstum erkennbar sein. Mit einer beispiellosen Modelloffensive, disziplinierter Kostenarbeit und einem Kulturwandel soll das Unternehmen wieder zurück zu alter Stärke finden.
Beim Kapitalmarkttag im Rahmen der Jahrespressekonferenz zeigt Källenius immer wieder Schaubilder mit einer Vielzahl an Fahrzeugen, die Hoffnung machen sollen für die nächsten Jahre. "Es ist die größte Offensive in unserer Geschichte", verspricht er. Den Auftakt zur Erneuerung des kompletten Portfolios macht dabei der CLA, der am 13. März in Rom Premiere feiert.
Er steht auf der MMA-Plattform, gilt als das erste software-definierte Fahrzeug von Mercedes und hat das selbst entwickelte Betriebssystem MB.OS an Bord, das beispielsweise ein neues Infotainmentsystem mit einem KI-basierten Sprachassistenten ermöglicht.
Entwicklungschef Markus Schäfer kündigt zudem ein Drive-by-Wire-System an, also eine elektronische Steuerung, die beispielsweise ein neues, flaches Lenkrad ermöglicht und die Kosten senken soll.
Danach geht es in schneller Reihenfolge weiter. Mit Blick auf den Absatz deutlich wichtiger wird der elektrische GLC, der seine Premiere auf der IAA in München im September feiern soll. Mit ihm soll der xEV-Anteil 2027 von 19 Prozent im vergangenen Jahr auf über 30 Prozent steigen.
Er steht auf der neuen Plattform MB.EA und stellt das erste elektrische Angebot in diesem volumenstarken Segment dar. Zwar hatte Mercedes schon 2019 mit dem EQC das erste Elektro-SUV auf den Markt gebracht, die Stückzahlen blieben aber überschaubar.
Der GLC steht zudem für eine neue Designsprache, die für rein elektrische Fahrzeuge wie Verbrennermodelle vereinheitlicht werden soll. Es werde keine Kompromisse mehr beim Raumangebot geben, kündigte Källenius an.
So dürfte ein markanter Kühlergrill, wie er in den 70er und 80er Jahre prägend war, zurückkehren. "Es geht darum, dass ein Mercedes sofort erkennbar sein muss, auch wenn man nur von der Seite schaut", so Källenius. Schon immer stehe die Marke für zeitlose Eleganz und modernen Luxus.
2026 sollen dann der GLE und der GLS umfangreich überarbeitet werden. Den GLE will Mercedes in einer Langversion auch nach China bringen. Für die S-Klasse kündigte Källenius deutlich mehr als ein normales Facelift an. Dafür habe man mehr Geld in die Hand genommen als jemals zuvor.
Das Flaggschiff soll einen Teil der Software aus dem neuen CLA erhalten, um die S-Klasse auch technologisch wieder an die Spitze des Portfolios zu bringen. Sie führe aber beispielsweise in China auch jetzt mit deutlichem Abstand zu den Wettbewerbern das Segment an.
In rascher Reihenfolge sollen weitere Fahrzeuge der MMA-Plattform wie GLA oder GLB kommen, eine elektrische C-Klasse, zudem die ersten AMG-Modelle mit rein elektrischem Antrieb und die kleine G-Klasse, von der sich Källenius einen ähnlichen Erfolg wie vom größeren Bruder verspricht. 2027 soll dann auch noch eine elektrische E-Klasse an den Start gehen, die den glücklosen Vorgänger EQE ersetzt.
Als wäre das nicht genug, soll auch bei den Vans eine neue Ära luxuriöser und rein elektrischer Transporter starten. Entsprechend der Strategie sollen mehr Modelle im Top-End-Segment kommen als in der Kompaktklasse.
Mit den neuen Fahrzeugen rechnet Finanzchef Harald Wilhelm für das Jahr 2027 erstmals wieder mit einem signifikanten Zuwachs bei Absatz und Umsatz. Ob dies schon reicht, um die Delle von 2024 bis 2026 auszugleichen, ließ er offen.
Auch bei der Marge rechnet Wilhelm mit einer deutlichen Erholung ab 2027, geschuldet der Modelloffensive gerade im Top-End-Segment mit neuer S-Klasse sowie den AMG-Modellen. AMG-Chef Michael Schiebe hatte am Vorabend angekündigt, den Absatz der Sportwagentochter von aktuell rund 140.000 Einheiten auf 200.000 steigern zu wollen.
Um die Modelloffensive bei stagnierendem Umsatz zu finanzieren, kündigte Wilhelm eine strikte Kostendisziplin an. So sollen beispielsweise die Kosten in der Produktion um zehn Prozent bis 2027 sinken, danach nochmals um 20 Prozent bis Ende des Jahrzehnts.
Dies beinhalte auch die Verlagerung eines Mittelklassemodells (Core) aus Deutschland in das ungarische Werk in Kecskemét. Zudem könnte ein zusätzliches Modell auch in den USA gebaut werden. Um welches es sich dabei handelt, sagte Wilhelm nicht. Die Werke in Deutschland sollen in Zukunft auf maximal 300.000 Einheiten angepasst werden. Dies werde über Fluktuation beim Personal sowie Leiharbeitern erreicht.
Die Van-Sparte hat das Werk in Argentinien an einen Auftragsfertiger verkauft, die Zukunft des Pkw-Werks in Mexiko ist angesichts der drohenden Zölle ungewisser denn je. Gesenkt werden sollen außerdem die Logistikkosten, etwa durch neue Transportwege. Produktionschef Jörg Burzer sagte der Automobilwoche am Rande der Veranstaltung, dass beispielsweise neben Bremerhaven auch in Slowenien ein Seezugang geschaffen worden sei, um Fahrzeuge schneller in die Märkte zu bringen.
Die Energiekosten in Deutschland sollen durch den eigenen Windpark in Papenburg reduziert werden. Zudem sollen die Materialkosten in Zusammenarbeit mit den Zulieferern bis 2027 um acht Prozent sinken.
Gespart werden soll auch beim Personal im Rahmen des Programms "Next Level Performance". So seien im Vergleich zu 2019 bereits elf Prozent der Stellen abgebaut worden. Wilhelm sprach von Auslagerungen weiterer Bereiche, vom Verkauf der Niederlassungen, vom Einsatz künstlicher Intelligenz, von mehr Standardisierung und der Abschaffung ganzer Managementebenen. Der Betriebsrat sprach bereits von einer "Horror-Liste", die der Belegschaft vorgelegt worden sei.
Die Kostenreduzierung sei auch der größte Hebel, um wieder zweistellige Margen zu erreichen. Von 14 Prozent bei günstigen Marktbedingungen wie vor drei Jahren bei der Vorstellung der Strategie war allerdings keine Rede mehr. Die Ziele für die nächsten Jahre sind also weit weniger ambitioniert.
Mercedes-Chef Ola Källenius beschwört in seiner Rede nicht zuletzt eine neue Kultur im Unternehmen. Dabei setzt er angesichts des harten globalen Wettbewerbs auf den Kämpfergeist der rund 166.000 Mitarbeiter, der in den vergangenen Jahren verloren gegangen sei.
Sogenannte Champions aus der Belegschaft sollen dabei die anderen mit ihrer besonderen Motivation mitziehen. "Wir dürfen uns nicht auf den Errungenschaften unserer Marke ausruhen, sondern müssen wieder siegen wollen", so Källenius.
