Lexus-Europa-Chef André Schmidt: "Ein Autohersteller wird resilienter, wenn er nicht allein auf das Produkt setzt"

Toyotas Edelmarke Lexus hat im vergangenen Jahr den Absatz in Europa (EU, UK und EFTA) um 28 Prozent auf 77.300 Einheiten gesteigert. In Deutschland kletterten die Neuzulassungen sogar um 75 Prozent auf 5712 Einheiten. Für André Schmidt, derzeit die Nummer zwei von Lexus in Europa und im vergangenen Jahr noch Deutschland-Chef, kommt dieser Aufschwung nicht überraschend.

"Ein Autohersteller wird resilienter, wenn er nicht allein auf das Produkt setzt, sondern ebenso aufmerksam am Kundenerlebnis arbeitet", sagte Schmidt im Gespräch mit der Automobilwoche.

"Dann hängt er nicht nur vom nächsten Innovationsschritt ab, sondern lebt auch von der Zufriedenheit seiner Kunden. Außerdem steigert eine höhere Kundenzufriedenheit den Wiederverkaufswert."

Die Lexus-Partner in Europa hätten einen großen Anteil an dieser Markenbildung, lobte Schmidt. "Sie haben ein Kundenverhältnis aufgebaut, das unsere Marke auch resilienter macht gegenüber neuen Marken", sagte er mit Blick auf neue chinesische Rivalen.

Dies bedeute nicht den Verzicht auf Innovationen. "Wir brauchen aber bei Lexus nicht dieses permanente Strohfeuer von Innovationen, bei denen der Kundennutzen manchmal fragwürdig ist. Wir streben vielmehr Innovationen an, die bahnbrechend sind und die das Erlebnis im Fahrzeug spürbar steigern."

Das neueste Beispiel sei das stark überarbeitete Elektro-SUV RZ. Das 2023 eingeführte Schwestermodell des Toyota bZ4X erhält zum Modelljahr 2025 erstmals in einem europäischen Fahrzeug eine Steer-by-Wire-Lenkung. Außerdem bietet Lexus für die leistungsstärkste Variante des neuen RZ ein virtuelles Achtgang-Schaltgetriebe an.

"Das Schaltgetriebe in einem E-Auto ist keine Spielerei, sondern sorgt für ein völlig neues Fahrgefühl. Wir sind überzeugt, dass damit der Fahrspaß im Elektrozeitalter deutlich steigt", sagte Schmidt. Wenn die Kundenresonanz gut sei, werde Lexus diese Technologie auch in anderen Modellen anbieten.

Ab Frühjahr kommenden Jahres wird Lexus in Europa auch die neue Limousine ES anbieten. Die mittlerweile achte Generation des Klassikers kann anders als der Vorgänger nicht nur als Vollhybrid, sondern auch als reines E‑Modell geordert werden. In Westeuropa wurde der ES erst 2018 eingeführt, in den USA und in Osteuropa dagegen gehört er zum Kern des Lexus-Portfolios.

"Der ES komplementiert unser Line-up in Europa", sagte Schmidt. Er rechnet im ersten Verkaufsjahr europaweit mit rund 7000 Einheiten. Das sei sicher überschaubar, räumte er ein.

"Aber als Premiumhersteller muss man den Kunden eine größtmögliche Auswahl zur Verfügung stellen. Deshalb haben wir den ES im Programm, aber auch den sehr erfolgreichen LBX im B-Segment, das andere Premiumhersteller aufgegeben haben."

Die aktuelle Schwächephase mancher Premium-Wettbewerber wolle Lexus nutzen, um 2025 erneut zu wachsen. Schmidt: "Im ersten Quartal ist uns das in Europa mit einem Plus von 15 Prozent und einem Marktanteil von 2,6 Prozent im Premiumsegment auch schon ganz gut gelungen. Wir sehen Opportunitäten, weil manche Wettbewerber Produkte nicht erneuern oder mit einem Nachfolger länger warten."