Kommentar: Volkswagens Kurs stimmt – auch ohne Glanz-Zahlen

"Der Volkswagen Konzern hat sich in einem extrem herausfordernden Umfeld wirtschaftlich behauptet", kommentiert Volkswagen-CEO Oliver Blume die gerade veröffentlichten Zahlen für das zweite Quartal. In Anbetracht eines Gewinnrückgangs um rund ein Drittel ist diese Aussage, vorsichtig gesagt, überraschend. Zumal die Monate April bis Juni traditionell zu den stärksten gehören. 

Unterm Strich hat Volkswagen im ersten Halbjahr sogar fast 40 Prozent weniger verdient als im Vorjahreszeitraum. Die gute Nachricht: Die Wolfsburger haben Geld verdient! 4,5 Milliarden Euro Überschuss stehen am Ende in den Büchern.

Eine Zahl, von der etwa Stellantis – lange Zeit Benchmark für Volkswagen – derzeit nur träumen kann. Der französische Mehrmarken-Konzern ist, gemessen am Umsatz mit rund 74 Milliarden Euro nach sechs Monaten knapp halb so groß wie Volkswagen (158 Milliarden Euro).

Wer folglich ein Plus von zwei bis drei Milliarden erwartete, wurde enttäuscht: Stellantis schreibt im ersten Halbjahr 2025 ein Minus von 2,3 Milliarden Euro, im Vorjahr gab es noch ein Plus von 5,6 Milliarden Euro.  

Auch beim Betriebsergebnis zeigt sich ein deutlicher Unterschied: Volkswagens 6,7 Milliarden sind gut 30 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2024 – aber ein Vielfaches der 500 Millionen von Stellantis.

Also alles gar nicht so schlimm bei Volkswagen? Doch, die Lage ist ernst. Aber nicht hoffnungslos. Positiv stimmen dürfen einen vor allem die Verkaufszahlen: Volkswagen konnte entgegen aller Widrigkeiten – und trotz starker Einbrüche bei einigen Marken – seinen Absatz insgesamt mit 4,4 Millionen Fahrzeugen im ersten Halbjahr konstant halten beziehungsweise sogar leicht steigern – nicht zuletzt, weil sich Skoda mächtig ins Zeug gelegt hat.

Der Konzern hat zuletzt markenweit stark in seine Modellpalette investiert, die Autos hinsichtlich Qualität und Design deutlich verbessert, das Angebot ausgebaut. Das kommt an bei den Kunden, in Europa kommt Volkswagen auf 25 Prozent Marktanteil, die Auftragseingänge liegen deutlich über denen des Vorjahres. Und: Zahlreiche neue Modelle stehen noch in den Startlöchern, die Produktoffensive läuft erst an.

Dazu tragen die Sparmaßnahmen erste Früchte, sowohl durch den Stellenabbau in den indirekten Bereichen als auch bei den Produktionskosten durch Produktivitätssteigerungen und gesunkene Materialkosten. Zum operativen Ergebnis bei den PKWs trägt das im zweiten Halbjahr mit einem Plus von 1,2 Milliarden Euro bei.

Ein Grund zum Ausruhen ist das allerdings nicht, im Gegenteil: Volkswagen will beim Sparen Gas geben, geplante Maßnahmen vorziehen um die Kosten schneller zu senken. Das ist nötig, weil das gut laufende Geschäft stark von Faktoren beeinflusst wird, die Volkswagen nicht in der Hand hat – das schwache China-Geschäft und die hohen US-Zölle. Letztere belasten das Ergebnis mit rund 1,3 Milliarden Euro.

Immerhin: Volkswagen hofft auf eine baldige Zoll-Einigung zwischen der EU und den USA. Danach will Oliver Blume aber weiter verhandeln, und mit den geplanten Investments in Amerika eventuell sogar zusätzliche Vergünstigungen für den Konzern erreichen. Teil der Verhandlungsmasse ist ein noch stärkerer Footprint vor Ort. Eine Audi-Produktion in den USA wird ebenso diskutiert wie vielleicht sogar spezielle Modelle für Nordamerika, ähnlich der "In China, für China"-Strategie.

Rechnet man die Zölle und Kosten für Restrukturierung aus dem Ergebnis heraus, liegt Volkswagens operative Umsatzrendite nicht mehr bei 4,2, sondern bei 5,6 Prozent. Und ohne den ein oder anderen weiteren Sondereffekt – Diesel, CO2 und mehr – sollen es sogar sieben Prozent sein.

Ein respektables Ergebnis – wenn auch derzeit nur auf dem Papier. Das weiß auch Oliver Blume: Dass der Konzern deshalb seine Jahresziele kürzt, ist kein Scheitern, sondern gesunder Realismus.