ID-Modellvorschau: So wächst Volkswagens Elektroauto-Familie

Auch bei VW dürfte die Umstellung vom Verbrenner auf Elektromobilität langsamer verlaufen als zunächst gedacht. Der Absatz reiner E-Autos soll in Europa bis zum Jahr 2025 auf über 30 Prozent und bis 2030 auf über 70 Prozent steigen. Im Moment allerdings scheinen die Quoten unerreichbar: 2023 waren von den weltweit 4,87 Millionen verkauften Einheiten gerade mal 394.000 vollelektrische Fahrzeuge - weniger als zehn Prozent.

Zweifel an der Modellstrategie hat VW aber keineswegs. "E ist die Zukunft, da führt kein Weg zurück", betont Markenchef Thomas Schäfer. Schließlich muss auch VW die verschärften CO2-Flottenziele in der EU erreichen, weil sonst Milliardenstrafen drohen.

Lust auf Elektro sollen die vielen Neuheiten machen, die VW in den nächsten Jahren auf den Markt bringt. Mit dem ID.7 kommt gerade ein Modell in den Handel, das vor allem Dienstwagenfahrer zum Umstieg bewegen soll und mit den anfänglichen Schwächen bisheriger Elektroautos wie holprige Software und mangelnde Qualitätsanmutung im Innenraum aufräumt.

Tatsächlich wurde der ID.7, der auch als Kombi (Tourer) bestellbar ist, bereits als "German Car of the Year" ausgezeichnet und im ADAC-Ökotest mit der historischen Bestnote 1,5 bewertet.

Im neuen Topmodell, das wie der ID.4 noch auf der MEB-Plattform steht, hat VW alles hineingepackt, was an Technologie aktuell verfügbar ist. Sitze mit Massagefunktion, die zudem trocknen, kühlen oder wärmen, oder eine Klimaanlage mit Wedelfunktion sollen Oberklasse-Flair in das Fahrzeug bringen und lange Strecken zum Vergnügen machen. Im ID.7 setzt VW ein neues Bedien- und Displaykonzept ein und reagiert damit auf die Kritik der Kunden - etwa mit einem beleuchteten Touch-Slider.

Knapp fünf Meter misst das Auto. Damit ist es so lang wie der ID Buzz mit langem Radstand. Mit dieser Größe steht der ID.7 auf einer Ebene mit BMW i5 und Mercedes EQE. Durch ein verbessertes Antriebssystem sowie einem cw-Wert von 0,23 soll der ID.7 selbst mit der kleineren Batterie (77 kWh) bis zu 681 Kilometer weit kommen.

Im realen Mix mit Autobahn dürften es allerdings eher 450 Kilometer sein. Mit der 400-Volt-Technik lassen sich bis zu 200 kW im Peak nachladen. Ein Ladevorgang von zehn auf 80 Prozent dauert rund 25 Minuten. Die Version Pro S bekommt eine Batterie mit 86 kWh spendiert, womit bei sparsamer Fahrweise in der Stadt sogar über 700 Kilometer möglich sein sollen.

Während der ID.7 vorerst die Spitze der Modellpalette markiert, arbeitet VW auch an Ergänzungen in den unteren Segmenten. Das wohl wichtigste Projekt dabei dürfte der für 2027 geplante ID.1 sein, den VW am Vorabend der Hauptversammlung Ende Mai offiziell ankündigte. Das Modell soll in der Basisversion um die 20.000 Euro kosten und damit die Elektromobilität massentauglich machen.

Die Schwestermarke Škoda soll voraussichtlich bei der Entwicklung helfen und auch ein eigenes Derivat des Modells bekommen. Seat in Spanien ist ebenfalls schon an dem Fahrzeug interessiert. Das Auto auf der Plattform MEB Entry wird sich wohl ebenfalls an einer neuen Formensprache der ID-Familie orientieren, die sich eher an Klassiker der Marke anlehnt.

Das gilt genauso für den bereits zwei Jahre früher geplanten ID 2all. "Wir überführen die DNA unserer Ikonen in die Zukunft. Der ID 2all ist deshalb auch eine Hommage an Käfer, Golf und Polo", sagt VWs Chefdesigner Andreas Mindt. Bereits 2025 kommt die Serienversion des in den Abmessungen etwa dem Polo entsprechenden ID 2all mit innovativen Technologien, zum Beispiel intelligentem Licht, E-Routenplaner und dem Assistenzsystem Travel Assist. Alles soll sich zudem wertiger anfühlen als zuletzt in dieser Preisklasse.

Geplant ist weiterhin ein GTI-Ableger, der die Verbrenner-Fangemeinde an das Elektrozeitalter heranführen soll. Und selbstverständlich wird es den ID 2all auch als SUV geben, da die Kundschaft nach dieser Aufbauform verlangt.

Etwa ein Jahr später will VW ein SUV zwischen ID.3 und ID.4 nachschieben, das intern unter dem Projektnamen "A Main SUVe" entwickelt wird. Damit will VW an den Erfolg des Tiguan anknüpfen. Wie der ID 2all soll auch dieses Fahrzeug eindeutig als VW erkennbar sein und etwas vom bisherigen ID-Look abrücken. "Mehr Emotionen" fordert Schäfer von den Designern.

Das "Main SUVe" soll in Wolfsburg gebaut werden, um die dortigen Kapazitätslücken aufzufüllen. Statt auf der ursprünglich für 2026 geplanten neuen Plattform steht das Auto aber noch auf einer verfeinerten MEB-Plattform, die als Zeichen der Fortschreibung ein Plus bekommt.

Fern am Horizont wartet dann das Trinity-Projekt, das wegen der bekannten Softwareprobleme auf das Jahr 2028 verschoben wurde. Hier hält erstmals die Scalable Systems Platform (SSP) Einzug, die als nächste Generation einer rein elektrischen, volldigitalen und hochskalierbaren Mechatronikplattform neue Funktionen, laufende Software-Updates und autonomes Fahren auf Level 4 erlauben soll.

Passend dazu soll die Software-Tochter Cariad die Elektronik-Architektur E3 beisteuern, an der fieberhaft gearbeitet wird. Anders als vom damaligen VW-Chef Herbert Diess beabsichtigt, soll Trinity außerdem keine Limousine werden, sondern ein SUV und damit etwa ein Pendant zum Verbrenner-Touareg bieten.

Dass sich VW mit seinen ID-Modellen grundsätzlich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss, beweisen die bereits eingeführten Modelle ID.3, ID.4, ID.5 und der Transporter ID Buzz. Die mussten zwar zu Beginn Kritik einstecken, wegen des fummeligen Infotainments und der bescheidenen Haptik. Doch VW hat nachgebessert und wird belohnt.

So schaffte es der ID.4/5 in Deutschland im vergangenen Jahr auf Platz zwei der meistverkauften E-Modelle - hinter Teslas Model Y. Der ID.3 landete auf Platz fünf. Aber spätestens mit dem ID 2all 2025 muss VW dann wieder einen richtigen Bestseller wie den Golf liefern, wenn die Marke auch im beginnenden Elektro-Zeitalter an der Spitze der Volumenhersteller bleiben will.