Cyberangriff: JLR erlebt den Albtraum, den die gesamte Branche fürchtet

Jaguar Land Rover hat nach Schätzung eines Analysten bereits mehr als eine Milliarde Pfund (etwa 1,27 Milliarden Euro) an Umsatz eingebüßt. Der Automobilhersteller leidet weiterhin unter den Folgen eines Cyberangriffs, der die Betriebsabläufe lahmgelegt hat.

JLR kann keine Fahrzeuge produzieren, vorgefertigte Modelle vor dem Verkauf nachverfolgen oder Ersatzteile versenden – eine Folge des Angriffs vom 31. August, wie Informationen von Automotive News Europe, Schwesterportal der Automobilwoche, zeigen.

Der Umsatzverlust entspricht laut David Bailey, Professor an der Birmingham Business School, einem Gewinneinbruch von rund 70 Millionen Pfund (etwa 89 Millionen Euro). "Das Unternehmen könnte einen Teil des Verlusts wettmachen. Doch je länger die Störung anhält, desto nachhaltiger ist der Schaden", sagte Bailey.

Der Hackerangriff zwang JLR zur Schließung seiner Werke in Halewood, Solihull und Wolverhampton sowie von Produktionsstätten in der Slowakei, in China und Indien. Die Produktionspause soll bis zum 24. September andauern – der Stillstand dauert damit über drei Wochen.

"Wir haben diese Entscheidung getroffen, da unsere forensischen Untersuchungen des Cybervorfalls andauern und wir verschiedene Phasen des kontrollierten Neustarts unserer globalen Betriebsabläufe in Betracht ziehen, was Zeit in Anspruch nehmen wird", erklärte JLR auf seiner Website.

Die britischen Werke des Herstellers produzieren üblicherweise rund 1000 Fahrzeuge pro Tag. Viele der insgesamt 33.000 Beschäftigten wurden angewiesen, zu Hause zu bleiben.

Bereits vor dem Cyberangriff stand JLR unter finanziellem Druck: Höhere US-Zölle – im wichtigsten Absatzmarkt – sowie sinkende Verkaufszahlen in China belasteten das Ergebnis.

Im Juli meldete das Unternehmen einen Rückgang der Quartalsverkäufe um elf Prozent, unter anderem infolge eines Exportstopps in die USA. Zwar wurden die Ausfuhren im Mai wieder aufgenommen, doch JLR senkte seine Zielrendite für das Geschäftsjahr 2026 von zehn auf fünf bis sieben Prozent – mit Verweis auf die angespannte Handelssituation.

Zudem kündigte JLR an, 500 Managementstellen zu streichen, um die Führungsstruktur an veränderte Anforderungen anzupassen.

Auch JLR-Zulieferer sind stark betroffen. Berichten zufolge wurde die Branche gewarnt, dass die Produktion womöglich erst im November wieder anlaufe. Ein Geschäftsführer sagte der BBC, sein Unternehmen habe 40 Mitarbeiter – fast die Hälfte der Belegschaft – entlassen. Der Name des Unternehmens wurde nicht genannt.

"An sich überlebensfähige Unternehmen könnten dadurch in den Ruin getrieben werden, was nicht nur die Lieferkette aushöhlen, sondern auch JLR in eine schwierige Position für den Neustart der Produktion bringen würde“, sagte Bailey.

Die Gewerkschaft Unite forderte von der britischen Regierung Soforthilfen für betroffene Betriebe. „Die Regierung muss Arbeitsplätze verteidigen, wenn unsere Industrien angegriffen werden“, sagte Unite-Generalsekretärin Sharon Graham.

Laut einer Quelle hat JLR den Überblick über rund 40.000 Fahrzeuge verloren, die vor dem Angriff produziert, aber noch nicht ausgeliefert worden waren. Händler im Vereinigten Königreich berichten von erheblichen Umsatzeinbußen, da ihnen Fahrzeuge fehlen, die sie im September – einem der absatzstärksten Monate – zulassen könnten.

JLR konnte keine Ersatzteile versenden. Das behindert nicht nur Wartungsarbeiten, sondern erschwert auch die Vorbereitung von Gebrauchtwagen für den Verkauf. Einige Händler konnten den Betrieb aufrechterhalten, nutzen aber manuelle Notlösungen – was Zeit kostet.

Ein kleiner Lichtblick für Händler: Die knappe Verfügbarkeit lässt die Preise steigen. "Wir hatten ein Überangebot an Land Rover-Modellen mit hohen Lagerkosten und großen Rabatten. Wenn man ein bis zwei Monate Produktion herausnimmt, ist dieses Problem verschwunden“, sagte ein leitender Manager.

"Seit wir vom Cybervorfall erfahren haben, arbeiten wir rund um die Uhr gemeinsam mit externen Cybersicherheitsexperten daran, unsere globalen Systeme kontrolliert und sicher wieder hochzufahren“, teilte ein JLR-Sprecher mit.

Die britische Regierung unterstützt das Unternehmen bei der Wiederherstellung des Netzwerks mit Hilfe der Cyber- und Sicherheitsagentur GCHQ, so eine Quelle.

Die Bedeutung von JLR für den Standort Großbritannien zeigte sich auch in der schnellen Reaktion der Politik: Premierminister Keir Starmer kündigte persönlich im JLR-Werk Solihull eine Reduzierung der US-Zölle auf britische Fahrzeugimporte von 27,5 auf zehn Prozent an.

„JLR ist ein zentraler Pfeiler der britischen Automobilindustrie und sichert rund 200.000 Arbeitsplätze“, sagte Bailey.

Zu dem Angriff bekannte sich eine Gruppe namens Scattered Lapsus$ Hunters, die mit dem Ransomware-Kollektiv Scattered Spider in Verbindung steht. Ob JLR zur Zahlung eines Lösegelds aufgefordert wurde, ist nicht bekannt.

Angesichts des Vorfalls dürften viele Hersteller ihre IT-Systeme überprüfen. "Es ist nie einfach, den Nutzen von Investitionen in Cybersicherheit zu belegen“, sagte Pedro Pacheco, Senior Director für Automotive und Smart Mobility bei Gartner.

"Aber wenn CIOs sagen: Wenn wir nicht investieren, werden wir gehackt – dann ist das eine überzeugende Argumentation.“

Dieser Text stammt von unserem Partnerportal Automotive News Europe. Er wurde mit Hilfe von KI aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt und von einem Redakteur bearbeitet.