CEO William Li: Nio kämpft ums Überleben

Der chinesische Elektroautohersteller Nio hat auf einer Presseveranstaltung nach dem Vorverkaufsstart seines neuen ES8 eine deutliche Preissenkung angekündigt. Wie die Website CarNewsChina berichtet, sprach Gründer und CEO William Li offen über den harten Sparkurs des Unternehmens: "Wir haben den Preis des ES8 dorthin gebracht, wo er hingehört." Gleichzeitig betonte er, dass Nio ums Überleben kämpfe – dies habe derzeit höchste Priorität.

Der Vorverkauf der dritten Generation des ES8 hat Ende August begonnen. Das große SUV war das erste Serienmodell des Herstellers und kam 2018 auf den Markt. Der Einstiegspreis liegt nun bei 416.800 Yuan (gut 49.700 Euro) für die Variante mit 100-kWh-Batterie – das sind rund 25 Prozent weniger als die 518.000 Yuan (knapp 61.800 Euro), die für die Vorgängergeneration fällig waren.

Für Kunden, die das Fahrzeug mit dem Batterie-as-a-Service-Modell (BaaS) kaufen, kostet der ES8 sogar nur 308.800 Yuan (knapp 36.850 Euro). Interne Quellen bestätigten dem Branchenportal CarNewsChina, dass der endgültige Einführungspreis am Nio Day Ende September nochmals sinken wird. Demnach soll die BaaS-Version bereits unter 300.000 Yuan (gut 35.800 Euro) starten.

Möglich wurde die Preissenkung durch einen strikten Sparkurs. Nio habe Lieferantenverträge neu verhandelt und die Beschaffungskosten gesenkt, erklärte Li. Forschung und Entwicklung wurden auf mehrere Modelle verteilt. So nutzen verschiedene Baureihen nun gemeinsame Plattformen, etwa die 900-Volt-Ladetechnologie, den Hinterradmotor sowie einen selbstentwickelten Chip.

Besonders betonte Li die Einsparungen durch den neuen Shenji-NX9031-5-nm-Chip, der den Nvidia Orin X des Vorgängers ersetzt. Dieser Schritt habe "wirklich viel Geld gespart". Dennoch räumte der CEO ein, dass die milliardenschweren F&E-Ausgaben in der Vergangenheit nicht immer effizient genutzt wurden. Künftig sollen Evaluationsmodelle sicherstellen, dass Investitionen stärker am Ertrag gemessen werden – kurz-, mittel- und langfristig.

Die aggressive Preisstrategie bringt auch Risiken mit sich. Denn der neue ES8 ist mehr als 100.000 Yuan günstiger als sein Vorgänger. Li räumte ein, dass dies bestehende Kunden verärgern könnte. Dennoch sei die Maßnahme notwendig: "Das Überleben hat Vorrang. Kurzfristig mögen wir einige Kunden enttäuschen, langfristig stärkt der Preis unsere Wettbewerbsfähigkeit."

Parallel dazu stellte Nio-Präsident Qin Lihong klar, dass der ES8 nicht mit dem neuen Einstiegs-SUV Onvo L90 konkurriert. Während der L90 auf Familien abzielt, positioniert Nio den ES8 als Premium-Modell. Ein MPV für China sei hingegen nicht geplant.

Stattdessen arbeitet Nio an seinem nächsten Flaggschiff, dem ES9, einer SUV-Variante der Oberklasselimousine ET9. Li kündigte an, dass dieses Modell in der ersten Hälfte 2026 auf den Markt kommen soll – mit einem kleineren Frunk als beim ES8, wie er scherzhaft anmerkte. Bereits jetzt übertreffen die Vorbestellungen des ES8 die Zahlen des Onvo L90. In mehr als 400 Stores in China ist das Modell schon präsent. Der große Marktstart erfolgt am "Nio Day" Ende September.