Batterie-Probleme: Warum Porsches Geschäftsmodell wackelt

Wer einmal die Fahrzeugmontage in der Taycan-Fabrik von Porsche beobachtet hat, der kann sich dem Eindruck nicht entziehen, als wäre das Bauen von Autos vergleichbar einem Stecksatz von Playmobil oder Lego.

Teile wie das Cockpit oder die Achsen werden zum Teil komplett angeliefert und in Windeseile mit Hilfe von Robotern an ihren exakten Platz gesteuert und montiert. Dennoch lässt sich mit vergleichsweise einfachen Änderungen wie Lackfarbe, Felgenauswahl oder besonderen Emblemen und Lederapplikationen ein hoher Grad an Individualisierung für die Kunden erreichen.

Porsche gilt seit vielen Jahren als ertragreichster deutscher Autohersteller. Die hohen Margen jenseits der 15 Prozent haben ihren Grund auch in einem Produktionssystem, das auf eine vergleichsweise geringe Wertschöpfungstiefe zielt.

Schätzungen von Experten zufolge liegt der Anteil der Eigenfertigung bei unter 20 Prozent, 80 Prozent der Teile werden also von Zulieferern bezogen, die nicht selten im Ausland sitzen.

Bei Mercedes wird die Wertschöpfungstiefe auf rund 30 Prozent taxiert, bei VW ist es noch deutlich mehr. Verbunden mit dem starken Markenwert kann Porsche so mit relativ geringen Kosten hohe Preise für seine Modelle erzielen und damit hoch profitabel sein.

In einem eingespielten Lieferantennetzwerk und wenig Technologiesprüngen hat dieses System, das unter Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking etabliert wurde, über viele Jahre gut funktioniert. Doch jetzt erhöht die gleichzeitige Produktion von Verbrennern und Elektrofahrzeugen samt Digitalisierung die Komplexität erheblich – und das Porsche-System gerät an seine Grenzen.

Nicht immer schaffen es die Zulieferer, die erforderlichen Komponenten, die zum Teil absolutes Neuland für die Unternehmen sind, in der gewünschten Zeit und Qualität an den Start zu bringen.

"Zum Teil erkennen wir hier Probleme, komplexe Situationen zu beherrschen", beklagte Porsche-Produktionschef Albrecht Reimold vor nicht allzu langer Zeit im Interview mit der Automobilwoche.

Bestes Beispiel dafür sind die aktuellen Probleme von Porsche mit Batterien. So musste der Sportwagenbauer im vergangenen Jahr beim schwäbischen Batteriespezialisten Varta einsteigen, um die Belieferung der Hybridbatterie für den 911 zu sichern. Das Unternehmen war in finanzielle Schieflage geraten und stand vor der Insolvenz.

Die Produktion des Top-Modells 911 GTS war akut gefährdet. Um die Lieferkette zu stabilisieren, hat Porsche tief in die Tasche gegriffen und sogar das komplette Unternehmen finanziell unterstützt.

Jetzt haben die Stuttgarter bei der Tochter V4Smart das Sagen. Perspektivisch sollen damit auch neue Kundengruppen für Ultra-Hochleistungs-Lithium-Ionen-Rundzellen erschlossen werden.

Während Porsche hier noch rechtzeitig handeln konnte, muss das Unternehmen bei der Baureihe 718 komplett neu denken. Die elektrische Generation von Boxster und Cayman sollte 2025 an den Start gehen.

Doch der beauftragte Zellfertiger Northvolt konnte nicht liefern, das Fahrzeug verzögerte sich. Schließlich musste Northvolt Insolvenz anmelden, Porsche darf sich nun einen neuen Lieferanten suchen.

Dies gilt auch für die Montage der Batterien, die durch Valmet in einer eigens für Porsche errichteten Produktion in Kirchardt bei Heilbronn erfolgen sollte. Die Fabrik steht seit Jahren leer, jetzt haben beide Seiten die Reißleine gezogen und den Vertrag aufgelöst.

Zuvor hatte Valmet nach eigenen Angaben hier einen "hohen zweistelligen Millionenbetrag" investiert. Zumindest einen Teil dürfte Porsche zurückgezahlt haben.

Ein generelles Problem für Porsche ist die oft fehlende Möglichkeit zur Skalierung angesichts der geringen Stückzahlen pro Baureihe. Sie hat auch zum Aus der eigenen Tochter Cellforce geführt, die Zellen für besonders performante Fahrzeuge beisteuern sollte.

Die Versorgung mit Teilen erweist sich nicht nur für elektrische Modelle als problematisch. Auch bei Verbrenner-Fahrzeugen kommt Porsches Geschäftsmodell unter Druck.

Mit dem Green Deal der Europäischen Union wird es für Zulieferer immer schwieriger, Kredite von Banken zu erhalten, wenn diese nicht für die Dekarbonisierung eingesetzt werden.

Gerade bei Hochleistungsmodellen wie dem 911 GT 3 bekommt Porsche immer häufiger eine Absage, wenn kleine Stückzahlen für hochkomplexe Verbrenner-Komponenten bei Zulieferern angefragt werden. 

"Ich bin für Dekarbonisierung, aber die Regulierung sollte nicht die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller und vor allem der Zulieferer aufs Spiel setzen", klagte Ex-Finanzchef Lutz Meschke beim vergangenen Autogipfel der baden-Württembergischen Landesregierung.

Auch die Volatilität der globalen Lieferketten und die zunehmenden Handelsbeschränkungen sorgen bei Porsche für eine Art Dauerkrisenzustand. Vor allem in China läuft es nicht mehr. "Es ist kein Unwetter, das vorüberzieht. Die Welt verändert sich massiv – und vor allem anders als noch vor einigen Jahren erwartet", so Porsche-CEO Oliver Blume bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen.

In den ersten sechs Monaten des Jahres kam der Sportwagenbauer nur noch auf eine operative Umsatzrendite von 5,5 Prozent, im Vorjahreszeitraum waren es noch 15,7 Prozent. Allein die Neuaufstellung der Batterieaktivitäten kostete im ersten Halbjahr laut Geschäftsbericht eine halbe Milliarde Euro.

Neben einem konsequenten Sparprogramm mit Stellenabbau hat Porsche auch erste Korrekturen in der Produktion veranlasst. So hat sich Porsche beim elektrischen Cayenne, der 2026 auf den Markt kommen und als Prototyp auf der IAA präsentiert werden soll, für eine eigene Batterie-Modulfertigung entschieden.

In Horná Streda nordwestlich von Bratislava hatte Porsche vor Jahren einen Werkzeugbauer übernommen. Hier entsteht nun eine so genannte funktionsintegrierte Batterie, die mit dem Rahmen verbunden ist und deutlich weniger wiegt.

Damit hat Porsche das Herzstück des Antriebs zumindest bei diesem wichtigen Modell wieder selbst in der Hand und muss keine Ausfälle bei Zulieferern befürchten. Gut möglich, dass in Zukunft die Wertschöpfungstiefe bei Porsche auch an anderen Stellen wieder zunimmt.