Angriff auf VW Passat und Co.: BYD nimmt Europas Kombi-Markt ins Visier

Die chinesischen Autobauer gelten als besonders schnell und unter diesen ist BYD einer der agilsten. So auch bei der IAA in München: Während in den Hallen in Riem die Messebauer noch das Werkzeug sortieren, hat der weltweit größte NEV-Hersteller seinen IAA-Star bereits enthüllt.

Mit dem Seal 6 DM-i bringen die Chinesen ihren ersten Kombi nach Europa. Er ist das zweite Modell, das mit dem Super-Hybrid ausgestattet ist, bei dem der Autobauer eine "revolutionäre" Antriebstechnologie für sich reklamiert.

Lars Bialkowski, Geschäftsführer BYD Deutschland: "Der Seal 6 DM-i Touring ist für uns ein ganz wichtiger Baustein, um BYD in Deutschland noch breiter aufzustellen". Dass man jetzt mit einem Kombi komme, unterreiche auch die besondere Rolle, die Deutschland für BYD spiele.

MIt dem IAA-Frühstart in der denkmalgeschützten Wappenhalle will BYD, zeigen, dass man mit dem Super-Hybrid mit DM-Technologie eine passende Antwort auf die nach wie vor grassierende Reichweitenangst gefunden hat.

Auch aus der Zielgruppe, die man mit dem 4,84 Meter langen Mittelklassemodell im Visier hat, macht der Autobauer kein Geheimnis. Vornehmlich möchte man im Teich der Geschäfts- und Privatkunden fischen, die auf der Suche nach "dem Fahrerlebnis eines Elektroautos mit der praktischen Flexibilität eines Super-Hybrids mit DM-Technologie sind", so die Ansage in der Wappenhalle. 

Erfüllen soll dieses Versprechen der Antrieb: Das Modell verfügt über mehrere BYD-Innovationen, darunter zwei Hochgeschwindigkeits-Elektromotoren mit integrierter Steuerung, eine Blade-Batterie und einen 1,5-Liter-Benzinmotor mit einem thermischen Wirkungsgrad von 43 Prozent.

Der Hybrid mit DM-Technologie (DM steht für Dual Mode) kann auf zwei verschiedene Arten genutzt werden: Im EV-Modus werden die Räder ausschließlich vom Elektromotor angetrieben.

Im HEV-Modus versorgt der Benzinmotor über einen Wechselrichter die Batterie und den Elektromotor mit Strom, wobei das Auto das Ansprechverhalten eines reinen Elektrofahrzeugs bewahrt. In Momenten, in denen zusätzliche Leistung benötigt wird, kann der HEV-Modus von einer Serien- auf eine Parallelschaltung wechseln und so das Potenzial von Benzin- und Elektromotor vereinen.

Das erbringt unter dem Strich eine imposante Reichweite von 1350 Kilometern. Freilich drängt sich bei der Detailbetrachtung die Frage auf, was den Super-Hybrid im Vergleich zu anderen modernen Plug-in-Hybriden wirklich "super" macht. Die bis zu 105 Kilometer rein elektrische Reichweite und der auf dem Papier kombinierte Verbrauch von 1,5 Litern auf 100 Kilometer eher nicht.

So gibt VW für den Passat eHybrid, einen direkten Seal-6-Konkurrenten, einen Verbrauch von etwa 0,3 bis 0,4 Litern Benzin pro 100 km an. Auch andere Leistungsdaten sind im Konkurrenzumfeld zwar ordentlich, ebenso wie Raumangebot und Komfort, aber nicht überragend.
 

Auch das Design fällt nicht besonders auf. Die Marketing-Poeten sprechen zwar vom Schimmern der Meereswellen in der Lichtsignatur und einem vom Ozean insirierten Frontdesign, doch besonders auffällig ist das Äußere nicht. Eher dürfte der Preis für Aufsehen sorgen: Die Einstiegsvariante Boost startet bei 42.990 Euro, die Comfort-Variante liegt bei 49.900 Euro.

Dazu gibt es für die ersten 1000 Käufer als Schmankerl die Comfort Lite Variante zum Preis von 48.900 Euro. Damit bietet BYD das Plug-in-Modell zu einem Preis an, den die Konkurrenten für den Verbrenner aufrufen. Dagegen liegt der europäische Neuzugang von BYD preislich deutlich unter den vergleichbaren Plug-in-Hybriden aus dem Volkswagen-Konzern.

So starten die Preise für den VW Passat eHybrid bei 53.000 Euro, für den Skoda Superb iV bei 51.000 Euro. So könnte der Seal 6 DM-i Touring dann doch zum Hecht im Karpfenteich der Vielfahrer werden. Denn wenn etwas gleich gut oder zumindest nicht schlechter als ein anderes Produkt ist, dann ist der Preis ein ziemlich starkes Argument.

Dazu wird man bald mehr wissen. Denn Eile legt BYD nicht nur beim IAA-Frühstart hin: Mit der Premiere in München startet auch gleichzeitig der Verkauf auf den europäischen Märkten.