Bis Ende Juni will der Stellantis-Konzern den Nachfolger von Carlos Tavares präsentieren. Der Name eines Mannes wird besonders häufig genannt.
Antonio Filosa, Amerika-Chef von Stellantis: Er wird von vielen Autoexperten als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge von Carlos Tavares gehandelt. Verwaltungsratspräsident John Elkann könnte aber andere Pläne haben.
Seit gut einem halben Jahr wird Stellantis von einem Interims-Executive-Komitee geführt. Verwaltungsratspräsident John Elkann betonte zuletzt immer wieder, dass der Konzern bis Ende Juni einen Nachfolger für den ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden Carlos Tavares präsentieren werde.
Gemessen daran läuft die Zeit langsam ab. Und in den letzten Wochen vor Elkanns Ultimatum fällt ein Name besonders häufig: Antonio Filosa.
Auch die Automobilwoche spekulierte schon im Dezember über Filosa als einen der aussichtsreichsten Kandidaten. Der 52-Jährige wacht in Nord- und Südamerika über das Wohl und Wehe der Marken Jeep, Ram und Fiat.
Mehrere Medien wie Bloomberg, Reuters und das französische "Autoplus"-Magazin berichteten zuletzt, der Diplomingenieur stehe weit oben auf der Wunschliste von Elkann. Doch sicher ist die Personalie keinesfalls, auch wenn die Zeit drängt.
Denn eine noch längere Phase ohne CEO kann sich der globale Mehrmarken-Konzern nicht leisten. Bereits bei der Vorstellung der Zahlen zum ersten Quartal hatte es Kritik von Anlegern gegeben.
Nur ein dauerhafter CEO kann zentrale Weichen stellen und langfristige Entscheidungen treffen. Dies hatte COO und Interims-CEO Jean-Philippe Imparato in den vergangenen Monaten vermieden.
Filosa heuerte 1999 bei Fiat an. In seiner Karriere war er unter anderem Direktor von Jeep, leitete das Werk in Betim (Brasilien) und koordinierte anschließend die Marken Alfa Romeo und Maserati in Lateinamerika.
Er arbeitete als Betriebsleiter in Südamerika und schrieb einen großen Bericht über das gesamte industrielle Ökosystem in der Region.
Zuletzt war Filosa auf der Karriereplattform LinkedIn sehr aktiv, berichtete dort über seine Arbeit in Amerika. Für ihn sprechen seine langjährige Erfahrung bei Stellantis, zugleich die breite internationale Karriere und seine Ingenieursausbildung.
Nachteilig könnten ihm allerdings seine enge Verbundenheit mit dem ausgeschiedenen CEO Tavares sein. Zudem ist er in Europa so gut wie unbekannt, was vor allem in Italien und Frankreich schwer zu vermitteln sein dürfte.
Einen wirklichen Beweis für strukturelles Arbeiten hat er auch noch nicht abgeliefert, vielmehr kämpft Stellantis gerade in den USA mit der Herausforderung, neue und verlässliche Lieferketten aufzubauen.
Maxime Picat: Der Einkaufschef gilt als kühler Rechner.
Weiter im Rennen um den Posten sind dem Vernehmen nach auch Einkaufschef Maxime Picat und Marketingchef Olivier François, der zugleich CEO der Marken Fiat und Abarth ist.
Für Picat spricht seine makellose Karriere bei Stellantis. Er gilt ebenso wie Tavares als kühler Rechner und hat China-Erfahrung, auch wenn diese schon viele Jahre zurückliegt.
Allerdings ist Picat als Einkaufschef öffentlich nahezu unbekannt und hat nicht gerade den Ruf, mitreißende Ansprachen zu halten. Zudem ist er keiner Marke besonders verbunden, auf ein großes Team an Gefolgsleuten kann er somit nicht setzen.
Für François spricht seine Expertise als Marketing-Profi und seine sehr gute Vernetzung in Europa. Er kennt die früheren FCA-Marken bestens und gilt als geeignet, ein redegewandtes "Gesicht" des Konzerns nach außen zu werden. Er hat aber keine Erfahrung als Werksleiter oder Chef einer Entwicklungsabteilung.
Olivier François: Der Marketingchef kennt die früheren FCA-Marken bestens.
Doch der künftige Stellantis-CEO muss nicht zwingend ein Insider sein. So wird im Konzernumfeld schon seit Wochen darüber spekuliert, ob nicht ein ehemaliger Top-Manager aus dem Volkswagen-Konzern das Ruder übernehmen könnte.
Dafür war bis vor kurzem noch der bisherige Seat- und Cupra-CEO Wayne Griffiths genannt worden. Als Markenchef sei er ein Meister, als Konzernchef sehe man ihn jedoch eher nicht, heißt es aus Kreisen von Stellantis. Genannt werden dabei vor allem "kulturelle" Dissonanzen. Zudem hat Griffiths keine Amerika-Erfahrung.
Besonders Verwaltungsratspräsident Elkann soll entschlossen sein, eine externe Sicht auf die Herausforderungen des Konzerns zu bevorzugen. Elkann hofft womöglich auf einen "Mulally"-Effekt bei Stellantis.
Alan Mulally war eigentlich ein Luftfahrt-Ingenieur und arbeitete als stellvertretender Chef von Boeing, bevor er 2006 CEO und Präsident von Ford wurde. Er trieb dem Detroiter Autobauer seine notorische Ineffizienz aus und machte das Unternehmen vom Pleitekandidaten zum profitablen Autobauer.
Ihm gelang es auch, Ford als einzigen der damaligen "Big Three" (GM, Ford, Chrysler) ohne staatliche Unterstützung durch die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 zu führen.
