Zoll-Deal mit den USA: Rollt bei uns bald der Cybertruck?

Eine einzige Passage im neuen Rahmenabkommen für ein Handelsabkommen zwischen den USA und der EU sorgt derzeit für Aufsehen in der Automobilbranche. Artikel 8 der gemeinsamen Erklärung vom 21. August sieht vor, dass beide Seiten die gegenseitige Anerkennung von Fahrzeugstandards prüfen.

Wörtlich heißt es: "Im Hinblick auf Autos beabsichtigen die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, die jeweiligen Standards gegenseitig anzuerkennen."

Sollte dies tatsächlich umgesetzt werden, könnten Fahrzeuge künftig auf beiden Seiten des Atlantiks verkauft werden, ohne die jeweiligen nationalen Sicherheits- und Emissionsvorschriften vollständig erfüllen zu müssen.

Das würde enorme Kosten sparen. US-Hersteller könnten etwa Pick-ups wie den Ford F-150 ohne teure Anpassungen nach Europa exportieren. Auch der Cybertruck von Tesla hätte dann gute Chancen auf Straßenzulassung.

Europäische Autobauer wiederum müssten für den US-Markt keine speziellen Stoßfänger, Airbags oder Beleuchtungssysteme mehr entwickeln.

Fachleute wie der US-Handelsanwalt Mitch Zajac sehen darin Einsparpotenzial in hundertfacher Millionenhöhe für die Hersteller. Andere Experten gehen jedoch davon aus, dass es zunächst nur um die gegenseitige Anerkennung von Testergebnissen geht – also weiterhin Marktspezifika berücksichtigt werden müssen.

In Brüssel schlagen einige Verkehrssicherheits- und Umweltverbände Alarm. Antonio Avenoso, Direktor des European Transport Safety Council, warnt: "Die EU hat die weiße Fahne in der Verkehrssicherheit gehisst." Während in Europa automatische Notbremsassistenten, Spurhaltehilfen und Fußgängerschutz vorgeschrieben sind, gelten diese Anforderungen in den USA nicht.

Auch Umweltorganisationen kritisieren die mögliche Öffnung scharf. James Nix vom Thinktank Transport & Environment spricht von einem "Trojanischen Pferd": Riesige Pick-ups wie RAM oder F-150 würden auf den europäischen Markt gelangen und "20 Jahre Fortschritt bei Sicherheit, Luftreinhaltung und CO2-Reduktion zunichtemachen".

Die Normen beiderseits des Atlantiks unterscheiden sich erheblich. So gibt es in den USA einen Fokus auf den Schutz der Fahrzeuginsassen, zudem gelten strengere Grenzwerte bei Stickoxiden. In der EU wiederum liegt ein Schwerpunkt auf Fußgängerschutz, und es gelten strengere CO2-Ziele.

Tests des europäischen Verbraucherschutzprogramms EuroNCAP könnten US-Fahrzeuge ohne Anpassungen schnell durchfallen lassen – mit entsprechendem Reputationsschaden für die Marken.

Marktexperten sind sich einig, dass riesige US-Pick-ups in Europa auch mit regulatorischer Erleichterung kaum Chancen haben werden. Potenzial sehen sie hingegen bei amerikanischen Elektroautos.

"Cadillac will seine E-Offensive international ausrollen – hier könnte sich eine echte Tür öffnen", sagt Analyst Sam Abuelsamid.