Kosten, Diversifikation, Führungsstruktur: Wie Mann + Hummel im "perfekten Sturm" Kurs hält

Mann + Hummel-CEO Kurk Wilks hat zwar einen amerikanischen Pass, doch das hält ihn nicht von Kritik an der aktuellen Trump-Regierung in den USA ab. "Ich bin gegen Zölle und finde, der ehemalige US-Präsident Ronald Reagan hat dazu die richtige Meinung formuliert", sagt Wilks im Gespräch mit der Automobilwoche.

Reagan sagte einmal, man solle Zölle nicht dazu einsetzen, um den Erfolg anderer Länder zu verhindern. "In der Regel gibt es kurzfristig ein paar mehr Jobs, doch wenige Jahre später gehen diese durch die steigende Inflation wieder verloren", ist Wilks überzeugt.

Seit gut fünf Jahren führt Wilks den Filterspezialisten mit Sitz in Ludwigsburg. Angesichts von Covid-Krise, Ukraine-Krieg, brüchigen Lieferketten sowie Regulierung und zunehmenden Handelsbarrieren spricht er vom "perfekten Sturm", in dem sich der Zulieferer befinde.

Trotzdem fiel die Bilanz im vergangenen Jahr ordentlich aus. Zwar ging der Umsatz 2024 um 4,4 Prozent auf 4,53 Milliarden Euro zurück. Grund dafür waren negative Wechselkurseffekte sowie das fehlende Geschäft der 2022 veräußerten Kunststoffsparte.

Doch beim Gewinn konnte Mann + Hummel deutlich zulegen. Das EBIT belief sich auf 230,1 Millionen Euro, die Marge kletterte auf 5,1 Prozent. Im Vorjahr hatte Mann + Hummel praktisch nichts verdient, was aber auch an einmaligen Aufwendungen etwa für die Restrukturierung lag.

"Wir haben unsere Kosten besser in den Griff bekommen, unter anderem durch gezielte Maßnahmen wie Lokalisierung und Einsparprogramme", analysiert Wilks.  Außerdem zahle sich die Diversifikation aus, in den Bereichen Life Sciences und Environment sei ein Wachstum zu beobachten.

Schon seit Jahren versucht Mann + Hummel, die Abhängigkeit von der Automobilindustrie zu reduzieren, und ist heute in weiteren Bereichen wie saubere Luft, sauberes Wasser oder saubere Industrie unterwegs.

"Wir beliefern unter anderem den Flughafen Stuttgart mit Luftfiltern für die Gebäudetechnik – ebenso wie zahlreiche weitere internationale Flughäfen, Krankenhäuser, Wohngebäude, Einkaufszentren und Universitäten weltweit", so Wilks.

Bei der Aufbereitung von Abwasser sei das Geschäft vor allem in Asien teils zweistellig gewachsen. Dazu hat unter anderem ein Großauftrag eines staatlichen Energiekonzerns in China beigetragen.

Eine wichtige Säule bleibt aber nach wie vor das klassische Geschäft mit Filtern für Pkw und Nutzfahrzeuge. Vor allem das Aftersales-Geschäft hat noch Potenzial. Außer in Nordamerika war das Wachstum in allen Regionen zweistellig.

Die weitere Lokalisierung des Produktionsnetzwerks soll dabei unabhängiger machen von Handelsbarrieren oder brüchigen Lieferketten, auch wenn dies laut Wilks zum Teil Auswirkungen auf die Produktion in Deutschland habe. "Zum Beispiel haben wir kürzlich in Südafrika ein Werk eröffnet, in dem wir 600.000 Filter pro Jahr in die regionalen Märkte bringen können."

In Deutschland dagegen wird in Zukunft kaum mehr in die Produktion investiert. So hatte Mann + Hummel das Werk am Stammsitz in Ludwigsburg bereits 2022 geschlossen. Zwar wurde im Februar 2025 am Standort Marklkofen – mit 3000 Beschäftigten der größte der Welt – eine neue Halle zur Herstellung von Filtermedien eröffnet. Aber "da die Materialien in vielen Produkten gleich sind, können wir skalieren und so Kosten sparen", so Wilks.

Ein Aufbau an Beschäftigung war damit allerdings nicht verbunden. In Ludwigsburg, wo auch Forschung und Entwicklung angesiedelt sind, arbeiten noch 1000 Beschäftigte. Dazu gibt es in Himmelkron und Speyer zwei kleinere Werke mit zusammen 500 Mitarbeitern.

"Der Druck auf die deutschen Standorte wächst, die Gründe sind bekannt", sagt Wilks. Hohe Energie- und Lohnkosten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit. Zwar gebe es momentan keine weiteren Pläne für einen Stellenabbau, angesichts der unsicheren Lage sei dies aber auch nicht ausgeschlossen. Weltweit beschäftigt der Filterspezialist an über 80 Standorten rund 22.500 Menschen.

Was den Ausblick für 2025 angeht, bleibt Wilks angesichts der aktuellen Lage vorsichtig. Der Markt für Neuwagen werde mit Bezug auf die eigenen Kunden in diesem Jahr kaum wachsen. Im Nutzfahrzeugbereich hemmten Zölle und die Regulierung Neubestellungen, da Entscheidungen aufgeschoben würden.

Auf der Kostenseite könne man mit der Produktion noch näher zu den Kunden gehen, aber auch diese Investitionen würden durch die unsichere Lage erschwert. "In vielen Fällen können wir nur abwarten und beobachten", sagt Wilks, der dennoch an den Erfolg glaubt: "Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es wird nicht einfacher."

Während in Europa und den USA in vielen Bereichen Stagnation herrscht, geht es in einer Region weiter voran. "Die größten Chancen sehen wir aktuell in China, wo sich die Geschäfte sehr gut entwickeln", so Wilks. Man habe mit den Projekten der westlichen Hersteller begonnen, aber zunehmend auch lokale Autobauer als Kunden.

Neben den klassischen Filtern für Verbrenner-Fahrzeuge betrifft das auch Elektroautos, wo zum Beispiel die Batterie entlüftet werden muss und auch E-Achsen einen Filter benötigen. Für neue Produkte hat Mann + Hummel zahlreiche Auszeichnungen erhalten. 

Vom Antrieb unabhängig seien beispielsweise die Innenraumfilter. "Außerdem entwickelt sich der Aftermarket in China erfreulich", sagt Wilks. So habe man etwa eine große Werkstattkette als Partner gewinnen können. Auch Indien entwickle sich als Markt positiv, sowohl bei den Neuwagen als auch im Service-Geschäft.

Um in Zukunft noch schlagkräftiger agieren zu können, hat Wilks vor wenigen Wochen die Führungsmannschaft umgebaut. So übernimmt Jurate Keblyte den Posten als Finanzchefin von Emese Weissenbacher.

Sie bringe große Erfahrung mit Transformation mit. Keblyte war unter anderem beim Zulieferer Grammer sowie beim Roboterhersteller Kuka in Management-Positionen. Weissenbacher wird Chief Operating Officer. Eine Position, die es zuvor im Unternehmen nicht gab. Sie soll die Digitalisierung und Standardisierung von Prozessen in den Fabriken vorantreiben.

Von der neuen Führungsstruktur werden auch die Kunden profitieren, ist Wilks überzeugt. Es gehe um Resilienz und die Fähigkeit, sich schnell an die Umwelt anzupassen. "So behalten wir die Kontrolle und können nach vorne schauen."