Unruhe bei ZF: Personalvorständin schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht aus

Die Beschäftigten von ZF Friedrichshafen dürften der nächsten Aufsichtsratssitzung des Zulieferers am 29. Juli mit großer Spannung entgegensehen. Hier werden nicht nur die nächsten Schritte des Konzerns verabschiedet, sondern voraussichtlich auch Einschnitte für die Belegschaft beschlossen.

Die Begleitmusik für das Gremium sind die angekündigten Proteste seitens der Arbeitnehmer. ZF-Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich will an diesem Tag mit 5000 Beschäftigten zur Friedrichshafener Konzernzentrale marschieren.

Bereits Anfang September vergangenen Jahres hatte der Betriebsrat mehrere Tausend Mitarbeiter an verschiedenen Standorten des Unternehmens auf die Straße gebracht, um gegen den Abbau von 14.000 Stellen in Deutschland zu protestieren – rund ein Viertel der Belegschaft.

Der Auslöser für die jetzigen Proteste sind Aussagen von ZF-Managern auf Betriebsversammlungen an mehreren Standorten des Unternehmens. Für Aufregung sorgten insbesondere Äußerungen von Personalvorständin Lea Corzilius auf einer Betriebsversammlung in Friedrichshafen.

Demnach werden auch betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen. Ein Sprecher des Betriebsrats bestätigte die Aussagen auf Anfrage. Eigentlich sind betriebsbedingte Kündigungen am Standort Friedrichshafen bis Ende Juni 2028 ausgeschlossen.

Grundlage dafür ist die im Sommer vergangenen Jahres ausgehandelte Zielvereinbarung zwischen Unternehmen und Arbeitnehmervertretung.

Mit Verweis auf die schwierige konjunkturelle Lage habe die Vorständin weitere Sparbeiträge von den Mitarbeitern gefordert. Das Stichwort: Entgeltkürzungen von übertariflichen Leistungen. Franz-Josef Müller, Vorsitzender des Standortbeirats, zeigte sich insbesondere darüber enttäuscht, dass Corzilius im Gegenzug den Arbeitnehmern nichts angeboten habe.

"Das ist der Grund, warum wir nun keine Gespräche mehr mit dem Unternehmen führen werden, bevor wir wissen, wohin die Reise geht." Die Belegschaft werde nur noch Beiträge leisten, wenn sich der Vorstand zu verlässlichen Zusagen durchringe. Das sei aber nicht absehbar, sagte Dietrich.

Auf einer weiteren Betriebsversammlung forderte Peter Laier, Chef der Nutzfahrzeugsparte und Produktionsvorstand, zusätzliche Sparbeiträge von den Mitarbeitern. Er erklärte, dass "das Unternehmen alle übertariflichen Leistungen beschneiden will".

Dietrich kritisierte, dass die mit den Beschäftigten der Nutzfahrzeug-Sparte diejenigen zur Kasse gebeten werden sollen, deren Bereich immer noch gute Gewinne schreibe. Ihn störte zudem der Zeitpunkt der Forderungen, da in den vergangenen Monaten an vielen deutschen Standorten Gespräche über die Zukunft geführt worden seien.

Der Zulieferer hat laut Dietrich auf mehreren Betriebsversammlungen von der Belegschaft Gehaltseinbußen von deutlich über fünf Prozent angekündigt. "Der Vorstand drückt wieder den Panikknopf."

Er führe das Unternehmen gegen die Belegschaft. Vorstandschef Holger Klein erkläre zwar immer wieder in der Öffentlichkeit, dass er einen klaren Plan verfolge, doch bislang sei offen, wie weit es tatsächlich zu Ausgliederungen und Desinvestitionen kommen wird und ob sich das Unternehmen in der schwierigen Branchensituation gesundschrumpfen kann.

Der Konzern leidet unter einer Schuldenlast von mehr als zehn Milliarden Euro, die durch die Übernahmen von TRW Automotive und Wabco entstanden sind. Zudem lastet auf dem Unternehmen eine jährliche Zinslast von mehr als einer halben Milliarde Euro und engt den Spielraum für Investitionen ein. 

Um die Schuldenlast zu mindern, will sich der Zulieferer von der auf passive Sicherheitssysteme spezialisierte Sparte ZF Lifetec trennen. Dort werden Airbags, Gurte und Lenkräder hergestellt.

Die Einheit soll in Teilen oder komplett verkauft werden. Auch ein Börsengang ist möglich. Doch noch kann der Konzern dafür keinen Käufer präsentieren. ZF hat in der Vergangenheit mehrfach betont, nicht unter Zeitdruck zu stehen. Auch für die Antriebssparte wurden bislang keine Partner gefunden.