Deutschlands Autoindustrie schmiedet Software-Allianz gegen Google und Co.

Der wachsende Einfluss von US-Tech-Konzernen auf den Automobilsektor gefährdet zunehmend die technologische Souveränität europäischer Hersteller. Künftige digitale Geschäftsmodelle und softwarebasierte Fahrzeugarchitekturen drohen unter der Kontrolle amerikanischer Plattformen zu entstehen.

Mit Unterstützung des Verbands der Automobilindustrie (VDA) setzt die deutsche Branche nun ein Zeichen: Elf Unternehmen, darunter die Hersteller Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz, haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, um gemeinsam eine herstellerübergreifende Basis-Software zu entwickeln. Ziel ist es, die Entwicklungskosten signifikant zu senken und gleichzeitig die Innovationsgeschwindigkeit zu steigern.

Die Vereinbarung wurde auf dem 29. Internationalen Automobil-Elektronik-Kongress (AEK) in Ludwigsburg vorgestellt. "Wir bauen gemeinsam ein zukunftsfähiges, leistungsstarkes Software-Ökosystem – offen, transparent und sicher", sagte VDA-Geschäftsführer Marcus Bollig.

Neben den drei großen Herstellern zählen auch die Zulieferer Bosch, Continental, ZF sowie der französische Anbieter Valeo mit seiner Brain-Division zu den Gründungsmitgliedern. Ergänzt wird das Konsortium durch die Softwarefirmen Etas, Qorix und Vector.

Das entstehende Ökosystem soll prinzipiell auch für weitere deutsche, europäische und chinesische Partner offen sein, betonte Bollig. "Das ist keine rein deutsche Initiative", stellte er klar. Zum Start habe man sich jedoch auf VDA-Mitgliedsunternehmen konzentriert, um lange Abstimmungsprozesse zu vermeiden. Gespräche mit dem französischen Partnerverband PFA (Plateforme Automobile) laufen bereits.

Der gemeinsame "Core Stack" – die zentrale Softwarearchitektur moderner Fahrzeuge – soll bis 2026 verfügbar sein. Der Serieneinsatz in ersten Modellen ist ab 2030 geplant. Als technisches Rückgrat ist der Stack markenunabhängig und für Endkunden unsichtbar. Differenzierung ermöglichen die aufsetzenden Module, etwa für Infotainment oder Assistenzsysteme.

Die Software wird unter dem Dach der Eclipse Foundation entwickelt und baut auf dem bereits gestarteten Projekt S-Core auf. Der Quellcode wird als Open Source veröffentlicht. Die beteiligten Unternehmen können den Core Stack vollständig oder modular nutzen – je nach Bedarf. Der VDA macht jedoch deutlich: Die größten Synergieeffekte bei Kosten und Geschwindigkeit entstehen nur bei umfassender Nutzung.

BMW-Elektronikchef Christoph Grote bezeichnete integrierte Open-Source-Ökosysteme als "entscheidenden Treiber für Mobilitätsinnovationen". Ein gemeinsamer "Code-First-Ansatz" bilde die Grundlage für zukünftige Funktionsinnovationen, sagte er.

Oliver Seifert, bei Porsche verantwortlich für Forschung und Entwicklung im Bereich Infotainment und Vernetzung, ergänzte: "Mit dem Open-Source-Ökosystem verkürzen wir die Time-to-Market, senken den Entwicklungsaufwand und fördern Innovation."

Auch Mercedes-Manager Magnus Östberg betonte die strategische Relevanz: "Als Mitgestalter eines offenen Automobil-Ökosystems treiben wir mit unserer Code-First-Strategie die Zukunft der Fahrzeugsoftware aktiv voran. Offene Standards sind das Fundament unserer Innovationskraft."