Bosch-Chef: "Das Weltauto ist längst Vergangenheit"

Trotz des Gegenwinds auf vielen Märkten hält der Bosch-Konzern an seinen ambitionierten Zielen für die nächsten Jahre fest. So strebt das Unternehmen bis zum Jahr 2030 ein durchschnittliches Umsatz-Wachstum von sechs bis acht Prozent an. 

Selbst das kurzfristige Ziel einer operativen Rendite von sieben Prozent für das Jahr 2026 wird nicht aufgegeben. Im vergangenen Jahr erreichte Bosch bei dieser wichtigen Kennzahl für die Profitabilität nur 3,5 Prozent.

Der Umsatz stagnierte bei 90,3 Milliarden Euro. "Spätestens in fünf Jahren wollen wir zu den führenden drei Anbietern in unseren Kernmärkten gehören“, so Bosch-Chef Stefan Hartung.

In den ersten drei Monaten des Jahres konnte Bosch den Umsatz um rund vier Prozent steigern. In der Mobility-Sparte betrug der Zuwachs sogar sieben Prozent. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass viele neue Technologien rund um Elektromobilität, Software und automatisiertes Fahren nun Fahrt aufnehmen, so Mobility-Chef Markus Heyn. 

Während beispielsweise in China bereits viele Projekte rund um die Elektromobilität profitabel seien, fehlten in Europa noch die Stückzahlen. Der Bosch-Konzern rechnet für 2025 "trotz aller Widrigkeiten" mit einem Umsatzwachstum von ein bis drei Prozent. Das Ergebnis soll verbessert werden. Genauere Angaben machte das Unternehmen wegen der unsicheren Lage nicht. Notwendig sei ein Wachstum im Markt insgesamt.

Dies sei auch die Voraussetzung dafür, die Profitabilität im nächsten Jahr auf die gewünschte Stufe zu heben. "Wir gehen dafür von einer gewissen Erholung der Weltkonjunktur aus", so Hartung. Außerdem würden sich dann die angestoßenen Sparprogramme bemerkbar machen, die bisher hauptsächlich zusätzliches Geld gekostet haben. 

So wurden laut Finanzchef Markus Forschner im vergangenen Jahr für den geplanten Stellenabbau Rückstellungen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro gebildet. Wenn das erwartete weltweite Wachstum dagegen ausfalle, seien auch die Ziele von Bosch kaum zu erreichen, räumte Hartung ein. Dann würde Bosch eine längere Durststrecke drohen.

Einen großen Einfluss hat auch der Ausgang der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und vielen Ländern der Welt. Hier sei es aber noch zu früh, um Prognosen abzugeben.

"Wir sind von allem betroffen“, so Hartung. Man werde wohl erst am Ende des Jahres wissen, wie hoch die Netto-Belastung für das Unternehmen sei. BMW-Chef Oliver Zipse hatte sich zuletzt optimistischer gezeigt, dass es eine Lösung geben könnte.

Bosch sei zwar in Gespräche mit der US-Administration eingebunden, könne aber nur begrenzt Einfluss nehmen, so Hartung. Unabhängig vom Ausgang der Zolldiskussion werde sich der Trend verstärken, Produkte noch stärker zu regionalisieren.

So würden beispielsweise im Bereich automatisiertes Fahren Sensoren so entwickelt, dass sie verschiedene Chips aufnehmen können. "Das Weltauto oder der Weltkühlschrank sind längst Vergangenheit“, so Hartung.

Um sich im weltweiten Wettbewerb behaupten zu können, setzt Bosch nach wir vor auf Innovation. Das Unternehmen melde seit 18 Jahren in Deutschland die meisten Patetente an, im vergangenen Jahr waren es 6700.

Hartung verwies auf Technologien wie Brake-by-Wire oder eine neue Generation an Fahrassistenzsystemen, die als Module für das Einstiegssegment, die Mittel- oder Oberklasse bestellt werden können. 

Bosch ist einer der großen Anbieter bei Level 2+ oder Level 2++-Systemen. Hier bleibt der Fahrer zwar noch in der Verantwortung, das Fahrzeug kann aber auch durch komplexe Situationen im Stadtverkehr navigieren, ohne das häufig eingegriffen werden muss.

Nach der Vorstellung von BYDs System „God‘s Eye“ habe es bei Bosch eine Flut von Anfragen der Hersteller nach ähnlichen Systemen von Bosch gegeben, so Heyn.
 

Große Hoffnungen setzt Bosch auch nach wie vor auf den Wasserstoff. Zwar hat sich das Unternehmen von stationären Systemen jüngst verabschiedet, dafür setzt Hartung große Hoffnung auf den Wasserstoff-Motor. Dieser sei wie der Verbrenner aufgebaut, stoße aber lokal keine CO2-Emissionen aus. Technologisch seien die Fortschritte groß, doch die Politik hinke hinterher. 

„Die EU erhebt zwar keine Energiesteuer für die Nutzung von Wasserstoff in Brennstoffzellen, wohl aber für die Nutzung in Verbrennungsmotoren“, monierte Hartung. Das sorge für Unsicherheit und führe dazu, dass viele Tankstellen die Betankung von Wasserstoffmotoren derzeit nicht anbieten.

Ohnehin appellierte Hartung an die Politik, endlich die Weichen für mehr Wachstum zu stellen. In der EU müsse der Binnenmarkt weiter gestärkt werden, etwa durch einen zügigen Ausbau der Kapitalmarktunion sowie den Abbau von Bürokratie. Die geplanten Milliardenpakete müssten zielgerichtet in Reformen investiert werden, die Ausgaben dürften nicht ausufern. 

Die neue Regierung in Deutschland unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) forderte Hartung dazu auf, jetzt einen Prozess des Wachstums zu starten.  Dies sei alternativlos, um die großen Maßnahmenpakete zu finanzieren. Außerdem solle nach Sparmöglichkeiten geschaut werden, beispielsweise bei der Bürokratie, aber auch bei der Rente.

Hartung machte auch klar, dass es bei Bosch einen weiteren Stellenabbau insbesondere in Deutschland und Europa geben werde. Über die vergangenen Jahre war bereits ein Wegfall von rund 12.500 Jobs weltweit angekündigt worden.

Personalchef Stefan Grosch sagte, dabei werden man wie bisher je nach Standort und Geschäftsfeld vorgehen. Es sei daher nicht möglich, eine konkrete Zahl zu nennen. Die Notwendigkeit ergebe sich allein durch den Wandel vom Verbrenner hin zum elektrischen Antrieb, wo weniger Mitarbeiter gebraucht werden. 

Bosch werde hierbei so sozialverträglich wie möglich vorgehen. So habe man beispielsweise eigene Jobbörsen eingerichtet, bei denen andere Unternehmen gezielt Fachkräfte von Bosch rekrutieren können.

„Wenn wir hier Mitarbeiter nicht beschäftigen können, aber trotzdem halten, macht das volkswirtschaftlich keinen Sinn“, so Hartung. Um die Ertragskraft zu steigern, müssten die Programme nun zügig umgesetzt werden.