Durchaus. Ich könnte mir Alfa Romeo gut als einen weiteren und wichtigen Bestandteil des VW-Markenbündels vorstellen. Denn wenn VW bei der Abdeckung der verschiedenen Segmente überhaupt noch Lücken aufweist, dann im Bereich der mittelpreisigen bis leicht gehobenen Sportmodelle. Und für die erfolgreiche Bearbeitung eben dieser Marktfelder steht Alfa Romeo.
Metzler-Analyst Pieper: Alfa Romeo könnte VW-Marken gut ergänzen
Akuter Handlungsbedarf besteht sicher nicht. Mit seinem Markenportfolio von Seat und Skoda über Audi bis hin zu Bentley, Lamborghini und Bugatti hat der VW-Konzern schon heute mehr zu bieten als die Wettbewerber weltweit. Aber gerade die Kernmarke Volkswagen weist noch eine vergleichsweise geringe Emotionalisierung auf. Selbst die Premiumtochter Audi wirkt bisweilen ein wenig nüchtern, denken Sie nur an den eher kühlen Slogan "Vorsprung durch Technik“. Eine emotional aufgeladene Marke wie Alfa Romeo könnte da willkommene Abstrahleffekte liefern.
Darin läge eigentlich eine große industrielle Logik. Ich gebe aber zu bedenken, dass Seat ein bedeutsamer Arbeitgeber in Spanien ist. Eine Schließung von Seat wäre nicht zuletzt angesichts der herausragenden volkswirtschaftlichen Stellung somit ein Politikum, das VW sich gewiss ersparen möchte. Als Marke wäre Alfa Romeo ohne Zweifel stärker als Seat. Und die Produktionskapazitäten im Seat-Stammwerk Martorell könnte VW gut für die geplante Wachstumsoffensive nutzen.
Da ließen sich viele interessante Projekte denken. Etwa ein kleines, bezahlbares Auto mit betont sportiven Eigenschaften unterhalb des Porsche Boxster und neben dem Audi TT. Insbesondere bei Porsche müsste man aber sorgfältig darauf achten, mit allzu stark steigenden Stückzahlen bei einer Kooperation mit Alfa Romeo nicht die hohe Exklusivität der Marke zu gefährden.
Die Führungskräfte des VW-Konzerns hegen ja seit Langem eine gewisse Bewunderung für italienisches Automobildesign. Und die Kompetenzen von Italdesign Giugiaro und Alfa Romeo sind unbestritten. Deren gezielte Verbindung könnte dem Pkw-Programm des VW-Konzerns noch viele hinreißend hübsche Modelle bescheren.
Eine sehr berechtigte Überlegung. Und ein potenzielles Problem. Denn die Integration von Porsche, die Kooperation mit Suzuki, der Ausbau der E-Mobilität und viele andere strategische Aufgaben binden das Topmanagement-Team um Konzernchef Martin Winterkorn schon jetzt immens. Eine Beteiligung an Alfa Romeo wäre mithin eine zusätzliche Belastung, die man nicht unterschätzen sollte. Selbst für einen so großen und imagestarken Weltkonzern wie VW wird es immer schwieriger, qualifizierte Führungskräfte in ausreichender Anzahl für sich zu gewinnen.