München. Der 30. November ist in den Kalendern der Versicherungsmanager dick umrandet. Bis zu diesem Tag haben sie Zeit, die Kunden der Konkurrenz zum Wechsel zu bewegen. Als Lockmittel setzten sie vor allem auf niedrige Preise ihrer Policen, auch bei den Kfz-Kaskoversicherungen. Der Wettbewerb ist dabei so hart geworden, dass Dirk Schmidt-Gallas von der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners von einer „Margenvernichtung durch den Preiskrieg am Jahresende“ spricht.
Druck von HUK-Coburg & Co.
Besonders umkämpft ist der Markt der Kfz-Versicherungen, weil hier zum einen jährlich mehr als 20 Milliarden Euro ausgegeben werden und zum anderen der Verkauf der Kasko-Versicherungen genutzt wird, um neuen Kunden auch andere Policen anzubieten. Die Nürnberger Versicherung beispielsweise verkauft jedem Kfz-Versicherten im Schnitt 1,7 weitere Policen. Für den Zugang zum Kunden nehmen die Versicherer in Kauf, kaum Gewinne einzufahren.
Den Druck aus dem Versicherungsgeschäft verteilen Gesellschaften wie HUK-Coburg, Gothaer und Axa nun auch auf die Schultern der Reparaturbetriebe. Sie haben Kasko-Policen mit Werkstattbindung als Instrument entdeckt, um mit noch niedrigeren Beiträgen Kunden zu gewinnen. Bis zu 15 Prozent kann der Autofahrer sparen, wenn er eine Police mit Werkstattbindung wie die „Kasko Select“ der HUK-Coburg wählt. Die Wahl der Werkstatt hat er dann allerdings nicht mehr, denn im Schadenfall wird sein Auto in einer Partnerwerkstatt der Versicherung repariert.
Rechtsanwalt Elmar Fuchs hält die Policen mit Werkstattbindung bei geleasten oder finanzierten Fahrzeugen für rechtswidrig. Denn Leasingverträge fordern, dass Wartung und Reparatur in autorisierten Betrieben erledigt werden. Wird das Auto stattdessen in eine nicht autorisierte Werkstatt gebracht, muss der Leasingnehmer laut Fuchs damit rechnen, dass der Restwert um etwa zehn Prozent gemindert wird.
Niedrige Stundensätze sind laut Jürgen Wulf von Steria Mummert Consulting nur der erste Schritt, um die Preise zu senken. Künftig könnten vermehrt gebrauchte Ersatzteile verbaut werden. „Für den Kunden birgt dies keine Gefahr, weil die Werkstatt für ihre Arbeit haftet und entsprechend entscheidet, wann ein gebrauchtes Ersatzteil verbaut werden kann“, sagt Wulf. Es sei schließlich unnötig, „zu rostigen Kotflügeln eine glänzende Heckklappe einzubauen“.
Den Fahrzeughaltern drohen also finanzielle Einbußen, den beteiligten Werkstätten hingegen sind sie gewiss. Denn der Nachlass von 15 Prozent rührt vor allem daher, dass die Versicherungen mit ihren Partnerwerkstätten niedrigere Stundensätze vereinbaren. Von der HUK-Coburg, die bereits jeden fünften neuen Kaskovertrag mit Werkstattbindung verkauft, erhalten die Werkstätten laut dem Zentralverband des Kfz-Gewerbes (ZDK) einen Stundensatz von 40 bis 60 Euro. Der deutschlandweite Durchschnittspreis einer Werkstattstunde lag im Jahr 2005 hingegen bei 62 Euro. Dieses Herabsetzen der Stundensätze bewertet der ZDK als „bedrohliche Entwicklung für das Kraftfahrzeuggewerbe“.