Bonn. Dass es um den deutschen Reifenhandel nicht gut bestellt ist, weiß man kaum irgendwo besser als in der Franz-Lohe-Straße 19 in Bonn. Hier, einen Steinwurf vom Rhein entfernt und gleich neben der Zentrale des ZDK, hat der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) seine Geschäftsstelle. Als BRV-Präsident Per Hülzer die Verbandsmitglieder jüngst nach Konstanz lud, hat er bereits auf den Ernst der Lage hingewiesen. Denn die Verbandsmitglieder bekommen von ihrem eigenen Markt – dem deutschen Reifenmarkt – immer weniger ab. Bis 2020 wird es laut einer aktuellen Analyse weiter bergab gehen.
Doch nun hat Hülzer aktuelle Ergebnisse eines großen Betriebsvergleichs, der zeigt, dass nicht erst 2020 ein Umdenken stattfinden darf. Denn schon heute schreiben viele Betriebe rote Zahlen: „Im Schnitt derjenigen Outlets, die die Gesamtkosten für den Betriebsvergleich melden, lag das betriebswirtschaftliche Ergebnis per Mai bei -3,4% vom Umsatz“, schreibt der Verband in einer Mitteilung an seine Mitglieder und setzt ein fettes Ausrufezeichen dahinter. „Der Strukturwandel in der Branche ist in vollem Gange und mittel- bis langfristig wird der Reifenfachhandel nur dann eine Chance haben, wenn er sich den Herausforderungen stellt“, heißt es mit warnendem Unterton in der Bonner Geschäftsstelle.Servicegeschäft rettet Reifenhändler
Das Problem der Reifenhändler: Sie haben von Januar bis Mai, denn diesen Zeitraum deckt der Betriebsvergleich ab, nicht nur drei Prozent weniger Reifen als im Vorjahreszeitraum verkauft, sie haben auch noch niedrigere Preise akzeptieren müssen. Deshalb ging der Umsatz der Betriebe mit Reifen gar um vier Prozent zurück. In den zwei Jahren zuvor konnten die Preise noch relativ stabil gehalten werden.
Und das Ergebnis für die ersten fünf Monate des Jahres wäre noch schlechter ausgefallen, hätte nicht das Winterwetter im Frühjahr viele Autofahrer zum Kauf neuer Winterreifen getrieben. Das Umsatzwachstum lag dabei im Schnitt bei 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das war auch bitter nötig, denn in allen übrigen Reifensegmenten gingen Stück- und Umsatzzahlen zurück. Das laufende Jahr stellt die Branche auf eine harte Probe.Stabil blieb hingegen das Geschäft mit dem Reifenservice, teils legten die Händler hier sogar zu. Und die Mitglieder des BRV machen den ZDK-Kollegen zunehmend das Geschäft streitig. Im Autoservice konnten sie je nach Betriebsausrichtung zwischen 3,4 und 15 Prozent mehr Umsatz einfahren. Die Reifenhändler scheuen dabei auch nicht davor zurück, ihre Stundenverrechnungssätze anzuheben. „Da die Umsätze bei Autoservice-Dienstleistungen deutlich stärker ausfielen als bei den Ersatzteilen liegt die Vermutung nahe, dass das Wachstum überwiegend aufgrund gestiegener Stundenverrechnungssätze erzielt wurde“, schreibt der BRV hierzu.
Dennoch schrumpfte der Gesamtumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,5 Prozent. Es gelang den Reifenhändlern zwar, den Rohertrag leicht zu steigern. Die untersuchten Betriebe brachten es hier im Schnitt auf rund 195.000 Euro. Weil aber die Kosten für Personal und Geschäftsräume stiegen, verschlechterte sich das Ergebnis der deutschen Reifenhändler.