München. Gut 6000 Euro verlangte der Mitarbeiter nachträglich von seinem Arbeitgeber für vier Jahre. Damit sollte dieser auch jene 36 Minuten pro Tag bezahlen, die der Mitarbeiter mit Umkleiden und dem Weg vom Umkleideraum zu seinem Arbeitsplatz verbracht hatte. Dafür verlangte er den gleichen Stundenlohn wie für seine eigentliche Arbeitstätigkeit. Der Rechtsstreit darüber, ob diese Forderung berechtigt war, ging bis zum Bundesarbeitsgericht. Dort bekam der Arbeitnehmer prinzipiell recht, musste sich allerdings mit knapp 4700 Euro zufrieden geben, weil die Arbeitsrichter einer früheren Instanz es selbst ausprobiert hatten: Für Umkleiden und den Weg zum eigentlichen Arbeitsplatz reichten 27 Minuten pro Tag.
Bemerkenswert ist das Urteil auch deshalb, weil im Arbeitsvertrag ausdrücklich festgehalten ist: „Die Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren oder Pausenräumen sind leistungsentgeltfrei.“ Prinzipiell bestätigten die obersten Arbeitsrichter dem Unternehmen zwar: „Grundsätzlich kann durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit getroffen werden.“ Aber im konkreten Fall habe der Arbeitgeber dazu nicht richtig formuliert. Denn der Arbeitnehmer erhalte für seine Arbeit gar kein „Leistungsentgelt“, sondern einen zeitbezogenen Stundenlohn. Hier könnte man vielleicht spitzfindig auch zu anderen Interpretationen kommen. Doch das Bundesarbeitsgericht betonte: „Ein durchschnittlicher Arbeitnehmer muss, selbst wenn in seinem Fall nur eine leistungsunabhängige Vergütung vereinbart ist, nicht davon ausgehen, der Rechtsbegriff „leistungsentgeltfrei“ sei erweiternd dahingehend auszulegen, auch nicht leistungsbezogene Vergütungsbestandteile seien erfasst.“
Dabei kann nicht jeder Arbeitnehmer, der Arbeitskleidung anlegt, sich die entsprechende Zeit bezahlen lassen. Eine Frage dabei ist etwa, ob eine bestimmte Arbeitskleidung vorgeschrieben ist und wo die angelegt werden muss. Im vorliegenden Fall in der Lebensmittelindustrie hatte der Arbeitgeber dazu klare Vorgaben gemacht: Er stellte die Arbeitskleidung. Und nach den für die Tätigkeit geltenden Hygienevorschriften durfte sie nicht mit nach Hause genommen, sondern musste im Betrieb angelegt werden. Sie musste an einer Ausgabestelle abgeholt und in einem Umkleideraum angelegt werden, der sich ein Stück vom eigentlichen Arbeitsplatz entfernt befand.
(Urteil des Fünften Senats vom 26. Oktober 2016, 5 AZR 168/16)
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