Studie: Zulieferer suchen besonders emsig nach neuen Geschäftsfeldern

Um den Unternehmenswert zu steigern, legen Automobilzulieferer besonders viel Wert darauf, neue Märkte zu erschließen und innovative Produkte zu entwickeln. So lautet ein zentrales Ergebnis einer Befragung der Unternehmensberatung FTI Consulting unter über 500 Private-Equity-Entscheidern weltweit, die im zweiten Quartal 2025 stattfand.

Demnach arbeiten 36 Prozent der Befragten aktiv ("sehr häufig") an der Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Zum Vergleich: Im Energiebereich sind es 30 Prozent, im Gesundheitswesen nur 25 Prozent. Für insgesamt 79 Prozent der Studienteilnehmer im Automotive-Bereich spielt das Thema aktuell eine relevante Rolle.

"Viele Unternehmer und Führungskräfte in der deutschen Zulieferindustrie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sie so wie bisher nicht weitermachen können", erklärt Ralf Winzer, Vorstand und Partner bei FTI-Andersch. Der Grund: Sinkende Nachfrage in Europa bei gleichzeitig härterem globalen Wettbewerb.

Neue Unternehmen, vor allem aus China, drängen in den Markt. Darum versuche sich eine signifikante Anzahl an Zulieferern jetzt neu zu erfinden oder sich zumindest zu diversifizieren.

"Vor allem dort, wo hohe technische Anforderungen bestehen, sehen wir Chancen", sagt der Unternehmensberater. Beispiele sind für ihn die Luftfahrt, der Bereich erneuerbare Energien, die Wehrtechnik oder industrielle Antriebssysteme. "In diesen Branchen sind die Anforderungen an Präzision, Qualität und Dokumentation ähnlich hoch wie in der Automobilindustrie", so die Einschätzung Winzers. Das senke einerseits die Einstiegshürde, erfordere andererseits aber einen erheblichen zeitlichen Vorlauf.

"Trotzdem braucht es mehr als technisches Know-how", ist der FTI-Andersch-Partner überzeugt. Zulassungen, neue Kundenbeziehungen, kleinere Losgrößen und andere Produktzyklen würden viele Unternehmen vor kulturelle und operative Herausforderungen stellen.

Seine Empfehlung: "Wer schrittweise vorgeht, mit Nischenprodukten startet und auf strategische Partnerschaften setzt, kann sich dennoch erfolgreich neue Märkte erschließen – ohne das Kerngeschäft sofort zu gefährden." Aber er warnt auch: "Das ist kein Selbstläufer." Er hält es für fahrlässig, jetzt nicht zu prüfen, wo und wie man sich als Automobilzulieferer breiter aufstellen kann. 

Doch das alles kostet Geld. Darum hält er für nachvollziehbar, dass 42 Prozent der Befragten sehr häufig ihre Lieferketten und prozessualen Abläufen optimieren, 41 Prozent ihr operatives Kapital effizienter nutzen wollen und 39 Prozent "sehr häufig" angegeben haben, an der Anpassungen ihrer Kostenstrukturen zu arbeiten.

Die Kombination aus Überkapazitäten, schrumpfendem Verbrennergeschäft und hohem Investitionsbedarf zwinge viele Zulieferer zu grundlegenden Änderungen. "Was nicht mehr zukunftsfähig oder wirtschaftlich ist, wird aussortiert – sei es durch Carve-outs, Verkäufe oder die Stilllegung kompletter Produktlinien oder Werke", so Winzer.

Auch viele Mittelständler müssten sich neu aufstellen, oft unter schwierigen Bedingungen. Wer dabei konsequent fokussiert und frühzeitig die operative Basis sichert, könne jedoch wieder Spielräume schaffen: für gezielte Investitionen, neue Kunden oder den Einstieg in andere Märkte.

Und die Unternehmen benötigen für einen weiteren Bereich ausreichend Kapital: eine moderne Technologie und IT-Infrastruktur. Aus Sicht der Befragten sind dies die wichtigsten Hebel zur Wertsteigerung. 47 Prozent setzen hier sehr häufig aktiv auf neue Investitionen, insgesamt haben das 88 Prozent angegeben. 

Die Investitionen sind nicht nur von großer Bedeutung, um neue Produkte und Märkte zu erschließen oder die bestehende Kundenbasis zu bedienen. Die Entscheider der Private-Equity-Unternehmen hätten auch angegeben, dass der Reifegrad von KI und Automatisierung in den operativen Abläufen das wichtigste Kriterium für einen erfolgreichen Exit ist. Und zwar noch vor einem skalierbaren Geschäftsmodell, das auf Platz zwei folgt.

"Viele Zulieferer unterschätzen, wie sehr Investoren heute auf digitale Anschlussfähigkeit und Automatisierung achten", sagt Winzer. "Wer jetzt nicht in KI-gestützte Prozesse und moderne IT-Infrastruktur investiert, riskiert, in wenigen Jahren weder wettbewerbsfähig noch attraktiv für Käufer zu sein", verdeutlicht er.